Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
daß er am Heiligen Abend mit ihr geschlafen hat. Er hatte jahrelang auf Nina gewartet. Und als sie endlich ihm gehörte – wenn auch nur für eine Nacht –, war die Tatsache, daß sie mit einem anderen Mann verheiratet war, unerheblich. Ihre Bindung aneinander ist zwar nicht durch ein Stück Papier abgesegnet, aber er empfindet sie als ebenso stark.
    Rechtfertigungen sind etwas Bemerkenswertes – sie verwischen alle festen Konturen, so daß Ehre so biegsam wird wie eine Weide und Moral zerplatzt wie eine Seifenblase.
    Falls Nina Caleb verlassen würde, wäre Patrick sofort an ihrer Seite, und er könnte jede Menge Gründe anführen, um sein Verhalten zu rechtfertigen.
    Aber da ist ja noch Nathaniel.
    Und das ist der Punkt, zu dem Patrick keine Rechtfertigung einfällt. Patrick könnte nicht damit leben, Nathaniels Kindheit zerstört zu haben. Wenn Patrick das täte, nach allem, was geschehen ist, tja … wie könnte Nina ihn dann überhaupt noch lieben?
    Im Vergleich zu einem derart großen Frevel ist das, was er jetzt tun wird, eine Lappalie.
    Er beobachtet Quentin Brown vom Zeugenstand aus. Der Staatsanwalt geht davon aus, daß die Sache reibungslos über die Bühne gehen wird – genauso reibungslos wie bei der Probesitzung. Schließlich ist Patrick Polizeibeamter und sagt nicht zum erstenmal vor Gericht aus. Brown ist sicher, daß Patrick trotz seiner Freundschaft zu Nina auf der Seite der Anklage steht. »Waren Sie mit den Ermittlungen im Fall Nathaniel Frost betraut?« fragt Quentin.
    Â»Ja.«
    Â»Wie hat die Angeklagte darauf reagiert, daß Sie in dem Fall ermittelten?«
    Patrick kann Nina nicht ansehen, noch nicht. Er will sich nicht verraten. »Sie war schrecklich besorgt um ihren Sohn.«
    Das war nicht die Antwort, die sie einstudiert hatten. Patrick merkt, daß Quentin stutzt und dann versucht, ihm die abgesprochene Antwort in den Mund zu legen. »Haben Sie während der Ermittlungen je erlebt, daß sie die Beherrschung verlor?«
    Â»Manchmal war sie verzweifelt. Ihr Sohn sprach nicht mehr. Sie wußte nicht, was sie tun sollte.« Patrick zuckt die Achseln. »Wer wäre in einer solchen Situation nicht niedergeschlagen?«
    Quentin bedenkt ihn mit einem tadelnden Blick. Kommentare eines Zeugen sind unerwünscht. »Wer war Ihr erster Verdächtiger in dem Fall?«
    Â»Unser einziger Verdächtiger war Glen Szyszynski.«
    Inzwischen sieht Quentin aus, als würde er ihm am liebsten an die Gurgel gehen. »Haben Sie noch einen anderen Mann vernommen?«
    Â»Ja. Caleb Frost.«
    Â»Warum haben Sie ihn vernommen?«
    Patrick schüttelt den Kopf. »Der Junge benutzte die Gebärdensprache, um sich verständlich zu machen, und er hatte seinen Vergewaltiger durch das Zeichen für Vater identifiziert. Wir haben zu dem Zeitpunkt nicht verstanden, daß er Pater meinte und nicht Daddy .« Er blickt Caleb, der hinter Nina in der ersten Reihe sitzt, direkt an. »Das war ein Fehler«, sagt Patrick.
    Â»Wie hat die Angeklagte reagiert, als ihr Sohn das Zeichen für Vater machte?«
    Fisher erhebt sich aus seinem Stuhl, um Einspruch zu erheben, aber Patrick antwortet schnell. »Sie hat es sehr ernst genommen. Der Schutz ihres Kindes hatte für sie absoluten Vorrang, immer.« Verwirrt setzt sich der Anwalt wieder.
    Â»Detective Ducharme –«, unterbricht der Staatsanwalt seinen Zeugen.
    Â»Ich bin noch nicht fertig, Mr. Brown. Ich wollte sagen, daß es sie bestimmt innerlich zerrissen hat, aber sie hat eine einstweilige Verfügung gegen ihren Mann erwirkt, weil sie dachte, Nathaniel nur so schützen zu können.«
    Quentin geht zu Patrick hinüber, spricht zischend durch die Zähne, so daß nur sein Zeuge ihn hören kann. » Verdammt, was soll denn das?« Dann blickt er die Geschworenen an. »Detective, wann haben Sie beschlossen, Pater Szyszynski festzunehmen?«
    Â»Nachdem Nathaniel ihn wörtlich identifiziert hatte, bin ich zu dem Priester gegangen, um mit ihm zu sprechen.«
    Â»Haben Sie ihn gleich festgenommen?«
    Â»Nein. Ich hatte gehofft, daß er zuvor gestehen würde. Das hoffen wir immer in Mißbrauchsfällen.«
    Â»Hat Pater Szyszynski je gestanden, Nathaniel Frost sexuell mißbraucht zu haben?«
    Patrick, der schon in vielen Prozessen als Zeuge aufgetreten ist, weiß, daß die Frage völlig

Weitere Kostenlose Bücher