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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ihm Bläschen. Ich hielt ihn fest und tauchte auf. »Du hast mich gerettet«, sagte ich.
    Nathaniel legte beide Hände an mein Gesicht. »Das mußte ich«, sagte er. »Damit du mich zurückretten kannst.«

    Als erstes malt er ein Bild von einem Frosch, der den Mond frißt. Aber Dr. Robichaud hat keinen schwarzen Buntstift, deshalb muß Nathaniel den Nachthimmel blau malen. Er drückt so fest auf, daß ihm der Stift in der Hand zerbricht. Er wartet einen Augenblick, aber niemand schimpft ihn aus.
    Dr. Robichaud hat gesagt, er könne alles tun, was er will, während die Erwachsenen einfach dasitzen und ihm beim Spielen zusehen. Alle: seine Mom und sein Dad und diese neue Ärztin, die so gelbweißes Haar hat. In dem Zimmer gibt es ein kleines Puppenhaus, ein Schaukelpferd für Kinder, die kleiner sind als Nathaniel, einen Sessel in Form eines Baseballhandschuhs. Es gibt Buntstifte und Farben und Marionetten und Puppen. Wenn Nathaniel von einer Beschäftigung zur nächsten wechselt, merkt er, daß Dr. Robichaud etwas auf einem Klemmbrett notiert, und er überlegt, ob sie vielleicht auch malt. Vielleicht hat sie den fehlenden schwarzen Buntstift.
    Ab und zu stellt sie ihm Fragen, die er nicht beantworten könnte, selbst wenn er wollte. Magst du Frösche, Nathaniel? Und: Der Sessel da ist schön bequem, findest du nicht? Die meisten Fragen, sind dumme Fragen, die Erwachsene stellen, auch wenn sie die Antwort gar nicht wirklich hören wollen. Nur einmal hat Dr. Robichaud etwas gefragt, worauf Nathaniel gerne geantwortet hätte. Sie hat einen Knopf an einem Kassettenrecorder gedrückt und das Geräusch, das der machte, war irgendwie vertraut: Halloween und Tränen, alles zusammen. »Das sind Wale, die singen«, hat Dr. Robichaud gesagt. »Hast du so was schon mal gehört?«
    Ja , wollte Nathaniel sagen, aber ich hab gedacht, das wäre ich selbst, wie ich drinnen in mir weine.
    Die Ärztin fängt an, mit seinen Eltern zu sprechen, lange Wörter, die in sein Ohr dringen und dann wieder flüchten wie aufgeschreckte Kaninchen. Gelangweilt sucht Nathaniel unter dem Tisch noch einmal nach dem schwarzen Stift. Er streicht die Ränder von seinem Bild glatt. Dann sieht er die Puppe in der Ecke.
    Es ist eine Jungenpuppe, das sieht er sofort, als er sie umdreht. Nathaniel mag keine Puppen. Aber die hier zieht ihn magisch an, wie sie da so verrenkt auf dem Boden liegt. Er hebt die Puppe auf und dreht ihre Arme und Beine wieder gerade, damit es nicht mehr so aussieht, als täte der Puppe was weh.
    Dann blickt er nach unten und sieht, daß er den abgebrochenen blauen Stift noch immer in der Hand hält.

    Was für ein Klischee: Die Psychiaterin spricht von Freud. Somatoforme Störung, das ist der moderne Fachbegriff für das, was Sigmund früher Hysterie nannte – junge Frauen, die als Reaktion auf ein Trauma deutliche Krankheitsbilder zeigten, für die es keine ätiologisch körperliche Ursache gab. Im Grunde sagt Dr. Robichaud, daß die Psyche den Körper krank machen kann. Es kommt nicht mehr so häufig vor wie zu Zeiten Freuds, weil es viel mehr akzeptierte Formen gibt, emotionale Traumata abzureagieren. Aber hin und wieder passiert es noch immer, und zwar öfter bei Kindern, die noch nicht über die geeigneten Worte verfügen, um erklären zu können, was sie quält.
    Ich blicke zu Caleb hinüber und frage mich, ob er das glaubt. Ich jedenfalls will bloß noch mit Nathaniel nach Hause. Ich möchte einen Spezialisten anrufen, der einmal für mich als Zeuge aufgetreten ist, einen HNO-Arzt aus New York City, und ich möchte ihn um eine Überweisung zu einem Fachmann in der Nähe von Boston bitten, der sich meinen Sohn ansehen soll.
    Gestern war Nathaniel noch gesund. Ich bin keine Psychiaterin, aber selbst ich weiß, daß ein Nervenzusammenbruch nicht einfach so über Nacht kommt.
    Â»Emotionales Trauma«, sagt Caleb leise. »Was zum Beispiel?«
    Dr. Robichaud sagt etwas, aber ich nehme den Klang ihrer Stimme nicht mehr wahr. Mein Blick ist zu Nathaniel hinübergewandert, der in einer Ecke des Spielzimmers sitzt. Auf dem Schoß hält er eine Puppe mit dem Gesicht nach unten. Mit der anderen Hand preßt er ihr einen Stift zwischen die Gesäßbacken. Und sein Gesicht, oh sein Gesicht – es ist ausdruckslos wie ein weißes Laken.
    Ich habe dergleichen

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