Die Macht des Zweifels
schweigt einen Moment. Er kennt das System genauso gut wie ich. Er weiÃ, daà ich recht habe. »Wenn die DNA -Untersuchung ergibt, daà das Sperma von dem Priester stammt, kann sein Anwalt ihn vielleicht überreden, sich auf eine Absprache einzulassen.«
»Eine Absprache«, wiederhole ich. »Es geht um Nathaniels Kindheit, und du redest von einem Tauschgeschäft.«
Wortlos nimmt Patrick mein Whiskeyglas und reicht es mir. Ich nehme einen vorsichtigen Schluck. Dann einen gröÃeren, obwohl meine Kehle bereits höllisch brennt. »Das Zeug ⦠ist ja furchtbar«, keuche ich und muà husten.
»Wieso hast du es dann bestellt?«
»Weil du es immer trinkst. Und ich habe heute abend keine Lust, ich selbst zu sein.«
Er holt tief Luft, atmet aus. »Vielleicht wirst du Szyszynski nie verzeihen können, Nina, aber du wirst nicht über die Sache hinwegkommen ⦠und du wirst auch Nathaniel nicht dabei helfen können ⦠bis du aufhörst, den Mann zu verfluchen.«
Ich kippe den Rest meines Whiskeys hinunter. »Ich werde ihn verfluchen, Patrick, bis an sein Lebensende.«
Eine neue Sängerin füllt die Leere, die zwischen uns entstanden ist. Eine schwergewichtige Frau mit Haaren, die ihr bis zum Hintern reichen, schwingt ihre üppigen Hüften, als das Karaokegerät die ersten Riffs spielt.
It only takes a minute
For your life to move on past â¦
»Nina«, sagt Patrick und sieht mich an, »du bist nicht die einzige, die leidet. Wenn ich dich so sehe, ehrlich ⦠das macht mich völlig fertig.« Er sieht sein Glas an, schwenkt es einmal. »Ich wünschte â«
»Das wünschte ich auch. Aber ich kann es mir wünschen, bis die Erde aufhört, sich zu drehen, und es würde doch nichts ändern, Patrick.«
Patrick schiebt seine Finger zwischen meine. Er sieht mich an, eindringlich. Dann wendet er sich mit, wie es scheint, groÃer Anstrengung ab. »Im Grunde dürfte es für Dreckschweine wie ihn keine Gerechtigkeit geben. Solche Menschen müÃte man erschieÃen.«
Unsere verschränkten Hände sehen aus wie ein Herz. Patrick drückt meine Hand, ich drücke seine. Mehr Kommunikation brauchen wir nicht, nur diesen Puls zwischen uns, meine Antwort.
Das dringendste Problem am nächsten Morgen ist, was wir mit Nathaniel machen sollen. Caleb und ich haben beide nicht daran gedacht. Erst als das Gerichtsgebäude vor uns aufragt, wird mir klar, daà Nathaniel bei der Anklageeröffnung nicht dabeisein darf ⦠und auch nicht allein bleiben kann. Er steht auf dem Flur zwischen uns und hält unsere Hände â eine lebende Brücke.
»Ich könnte mit ihm in der Halle warten«, erklärt Caleb, aber ich bin dagegen. Caleb blickt zu Nathaniel hinunter. »Habt ihr keine Sekretärin, die eine Weile auf ihn aufpassen könnte?«
»Das hier ist nicht mein Bezirk«, stelle ich klar. »Und ich lasse ihn nicht bei jemandem, den ich nicht kenne.«
Natürlich nicht, nie wieder. Obwohl die Gefahr, wie sich herausgestellt hat, nicht allein von Fremden ausgeht.
Wir haben noch immer keine Lösung gefunden, als ein rettender Engel erscheint. Nathaniel sieht sie als erster und rennt über den Flur. »Monica!« quietscht er, und sie hebt ihn hoch, wirbelt ihn herum.
»Das ist das tollste Wort, das ich je gehört habe«, lacht Monica.
Nathaniel strahlt. »Ich kann wieder sprechen.«
»Das hat Dr. Robichaud mir schon erzählt. Sie hat gesagt, sie kommt gar nicht mehr zu Wort, wenn du bei ihr bist.« Sie sieht uns an. »Und wie kommt ihr klar?«
Als gäbe es auf diese Frage heute eine Antwort.
»Schön«, sagt Monica, als hätten wir etwas gesagt. »Wir beide verziehen uns jetzt nach unten ins Spielzimmer vom Familiengericht. Wie findest du das, Nathaniel?« Sie zieht die Stirn kraus. »Oder haben Sie andere Pläne für ihn?«
»Nein ⦠ganz und gar nicht«, stottere ich.
»Hab ich mir schon gedacht. Sie hatten heute morgen wahrscheinlich was anderes im Kopf, als einen Babysitter zu besorgen.«
Caleb streicht Nathaniel übers Haar. »Sei schön brav«, sagt er und gibt ihm einen KuÃ.
»Er ist doch immer schön brav.« Monica stellt ihn auf die Beine, nimmt seine Hand und geht mit ihm weg. »Nina, Sie wissen ja, wo Sie uns finden, wenn Sie fertig sind.«
Ich sehe ihnen einen
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