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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Seufzer greift er nach seinen Autoschlüsseln und verläßt das Hotel. Er will es hinter sich bringen.
    Natürlich weiß er, daß sie da ist. Die Anschrift für die Schecks hat sich die ganze Zeit über nicht geändert.
    In der Einfahrt hängt ein Basketballkorb, was ihn überrascht. Irgendwie hat er nach dem Debakel im letzten Jahr nicht mehr darüber nachgedacht, daß Gideon auch einer legalen Freizeitbeschäftigung nachgehen könnte. Ein ramponierter Isuzu-Jeep mit zu vielen Rostlöchern im Trittbrett steht in der Garage. Quentin atmet einmal tief durch, dann richtet er sich auf und klopft an die Tür.
    Als Tanya öffnet, trifft ihn ihr Anblick noch immer wie ein Schlag auf die Brust – diese cognacfarbene Haut, diese Schokoladenaugen, als wäre diese Frau ein vollkommener sinnlicher Genuß. Aber, so ruft sich Quentin in Erinnerung, selbst die erlesensten Trüffel können innen bitter sein. Es ist eine kleine Genugtuung für ihn, daß auch sie einen Schritt nach hinten macht, als sie ihn sieht. »Quentin Brown«, sagt Tanya mit einem Kopfschütteln. »Wie komme ich denn zu der Ehre?«
    Â»Ich arbeite hier an einem Fall«, sagt er. »Könnte länger dauern.« Er versucht, an ihr vorbeizuspähen, will sehen, wie sie jetzt wohnt. Ohne ihn. »Und da hab ich mir gedacht, ich komme mal auf einen Sprung vorbei, weil du meinen Namen demnächst wohl öfter hören wirst.«
    Â»In Verbindung mit anderen Schimpfwörtern«, murmelt Tanya.
    Â»Wie bitte?«
    Sie lächelt ihn an, und er vergißt, auf die Antwort zu bestehen. »Ist Gideon da?«
    Â»Nein«, sagt sie, etwas zu hastig.
    Â»Ich glaube dir nicht.«
    Â»Und ich mag dich nicht, also steig doch einfach wieder in dein kleines Auto und –«
    Â»Ma?« Plötzlich taucht Gideon hinter seiner Mutter auf. Er ist beinahe so groß wie Quentin, obwohl er gerade erst sechzehn geworden ist. Sein dunkles Gesicht wird noch verschlossener, als er sieht, wer da vor der Tür steht. »Gideon«, sagt Quentin. »Hallo, mein Lieber.«
    Â»Willst du mich schon wieder in die Reha schleifen?« schnaubt er. »Tu mir bloß keinen Gefallen mehr.«
    Quentin merkt, daß sich seine Hände zu Fäusten ballen. »Ich hab dir einen Gefallen getan. Ich hab beim Richter meine Beziehungen spielen lassen, damit er dich nicht in die Jugendstrafanstalt steckt, obwohl ich mir damit im Büro ganz schön Ärger eingehandelt habe.«
    Â»Soll ich mich jetzt dafür bedanken?« Gideon lacht. »So wie ich jeden Abend auf die Knie sinke und dir danke, daß du mein Daddy bist?«
    Â»Gideon«, sagt Tanya warnend, aber er schiebt sich an ihr vorbei.
    Â»Später.« Er rempelt Quentin an, eine Drohung, als er die Stufen hinuntergeht und in den Isuzu steigt. Augenblicke später biegt das Auto auf die Straße.
    Â»Ist er noch clean?« fragt Quentin.
    Â»Fragst du das, weil du dir Sorgen machst oder weil du deine Karriere nicht durch einen weiteren Schandfleck gefährden willst?«
    Â»Das ist nicht fair, Tanya –«
    Â»Das ist das Leben nie, Quentin.« Einen ganz kurzen Moment lang sieht er Trauer in ihren Augen aufflackern, wie die Erinnerung an einen Traum. »Stell dir vor.«
    Sie schließt die Tür, bevor er antworten kann. Kurz darauf setzt Quentin seinen Wagen rückwärts aus der Einfahrt. Erst Minuten später merkt er, daß er keine Ahnung hat, wo er eigentlich hinwill.

    Wenn Caleb auf der Seite liegt, kann er den Nachthimmel sehen. Der Mond ist so schmal, als könnte er beim nächsten Augenblinzeln verschwunden sein, die Sterne sind klar.
    Den ganzen Tag lang hat Caleb gedacht, daß Nina krank ist, daß sie Hilfe braucht. Wenn in ihrem Kopf etwas zerbrochen ist, wäre Caleb der erste, der das versteht – er ist selbst nah dran, den Verstand zu verlieren, wenn er daran denkt, was Nathaniel angetan wurde. Aber als Nina anrief, war sie bei klarem Verstand, ruhig. Sie wollte Pater Szyszynski töten.
    Das an sich schockiert Caleb nicht. Menschen sind nun mal zu ungeheuer starken und unterschiedlichen Emotionen fähig – Liebe, Freude, Entschlußkraft. Und da kann es natürlich passieren, daß heftige negative Gefühle die Oberhand gewinnen. Nein, was ihm zu schaffen macht, ist die Art, wie sie es getan hat. Und die Tatsache, daß sie allen Ernstes glaubt, sie hätte die Tat

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