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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Gelegenheit, mich zu beleidigen. Wenn ein Angeklagter aufsteht und sein Verteidiger sitzen bleibt, dann ist das für Insider ein deutliches Zeichen dafür, daß ihm sein Mandant völlig egal ist. Als ich das Kinn strecke und mich entschlossen abwende, erhebt sich Fisher Carrington langsam von seinem Stuhl. Ich spüre seine beruhigende Präsenz neben mir. Er wendet sich mir zu und hebt eine Augenbraue, als wollte er meinen Glauben an ihn in Frage stellen.
    Â»Nennen Sie bitte Ihren Namen.«
    Ich atme einmal tief durch. »Nina Maurier Frost.«
    Â»Wir verlesen jetzt die Anklage«, sagt der Richter.
    Â»Der Staat Maine erhebt hiermit Anklage gegen Nina Maurier Frost wegen Mordes an Glen Szyszynski, begangen in Biddeford in York County. Bekennen Sie sich schuldig?«
    Fisher fährt mit einer Hand über seine Krawatte. »Die Angeklagte erklärt sich für nicht schuldig, Euer Ehren. Und ich setze das Gericht und die Anklagevertretung davon in Kenntnis, daß wir vermutlich auf nicht schuldig wegen Unzurechnungsfähigkeit plädieren werden.«
    Das kommt für den Richter nicht überraschend. Auch für mich nicht, obwohl Fisher und ich noch nicht darüber gesprochen haben. »Mr. Brown«, sagt der Richter, »beantragen Sie den Verbleib der Angeklagten in Untersuchungshaft?«
    Auch das kommt nicht überraschend. In der Vergangenheit habe ich selbst diese Möglichkeit als ein Gottesgeschenk betrachtet, weil Kriminelle hinter Schloß und Riegel blieben, während ich mich darum bemühte, sie dauerhaft ins Gefängnis zu bringen. Wer will denn schon, daß jemand, der ein Kapitalverbrechen begangen hat, frei herumläuft?
    Aber bis heute war ich auch nicht die Kriminelle, um die es ging.
    Quentin Brown blickt mich an, wendet sich dann dem Richter zu. Seine Augen, schwarz versteinert, verraten nichts. »Euer Ehren, aufgrund der Schwere des Verbrechens und der Dreistigkeit, mit der es in ebendiesem Gerichtssaal begangen wurde, verlangt die Anklage zu diesem Zeitpunkt die Festsetzung einer Kaution von 50 .000 Dollar.«
    Der Richter reißt die Augen auf. Fisher dreht sich verblüfft zu Brown um. Auch ich würde ihn gern anstarren, aber ich darf nicht, denn dann würde er merken, daß mein Verstand noch klar genug ist, um zu begreifen, was er mir da für ein unerwartetes Geschenk macht. »Verstehe ich Sie richtig, Mr. Brown, daß Sie nicht auf den weiteren Verbleib der Angeklagten in Haft bestehen?« fragt der Richter nach. »Daß Sie eine Kaution festsetzen möchten, anstatt sie zu verweigern?«
    Brown nickt knapp. »Dürfen wir vortreten?«
    Er macht einen Schritt vor, Fisher ebenso. Aus alter Gewohnheit will auch ich vortreten, doch der Gerichtsdiener hinter mir hält mich fest.
    Der Richter legt eine Hand über das Mikrofon, damit die Medienvertreter das Gespräch nicht verfolgen können, aber ich verstehe jedes Wort, trotz der Entfernung. »Mr. Brown, ich bin davon ausgegangen, daß die Beweislage in diesem Fall eindeutig ist.«
    Â»Euer Ehren, um die Wahrheit zu sagen, ich weiß nicht, ob die Angeklagte mit Erfolg auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren kann … aber ich kann das Gericht nicht in gutem Glauben bitten, sie ohne Kaution in Haft zu behalten. Sie ist seit zehn Jahren Staatsanwältin. Ich denke nicht, daß Fluchtgefahr besteht, und ich denke nicht, daß sie eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Bei allem Respekt, Euer Ehren, ich habe das mit meinem Vorgesetzten und mit ihrem Vorgesetzten besprochen, und ich bitte das Gericht, eine Kaution festzusetzen, ohne das Ganze zu einem Thema zu machen, auf das sich die Presse stürzen kann.«
    Fisher blickt ihn mit einem dankbaren Lächeln an. »Euer Ehren, ich möchte Mr. Brown sagen, daß meine Mandantin und ich ihm für sein Feingefühl danken. Dieser Fall ist für alle Beteiligten schwierig.«
    Ich würde am liebsten tanzen. Daß Brown eine Kaution befürwortet, ist ein kleines Wunder. »Die Anklage verlangt eine Kaution in Höhe von 50 000 Dollar. Inwieweit ist die Angeklagte an ihren Wohnort gebunden, Mr. Carrington?« fragt der Richter.
    Â»Euer Ehren, sie ist in Maine geboren und aufgewachsen. Sie hat hier ein kleines Kind. Die Angeklagte ist natürlich bereit, ihren Paß abzugeben und zuzusichern, daß sie den Staat Maine nicht verlassen wird.«
    Der Richter nickt.

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