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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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heißt noch lange nicht, daß ich ihm glaube, Lieutenant!«
    Kaum hat er den Satz beendet, ist Patrick auch schon aufgesprungen und beugt sich über den Schreibtisch zu Quentin vor. »Sie kennen Nathaniel Frost nicht«, zischt er. »Und Sie haben nicht das Recht, mein berufliches Urteilsvermögen anzuzweifeln.«
    Quentin erhebt sich, überragt den Detective. »Ich habe jedes erdenkliche Recht. Bei der Durchsicht Ihrer Ermittlungsberichte habe ich nämlich den Eindruck gewonnen, daß Sie Mist gebaut haben, weil Sie einer Staatsanwältin, die voreilige Schlüsse gezogen hat, eine Sonderbehandlung zukommen ließen. Und ich werde das auf keinen Fall noch einmal zulassen, während wir ihr den Prozeß machen.«
    Â»Sie hat keine voreiligen Schlüsse gezogen«, widerspricht Patrick. »Sie hat genau gewußt, was sie tat. Verdammt, wenn es mein Kind wäre, ich hätte genau das gleiche getan.«
    Â»Sie beide hören mir jetzt mal zu. Nina Frost steht unter Mordverdacht. Sie hat einen Mann kaltblütig in einem voll besetzten Gerichtssaal erschossen. Und es ist Ihre Aufgabe, für die Wahrung der Gesetze zu sorgen, und niemand – niemand – hat das Recht, die Gesetze zu brechen, nicht einmal eine Staatsanwältin.« Quentin wendet sich an den anderen Polizisten. »Ist das klar, Detective Chao?«
    Chao nickt knapp.
    Â»Detective Ducharme?«
    Patrick blickt ihm in die Augen, sinkt zurück auf seinen Stuhl. Und nachdem die Detectives das Büro längst verlassen haben, wird Quentin erst klar, daß Ducharme die Frage nicht beantwortet hat.

    Sich auf den Winter vorzubereiten ist Calebs Ansicht nach reines Wunschdenken. Auch die besten Vorbereitungen können nicht verhindern, daß man unverhofft von einem Unwetter überrascht wird. Diese Stürme aus Nordosten kündigen sich nämlich nicht immer an. Sie ziehen hinaus aufs Meer, dann machen sie kehrt und brechen über Maine herein. In den letzten Jahren ist es schon vorgekommen, daß Caleb die Haustür geöffnet hat, und davor lag eine fast mannshohe Schneewehe, so daß er sich mit der Schaufel einen Weg in eine Welt graben mußte, die völlig anders aussah als noch am Abend zuvor.
    Heute macht er das Haus winterfertig. Er verstaut Nathaniels Fahrrad in der Garage und holt den Schlitten und die Langlaufskier heraus. Die Sträucher vor dem Haus hat er bereits mit hölzernen Gestellen versehen, die die zarten Zweige vor Eis und Schnee schützen sollen.
    Jetzt muß er nur noch Brennholz für den Winter lagern. Er hat mittlerweile im Keller einen großen Berg Scheite aufgehäuft und ist dabei, sie zu stapeln. Eichensplitter bohren sich in seine dicken Handschuhe, während er immer zwei Scheite nimmt und sie ordentlich aufschichtet.
    Â»Meinst du, damit kommen wir über den Winter?«
    Caleb schrickt zusammen. Nina ist die Kellertreppe heruntergekommen, steht jetzt mit verschränkten Armen da und mustert den Holzstapel. »Kommt mir ein bißchen wenig vor«, fügt sie hinzu.
    Â»Ich hab noch reichlich oben.« Caleb legt wieder zwei Scheite ab. »Hab bloß noch nicht alles geholt.«
    Er spürt Ninas Blick auf sich, als er sich wieder umdreht, das letzte Holzstück nimmt und es auf den hohen Stapel legt. »Das wär’s.«
    Â»Ja«, erwidert sie.
    Â»Wie war’s bei dem Anwalt?«
    Sie zuckt die Achseln. »Er ist nun mal Verteidiger.«
    Caleb nimmt an, daß das eine Beleidigung sein soll. Wie immer, wenn es um Juristisches geht, weiß er nicht, was er sagen soll. Caleb hat plötzlich das Gefühl, daß der Raum für sie beide zu klein zu sein scheint. »Mußt du noch mal weg? Ich will nämlich noch zum Baumarkt und eine Abdeckplane besorgen.«
    Er braucht keine Abdeckplane. In der Garage liegen vier Stück. Er weiß nicht mal, warum ihm diese Worte herausgerutscht sind, wie Vögel auf der Flucht. Und trotzdem redet er weiter. »Kannst du auf Nathaniel aufpassen?«
    Nina erstarrt vor seinen Augen. »Natürlich kann ich auf Nathaniel aufpassen. Oder hältst du mich für so labil?«
    Â»So hab ich das nicht gemeint.«
    Â»Doch, Caleb, das hast du. Vielleicht willst du es dir nicht eingestehen, aber du hast es so gemeint.« In ihren Augen stehen Tränen. Aber weil ihm nicht die passenden Worte einfallen, um sie zu trocknen, nickt Caleb einfach nur und geht an ihr vorbei. Als er die

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