Die Macht
juckte. Er ergriff die Gelegenheit, um den eigentlichen Grund seines Kommens anzusprechen. »Es gibt da etwas, über das ich mit dir reden muss.«
»Was macht sie beruflich?«, fragte Donatella.
»Wir wechseln jetzt das Thema, ja?«, erwiderte Rapp entschlossen.
Donatella zog an ihrer Zigarette und sah Rapp durch den Rauch hindurch misstrauisch an. »Ich glaube dir nicht. Sie kann unmöglich wissen, was du wirklich machst.«
»Doch, sie weiß es. Sie hat mich sogar in Aktion gesehen.«
»Wie … wann denn?«
»Erinnerst du dich an den Terroranschlag auf das Weiße Haus im Frühling?«
»Natürlich. Ben hat mir erzählt, dass du auch damit zu tun hattest.«
»Sie war eine der Geiseln.«
»Ah … das Stockholm-Syndrom.«
Rapp runzelte die Stirn. Das Stockholm-Syndrom war ein psychologisches Phänomen, das oft bei Geiselnahmen auftrat. Es bedeutete, dass die Opfer eine gewisse Sympathie für ihre Geiselnehmer entwickelten. »Donatella, ich war nicht auf der Seite der Terroristen. Ich war derjenige, der die Terroristen getötet hat.«
»Na ja, dann eben das Florence-Nightingale-Syndrom.«
»Nein«, erwiderte er lächelnd. »Ich war auch nicht als Krankenschwester dort.«
»Ach«, sagte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung, »du weißt schon, was ich meine.«
»Nein, ich weiß es nicht, aber wir brauchen auch nicht weiter darüber zu diskutieren.« Rapp sah Donatella aufmerksam an, wie sie nervös den Rauch ihrer Zigarette inhalierte. »Ich hätte nicht gedacht, dass du so eifersüchtig sein würdest«, fügte er lächelnd hinzu.
»Natürlich bin ich das, und du wärst es genauso, wenn ich mich verliebt hätte.«
»Ja«, sagte er nachdenklich, »das wäre ich wahrscheinlich.« Er ging um den Tisch herum und nahm sie in die Arme.
Donatella drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. »Das ist ein verdammt einsames Leben, das wir führen. Und jetzt bin ich ganz allein, und du nicht.« Sie barg ihr Gesicht an seiner Brust. »Du bist der einzige Mann, den ich jemals von Herzen geliebt habe. Der einzige Mensch, der mich wirklich kennt.«
Rapp strich ihr zärtlich übers Haar. »Das warst du genauso für mich, aber du weißt auch, dass es mit uns auf die Dauer nicht gut gegangen wäre. Wir sind uns einfach zu ähnlich.«
Donatella blickte traurig zu ihm auf. »Ja, du hast wahrscheinlich Recht.« Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück. »Hast du ihr schon einen Heiratsantrag gemacht?«
»Noch nicht.«
»Aber du wirst es tun?«
Rapp nickte.
»Ich möchte sie gern kennen lernen, ehrlich. Keine Angst, ich mache bestimmt nichts Verrücktes. Wenn du dich in sie verliebt hast, dann ist sie bestimmt eine liebenswerte Frau.«
»Sie ist Journalistin«, sagte Rapp, obwohl er selbst nicht genau wusste, warum er ihr das sagte.
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Doch.«
»Weiß sie von mir?«
»Nein«, antwortete Rapp.
Donatella überlegte einige Augenblicke. »Dann vertraust du ihr offensichtlich.«
»Ja.«
»Dann würde ich sie wirklich gern kennen lernen.«
»Na schön. Ich sehe, was ich tun kann.« Rapp stellte den Kaffeebecher auf den Schreibtisch und griff nach Donatellas Händen. »Ich muss dich etwas fragen. Es ist sehr wichtig.« Rapp sah in ihre schönen Augen und wartete auf ihre Antwort.
Donatella spürte, dass es um etwas sehr Ernstes gehen musste. Sie betrachtete ihn aufmerksam und sagte schließlich: »Ich war immer für dich da, und daran wird sich auch nichts ändern.«
»Danke. Du weißt, dass das auch umgekehrt gilt.«
»Natürlich.«
»Warst du vor zwei Wochen in Washington?«, fragte Rapp und sah das überraschte Flackern in ihren Augen.
Donatella überlegte fieberhaft, woher er wissen konnte, dass sie in Washington war. Ihre Tarnung war perfekt gewesen, und sie hatte ihren Auftrag ohne Aufsehen zu erregen erledigt. Er musste irgendetwas wissen. Wie auch immer, sie konnte unmöglich hier mit ihm darüber sprechen. Ihr Büro war kein sicherer Ort. Sie hob den Zeigefinger an die Lippen, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie hier nicht darüber sprechen konnte. »Ich war in New York«, sagte sie schließlich, »aber nicht in Washington. Tut mir Leid, dass ich nicht angerufen habe, aber ich war nur sehr kurz dort.«
»Das ist schade«, sagte Rapp und trat einen Schritt zurück. Er zeigte auf den Schreibtisch und gab Donatella zu verstehen, dass sie ihm schriftlich antworten solle.
Sie schüttelte energisch den Kopf. »Du meine Güte, ich habe den Fototermin völlig
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