Die Macht
setzte; erstens wollte sie nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen, und zweitens wollte sie nicht über den Tisch hinweg mit ihm sprechen müssen. Es war viel besser, wenn sie sich im Flüsterton unterhalten konnten.
»Tut mir Leid, dass ich mich verspätet habe«, sagte Donatella auf Italienisch.
»Was war denn schuld daran?«, fragte Rapp ebenfalls in ihrer Muttersprache.
»Das war ein furchtbarer Tag. Zuerst dieser Fototermin, der einen Haufen Geld gekostet hat und bei dem nur Müll herausgekommen ist, und dann kommt auch noch die Liebe meines Lebens zu mir in mein Büro und erzählt mir, dass er vorhat zu heiraten.« Donatella winkte einen vorbeieilenden Kellner zu sich und bestellte einen doppelten Wodka-Martini. Als der Kellner weg war, wandte sie sich wieder Rapp zu. »Es war alles in allem ein richtiger Scheißtag«, fügte sie hinzu und fragte mit einem aufgesetzten Lächeln: »Und wie war dein Tag, Liebling?«
Rapp hatte immer noch Gewissensbisse. »Es tut mir Leid, Donny. Ich wollte dir nicht wehtun.« Er nahm ihre Hand in die seine und fügte hinzu: »Du warst immer etwas ganz Besonderes für mich, und das wirst du auch immer bleiben.«
»Aber so besonders eben auch wieder nicht«, erwiderte sie und fixierte ihn mit ihren dunkelbraunen Augen. Sie verzog dabei den Mund, so als könnte sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen.
Rapp legte den rechten Arm um sie und zog sie eng an sich. »Du musst daran glauben, dass alles gut wird.«
»Du hast leicht reden«, erwiderte sie vorwurfsvoll. »Du hast jemanden. Du hast den Menschen gefunden, mit dem du dein Leben verbringen möchtest. Und ich? Ich habe niemanden.«
»Du musst Geduld haben, dann wird es auch für dich geschehen.«
»Ich habe immer gehofft, dass es mit uns beiden klappen könnte. So töricht es vielleicht klingen mag – ich habe mir oft vorgestellt, dass wir eines Tages alles hinter uns lassen und unser Leben gemeinsam verbringen könnten.«
Rapp wischte ihr eine Träne von der Wange. »Wir haben uns im vergangenen Jahr nicht gerade oft gesehen«, sagte er.
»Ich weiß, es war dumm von mir, aber ich habe dich geliebt, verdammt noch mal. Ich liebe dich immer noch.«
Rapp hatte ein ziemlich unangenehmes Gefühl. Er wusste, dass Donatella eine sehr leidenschaftliche Frau war, doch er hatte nicht erwartet, dass sie ihre Gefühle so offen zeigen würde. »Donny, ich habe dich sehr geliebt, das weißt du. Wir waren in wirklich schlimmen Zeiten füreinander da.«
Sie nickte und blickte schließlich zu ihm auf. »Ich freue mich ja für dich … wirklich … es ist nur, dass …« Sie konnte den Satz nicht zu Ende sprechen.
»Was?«
»Man ist so verdammt allein in diesem Geschäft.«
Rapp wusste nur zu gut, was sie meinte. Er zog sie eng an sich und drückte sie fest. »Keine Sorge, Donny. Wenn du bereit bist, das alles hinter dir zu lassen, dann helfe ich dir dabei.«
Donatella holte ein Taschentuch aus ihrer Tasche und tupfte die Tränen aus ihren Augen. »Ich bin noch nicht so weit. Ich habe noch ein paar Jahre vor mir, bevor ich in den Ruhestand treten kann.«
Rapp dachte an das, was Peter Cameron widerfahren war; sie durfte sich nicht zu sicher sein, dass sie tatsächlich noch Jahre vor sich hatte. In diesem Augenblick kam der Kellner und brachte Donatellas Drink.
»Für ihn bitte ein Glas Rotwein«, sagte sie und wandte sich wieder Rapp zu. »Wenn ich schon zu heulen anfange und Wodka trinke, dann kommst du mir nicht mit einem Kaffee davon.«
Rapp widersprach ihr nicht. Er dachte sich, dass nun vielleicht der Moment gekommen war, um auf den Punkt zu kommen. »Donny«, sagte er und sah ihr ernst in die Augen. »Ich werde dir jetzt ein paar Dinge erzählen, die unbedingt unter uns bleiben müssen – und ich erwarte von dir, dass du ganz ehrlich zu mir bist.«
Donatella stellte ihr Glas nieder und wich ein Stück von ihm weg. Sie hatte den ganzen Tag überlegt, wie sie mit der Situation umgehen sollte, und hatte keine richtige Lösung gefunden. »Ich tue, was ich kann«, sagte sie schließlich.
»Wirst du ehrlich zu mir sein?«
»Ich werde ehrlich sein, aber du weißt, dass es Dinge gibt, die ich dir einfach nicht sagen kann – auch wenn wir noch so viel zusammen durchgemacht haben.«
Rapp sah das widerstrebend ein. »Wirst du mir die Frage beantworten, die ich dir heute Vormittag in deinem Büro gestellt habe?«
Sie hatte sich diese Frage selbst den ganzen Tag über immer wieder gestellt, wenn sie nicht gerade daran denken
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