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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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diskutierten politische Angelegenheiten: ausländische Allianzen, den Türkenkonflikt, die Lage in Neapel und Mailand, die Frage nach weiteren Eroberungsplänen Karls VIII.
    Alltagsgeschäfte, nannte Lorenzo es.
    Sanchia schob den Hippokrates zur Seite. Sein Werk Brüche, Verrenkungen und Wunden war fast zweitausend Jahre alt, und es war so aktuell wie in den damaligen, sagenumwobenen Zeiten. Sobald sie zurück in Venedig waren, würde sie versuchen, bei Manuzio ein Exemplar zu erwerben. Die Aphorismen und Prognosen besaß sie bereits, sie betrachtete es neben dem Avicenna und einer neuen Übersetzung des Galenos als ihren kostbarsten Besitz. Dies war ein unbestreitbarer Vorteil daran, mit einem reichen Mann verheiratet zu sein: Er konnte, ohne nachzudenken, drei Bücher kaufen, und sie selbst sparte eine Menge Zeit und Arbeit, weil sie ihre Lieblingswerke nicht erst irgendwo mühselig kopieren und als umständlich zu handhabende lose Blätter verwahren musste.
    »Was gibt es denn?«, fragte sie.
    Ercole griff hinter sich und zog den widerstrebenden Tsing nach vorn. »Er will nicht, aber er muss. So geht es nicht weiter.« Er stieß den kleinen Asiaten vorwärts, bis er direkt vor dem Schreibpult stand, die sonst so schmalen Augen weit aufgerissen vor Furcht. War das der furchtlose Krieger, dessen Kampfstärke Ercole nicht genug rühmen konnte?
    »Was fehlt dir?«, fragte Sanchia freundlich.
    Tsing schüttelte den Kopf, ohne sie anzuschauen.
    »Er hat ein Ei am Arsch«, sagte Ercole hilfreich.
    Tsing versteifte sich und warf Ercole mörderische Blicke zu, doch der doppelt so große Sienese zuckte nur mit den Achseln.
    »Er kann kaum noch laufen, und sitzen schon gar nicht. Es war gestern schon schlimm, aber heute ist es höllisch.«
    »Stimmt das, Tsing?«
    Tsing verbeugte sich kurz. »Götter machen sich Scherz mit Tsing. Machen ihm Beule hinten.«
    »Wir waren schon bei einem hiesigen Quacksalber, der hat es aufgestochen. Es hat fürchterlich geblutet, und heute Morgen war es genauso schlimm wie vorher.«
    »Warum seid ihr nicht gleich zu mir gekommen? Ihr habt euch doch während der Reise und seit wir hier sind auch immer zwischendurch von mir verarzten lassen.« Sie hatte bei Tsing eine Platzwunde am Handrücken genäht, die dieser sich beim Absatteln zugezogen hatte, und ein anderes Mal hatte sie bei einem der Gascogner einen ausgerenkten Finger gerichtet. Ercole war mit einem Splitter im Auge zu ihr gekommen, und schließlich hatte sie sich ein weiteres Mal um einen der anderen Söldner gekümmert, der sich bei einer Prügelei, bei der er die Füße zum Einsatz gebracht hatte, einen Zeh gebrochen hatte.
    Ercole zog die Brauen hoch, und Tsing wurde unter seiner bräunlich gelben Gesichtsfarbe rot, womit ihre Frage wohl als beantwortet gelten konnte: Natürlich schämte er sich zu sehr, um der Frau seines Herrn einfach seine nackte Kehrseite zu zeigen.
    »Würdest du dich denn von mir untersuchen lassen?«, fragte sie vorsichtig.
    Tsing schüttelte sofort entschieden den Kopf.
    »Dein Arsch sieht aus wie jeder andere.« Ercole versuchte, Überzeugungsarbeit zu leisten. »Höchstens ein bisschen dünner«, fügte er grinsend hinzu.
    »Nein«, sagte Tsing.
    Sanchia seufzte. »Das könnte schwierig werden.«
    »Könnt Ihr ihm nicht ein Mittel geben, wovon es weggeht?«
    »So einfach ist das nicht.« Sie dachte nach. »Wir können eines tun. Du legst dich auf den Boden, spreizt die Beine und …«
    »Nein«, sagte Tsing.
    »So wie die Frauen, wenn sie gebären. Ins Kreuz kannst du dir Kissen stecken, dann ist es nicht zu unbequem. Ähm, unter anderen Umständen würde ich dir gern ein Bett zur Verfügung stellen, aber ich fürchte …«
    »Er ist viel zu dreckig, und stinken tut er auch«, ergänzte Ercole unbarmherzig.
    Sanchia räusperte sich. »Wir können die spanische Wand davorstellen. Dann wird Ercole dich untersuchen.«
    »Ich?«, vergewisserte Ercole sich verblüfft.
    Sanchia nickte. Sie stand auf und holte das Glas mit dem Korkverschluss aus ihrer Tasche. Ercole gab einen Laut des Ekels von sich, als er den Inhalt sah.
    »Das sind ja Blutegel!«
    »Ganz recht.« Stolz betrachtete Sanchia die schwarzen Prachtstücke, die sich träge in dem Teichwasser hinter der grünlichen Glashülle wanden. Sie hatte sie zusammen mit ein paar nützlichen Kräutern in Trastevere in einer Apotheke gekauft, die überraschend gut ausgestattet gewesen war.
    »Ich würde sagen, du schilderst mir genau die Lage und Größe der

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