Die Mächte des Feuers
wie immer auf eine harte Probe; ungewohnte oder untrainierte Menschen fielen bei solchen Manövern in Ohnmacht. Sie hatte sich einmal den Spaß gemacht und einen Spiegel vor sich montiert, um bei extremen Flugmanövern ihr eigenes Gesicht beobachten zu können. Sie hatte dabei vollkommen entstellt ausgesehen, alles hatte sich in Falten gelegt. Sie hatte dabei an eine Figur aus einem Gruselkabinett denken müssen.
Im Rückspiegel verfolgte sie, wie der Drache sterbend der Erde entgegenstürzte und zwei lange, schwarze Linien hinter sich herzog. Es war das Blut, das aus den Wunden sprühte.
Silena legte die Saint wieder gerade und orientierte sich neu. Sie suchte nach Mandrake, konnte ihn aber nicht entdecken. Wenn es wahr war, was Ddraig ihr gestern gesagt hatte, befand er sich sicherlich irgendwo in der gestohlenen Festung und bereitete die Aufhebung des Fluches vor. Mit der Hilfe von Sàtra.
Sie verfolgte, wie eine der Saints mit Maschinengewehrfeuer Jagd auf einen kleineren Drachen machte und ihn durch die Luft vor sich hertrieb. Die Chancen, ihn damit zu töten, standen eins zu tausend, bei älteren Exemplaren war es völlig vergebens.
Der Pilot bemerkte in seinem Jagdfieber nicht, dass sich ein großer Drache senkrecht von unten auf ihn zubewegte. Zwar gab es das Spiegelsystem, das dem Flieger einen Blick unter den Rumpf erlaubte, aber er nutzte es offenbar nicht. Bevor Silena ihn warnen konnte, prallte der Drache mit seinen langen Schädelhörnern gegen die Maschine und zerteilte sie in der Luft in zwei Hälften.
Das Heck mit dem Doppelmotor donnerte einige Meter weiter, bis die Propeller stehen blieben und es brennend nach unten sackte. Das Vorderteil trudelte ebenfalls nach unten. Die Kanzel wurde aufgeschoben und der Pilot sprang hinaus; um Haaresbreite verfehlte ihn dabei das um sich selbst kreiselnde Trümmerstück. Noch während sich der Fallschirm öffnete, schnappte sich ein Jungdrache den Mann und biss ihm die Beine ab.
Wütend über so viel Frechheit, brüllte ihn der größere Drache an und sandte ihm zur Warnung eine Lohe hinterher, dann schnappte er sich die Reste. Den Fallschirm zerrte er dabei hinter sich her, bis er die Schnüre durchbiss und die Ballonseide wie eine flache, weiße Wolke im Wind trieb.
»Dir wird der Hunger vergehen.« Silena betätigte den Mechanismus für die Ladetrommel unter der Saint, die nächste Lanze wurde ausgefahren. Sie setzte das schnelle Flugzeug schräg über den Drachen und öffnete die Luftdüsen für die Sirenen.
Aufgeschreckt durch das Kreischen, wandte er den Kopf.
In diesem Moment erhöhte Silena die Motorleistung und jagte nach unten. Mit etwa fünfhundert Stundenkilometern durchbohrte sie den hässlichen Schädel des Drachen, der geistesgegenwärtig zur Seite auswich. Damit ging die Lanze nicht durch das Gehirn, sondern durchbrach das Maul und verband Ober- und Unterkiefer miteinander wie eine überdimensionale Nadel.
»Scheiße!« Silena ließ die dritte und letzte Lanze herausschnappen und folgte dem verwundeten Monstrum. Jetzt war es doppelt so gefährlich.
Der Drache versuchte, mit Feuerspucken die Lanze zu verbrennen, aber die verstärkenden Eisenbänder hielten der Hitze stand. Die Flammen fuhren klein, aber sehr grell aus seinen Nasenöffnungen und erinnerten an Schneidbrenner; immer wieder sah er über die Schulter nach Silena und flog im Zickzack, um ihr den nächsten Angriff zu erschweren.
»Abdrehen!«, schrie Silena in ihr Mikrofon, um die Saint zu warnen, die auf der Flucht vor zwei kleinen Drachen die Bahn des Großen kreuzen würde.
Der Pilot versuchte, die bevorstehende Kollision zu verhindern, aber die Ausweichbewegung war zu spät eingeleitet worden. Er krachte mit vierhundert Stundenkilometern gegen den Leib des Drachen. Durch den Aufprall bohrten sich alle drei Lanzen in den Bauch der Kreatur. Die Saint wurde vollkommen zerstört und verging zu unzähligen Wrackteilen, der Drache erschlaffte und fiel wie ein Stein vom Himmel. Er krachte mitten in die Burg und brachte eines der kleineren Häuser zum Einsturz.
Silena schlug ein Kreuz und wünschte der Seele des verunglückten Piloten Erlösung. Es war eine material- und lebensvernichtende Weise, Drachen zu erlegen. Wirkungsvoll, doch unsinnig.
Sie flog Spiralen über dem Berg, die Saint dabei leicht zur Seite geneigt, um zu beobachten, was sich rund um den Triglav tat.
Drachentöter und -jäger hatten die Spitze fast erreicht und kämpften an verschiedenen Stellen bereits
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