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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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genau in den Schädel, dass er sich nicht mehr bewegen ließ. »Aha«, meinte sie aufgeregt und sah wieder durch das Loch: Sie erkannte den Südpol.
    Bei noch genauerem Hinsehen meinte sie eine Vertiefung zu erkennen. Rasch zog sie ihr Taschenmesser, drückte in die Kerbe, und ein deutlich vernehmbares Klicken ertönte. Auf der anderen Seite hatte sich ein Schlitz geöffnet und ein dünnes, pergamentartiges Streifchen Papier hervorgeschoben; darauf stand ein lateinisches Wort. »Ubique«, lachte sie auf. Damit war die Formel komplett. Übersetzt bedeutete sie:
     
    DIENER, DIE IHR WART
    DIENER, DIE IHR SEIN WERDET –
    GENOMMEN SEI EUCH DIE STRAFE,
    DIE WIR ÜBER EUCH GEWORFEN HABEN.
    FOLGT MEINEM RUF UND GEHORCHT,
    WO IMMER IHR EUCH BEFINDET:
    STADT FÜR STADT,
    LAND FÜR LAND,
    WO ES AUCH NUR SEI.
     
    Viel besser hätte es sich nicht fügen können. Sie war im Besitz der Formel – und ohne Aufsicht durch Mandrake. Wenn sie eines wollte, dann sicherlich nicht, dass Europa in Schutt und Asche versank oder sich Drachen zu den offenkundigen Herrschern aufschwangen, denen sie sich beugen musste.
    Arsenie nahm den Weltenstein in die Rechte, schob sich den Papierstreifen in den Mund und kaute ihn. Das alte Papier schmeckte furchtbar und zerfiel sofort, löste sich auf ihrer Zunge auf wie eine dünne Oblate. Damit kannte niemand außer ihr die Formel. Sie hatte jedoch ebenso wenig Lust, keinerlei Vorteil aus ihrer Entdeckung zu ziehen. Den Titel Imperiatrice fand sie nach wie vor sehr reizvoll. Eine Armee aus Gargoyles sollte ihr dabei helfen, ihr Ziel zu erreichen.
    Sie rannte aus dem Raum, lief hinauf in den obersten Stock und suchte sich das Zimmer aus, das keinerlei Fenster besaß. Dann warf sie die Tür ins Schloss und verriegelte sie. Arsenie setzte sich hinter eine große Truhe, nahm den Weltenstein in beide Hände, schloss die Augen. »Ihr Geister des Jenseits, ich rufe euch! Wacht über mich und stürzt euch auf jeden, der durch diese Tür kommt«, beschwor sie ihre eigenen Verbündeten. Erst als sich zwei fahle, gespenstische Figuren zeigten, die sich als Mister Walsh und Misses Deromina vorstellten und sich vor dem Eingang postierten, sprach sie die Formel.
    Da sie nicht wusste, was sie sonst noch tun musste, gab sie etwas von ihrem Ektoplasma frei und schickte es durch die Fingerspitzen in den Drachenstein. Er leuchtete sofort auf und erwärmte sich, doch mehr ereignete sich zunächst nicht.
    Arsenie gab noch mehr von ihrer Energie in den Stein, bis die milchig-trübe Konsistenz sich wandelte und zu rauchfarbenem Glas wurde. Im Innern leuchteten funkelnde Punkte wie eingeschlossene kleine Sterne, und zwischen ihnen entstanden Verbindungslinien, die immer weiter zunahmen. Je mehr Ektoplasma sie freisetzte und dem Stein spendete, umso mehr von diesen Fäden entstanden und woben ein dichtes Geflecht. Es sah wunderschön aus und fesselte Arsenie voll und ganz.
    Es klopfte laut gegen die Tür. »Arsenie, sind Sie da drin?«, rief Eris.
    Sie kümmerte sich nicht darum, sondern versorgte den Stein weiter mit Energie. Dabei wiederholte sie unentwegt die Formel. Sie spürte Schwindel, gleichzeitig nahm ihre Aufmerksamkeit ab. Hatte sie zunächst das Artefakt mit Ektoplasma versorgt, zapfte es sie jetzt rücksichtslos an und nutzte sie gegen ihren Willen als Quelle.
    Es rumpelte, und die Tür bekam einen langen Riss, durch den Eris schaute. »Ich sehe Sie doch, Arsenie. Warum haben Sie das Zimmer verlassen?« Ein weiterer Schlag, und der Eingang wurde freigesprengt, Trümmerteile flogen bis zur anderen Seite des Raumes. »Sie hintergehen mich doch nicht etwa, Arsenie?«
    Sie verstand ihn kaum, sie war schwach wie nach einer zweiwöchigen Fastenkur. Halb bewusstlos sackte sie zusammen und fiel gegen die Wand. So sehr sie sich bemühte, ihre Fingerspitzen lösten sich nicht mehr vom Weltenstein.
    »Das nehme ich Ihnen äußerst übel. Ich werde mir eine Strafe ausdenken, die Ihnen nicht gefallen wird.« Eris setzte einen Fuß in das Zimmer.
    Sofort stürzten sich Mister Walsh und Misses Deromina auf ihn.

10. März 1925, Kiew, Zarenreich Russland
     
    »Gargoyles!« Silena warf die Wasserflasche aus dem Cockpit und zog das Dach zu. »An alle: Die Gargoyles sind erwacht! Nehmt sie euch erst dann vor, wenn sie euch angreifen. Erst dann, keinesfalls vorher. Bestätigen.«
    Sie hatte die Einschränkung absichtlich erlassen, um ihre eigenen Verbündeten zu schonen. Noch war der Pakt zwischen Cyrano und seinen verbliebenen

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