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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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um intakte Eier handelte«, erklärte sie ihm auf dem Weg zum Ausgang und tat so, als glaube sie ihm dieses Mal vorbehaltlos. »Der Kunde wusste, dass ein Gelege so anziehend auf die Mutter wirkt wie Honig auf einen Bären, und aus diesem Grund wird er die Eier bei Ihnen eingelagert haben.« Vor der Tür blieb sie stehen.
    »Er nahm gewiss an, dass die Gitter und der Tresor genügen würden, um sie vor dem Drachenweibchen zu schützen, Sir.«
    Scottings fuhr sich wieder über die hohe Stirn. »Bloody Bastard«, fluchte er. »Wie gut, dass er schon gestorben ist, sonst würde ich Sie begleiten und ihn eigenhändig erschlagen. Der Mann hieß Frederic Gisborn.« Er nannte ihr die Straße. »Das Anwesen wird von seinem Diener verwaltet, bis die Anverwandten und Erben aus Schottland angereist sind. Der Name des Dieners ist Benson.«
    »Danke, Sir.«
    Der Pfandleiher schluckte. »Muss ich mit einer Strafe rechnen, Großmeisterin?«
    »Weil Sie mit verbotenen Gegenständen Handel betrieben haben, Sir? Weil Sie mich angelogen haben?« Silena zog die Brauen zusammen. »Ich werde darüber nachdenken. Sollte Ihnen in Zukunft wieder verdächtiges Material angeboten werden, zögern Sie nicht und erstatten Sie sofort Meldung bei einer unserer Niederlassungen.« Sie nickte in Richtung Tresor. »Dass Ihnen nichts geschehen ist, dürfte reiner Zufall gewesen sein. Begehen Sie den Fehler nicht ein zweites Mal.«
    »Sicher nicht, Großmeisterin«, stimmte Scottings erleichtert zu. »Das schwöre ich bei allen Drachenheiligen!«
    Sie humpelte hinaus und stieg in den Heim, nannte dem Fahrer die Adresse und legte das Knie hoch, damit es entlastet wurde. Es klopfte und pochte und beschwerte sich gegen die Anstrengung, doch Silena konnte es ihm nicht ersparen.
    »Dracheneier«, schnaubte sie, schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. Es konnte möglich sein – aber wie wahrscheinlich war es, dass es sich um solche handelte?
    Das Gelege eines großen Drachen zu stehlen, wagten nur Wahnsinnige. Drachentöter vernichteten die Brut, geschlüpft oder nicht, an Ort und Stelle. Manche Spezies brachten ihre Nachfahren lebend zur Welt, aber die meisten legten Eier. Und niemand hielt eine wütende Mutter auf, weder unter den Menschen noch unter den Drachen.
    Stimmte die Geschichte mit den Eiern, so hatte London großes Glück gehabt, dass der schwarze Drache nicht über die Stadt hergefallen war und einen Großteil in Brand gesteckt hatte, ehe Drachentöter oder Jäger zur Abwehr eingetroffen wären.
    »Ist Havock deswegen hier? Wusste sie von den Eiern?«, murmelte Silena. Sie entwarf ein Dutzend Theorien, doch erst die Unterhaltung mit Benson würde ihr neue Erkenntnisse bringen. Sollte tatsächlich jemand ein Gelege gestohlen haben, musste er gefasst und eingesperrt werden. Zur Abschreckung. Sonst würde er bald Nachahmer finden.
    Scheppernd verbog sich das Metalldach des Heim, es rumpelte dumpf. Ein schwerer Gegenstand war auf das Automobil geworfen worden, die Fenster barsten splitternd.
    Der Fahrer verriss vor Schreck das Steuer, ihre Fahrt verlief einige Meter über den Bürgersteig und endete knapp vor einem Laternenpfahl.
    Silena war vor die Sitzbank auf den Boden gerutscht, hielt die Luger in der Hand und die Mündung nach oben auf den durchgebogenen Wagenhimmel gerichtet. »Wissen Sie, was das war?«, fragte sie und sah, dass rote Flüssigkeit über die gesprungene Heckscheibe rann und vor ihr durch das zerstörte Seitenfenster lief. Blut.
    »Großmeisterin, hier hängt ein Arm runter«, stammelte der Fahrer, der nun die Beifahrertür mit Gewalt öffnete und ausstieg. »Mein Gott… Da liegt eine Frau auf dem Dach!«, rief er entsetzt.
    Silena stieg ebenfalls aus und spähte suchend in den Nebel, der alles verschluckte, was weiter als fünf Armlängen von ihnen entfernt war. Doch sie sah nichts Verdächtiges. Erst dann betrachtete sie die Frau, die rücklings auf den Heim geprallt war.
    Der Sturz hatte sie nicht umgebracht, sie war vorher schon tot gewesen. Lange Schnitte, die von spitzen, scharfen Krallen herrührten, führten durch den schwarzen Morgenmantel sowie das dünne Nachthemd darunter; sie reichten vom Unterleib aufwärts bis zum Hals. Unter den Achseln hatte sich die Kleidung ebenfalls rot gefärbt, die Löcher im Stoff verrieten Silena, dass die Frau dort von Klauen gepackt worden war.
    »Denken Sie auch an den Drachen, der Sie anfiel?«, meinte ihr Fahrer und wich bis zur Hauswand zurück, um das sichere Mauerwerk im

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