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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gewohnt rauer Manier. »Ich denke schon, dass…«
    »Im Augenblick, Großmeisterin, sieht es für mich aus wie ein Einbruch, und dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob er von einem Drachen, einem Hund oder einem Menschen begangen wurde«, fiel er ihr ins Wort. »Unsere Leute werden die Spuren untersuchen und Sie wissen lassen, zu welchen Erkenntnissen sie gelangt sind.« Er trat näher an das Fass heran, pochte mit dem Schlagstock dagegen und zeigte mit dem Knüppel auf den Boden.
    »Wären Sie so freundlich, Großmeisterin?«
    Silena sprang auf den Boden und knickte dabei ein, das angeschlagene Knie versagte den Dienst. Wenn sie der andere Polizist nicht aufgefangen hätte, wäre sie auf die Pflastersteine des Hofs gestürzt. »Danke.« Sie sah noch einmal zum Fenster, doch der Mann mit dem Zylinder war verschwunden. Er hatte wohl genug gesehen.
    »Großmeisterin, der Phänomen vor dem Haus, gehört er Ihnen?«, fragte der Bobby, der sie vom Fass gezwungen hatte.
    »Ja. Mein Fahrer wurde Opfer des Drachen, und was er mit mir angerichtet hat, sehen Sie ja.«
    »Ich lasse Sie in Ihr Hotel fahren, Großmeisterin«, bot er ihr an, und sie willigte ein.
    Als sie durch den Hof auf die Straße trat, war diese voller Schaulustiger. Menschen drängten sich an der Absperrung, die von den Bobbies errichtet worden war, um die Löscharbeiten am Haus zu verfolgen oder den zerstörten Phänomen zu begaffen. Unter ihnen befanden sich etliche spärlich bekleidete Leute, ehemalige Bewohner des Hauses, die aus dem Schlaf gerissen und nur mit den Sachen am Leib ins Freie geflüchtet waren.
    Es wurde gerufen und gesprochen, die vielen Stimmen verschmolzen zu einem Lärmen, das anschwoll, als Silena erschien. Jemand zeigte auf sie, zwei Reporter wollten sich zu ihr durchdrängeln, wurden aber von den Polizisten aufgehalten.
    Silena sah zum kokelnden Automobil, Wut und Trauer durchfuhren sie. Sepp hatte einen solchen Tod nicht verdient, zumal er vollkommen sinnlos war. Es sprach einmal mehr dafür, Drachen rigoros auszulöschen. Sie spürte den Verlust ihres Fahrers, den sie beinahe als guten Freund betrachtet hatte, und konnte sich nur zu gut vorstellen, was seine Familie empfinden würde, wenn sie von dem Tod erfuhr. Silena würde wenigstens dafür sorgen, dass das Officium eine stattliche Witwenpension bezahlte.
    Mit einer Mietdroschke ging es quer durchs nächtliche, verregnete London hinaus auf den Flughafen, wo ihre Mannschaft wartete und nicht ahnte, was ihrer Anführerin, Sepp und dem Phänomen zugestoßen war.

16. Januar 1925, Hauptstadt London, Königreich Großbritannien
     
    Silena hielt nichts auf dem Flughafen.
    Sobald sie von der Staffelärztin behandelt und verbunden worden war sowie sich umgezogen hatte, kehrte sie mit einem geliehenen Fahrzeug, einem alten deutschen Wagen der Marke Heim, nach London zurück, um sich das Geschäft des Pfandleihers Scottings vorzunehmen. Die Männer von Scotland Yard hatten die Beweisaufnahme sicherlich abgeschlossen, jetzt wurde es zu ihrem Fall. Einem Drachenfall.
    Der Regen hatte nachgelassen und war von dichtem Nebel abgelöst worden. Wer schneller als mit Schrittgeschwindigkeit durch die Straßen fuhr, riskierte schwere Unfälle, vom Steuern und Landen eines Flugzeugs ganz zu schweigen. Andererseits galten diese schlechten Wetterbedingungen auch für den Drachen.
    Es war drei Uhr in der Früh, als Silenas Fahrer das Automobil in der Straße anhielt, die sie wenige Stunden zuvor verlassen hatte. Ein Fuhrunternehmen war eben damit beschäftigt, die verkohlten Reste des Phänomen über Rampen auf die Ladefläche eines Lastwagens zu ziehen. Daneben und halb auf der Straße stand ein schmuckloser Sarg, in dem Sepps verbrannter Leichnam lag.
    Silena stieg aus dem Wagen und humpelte auf den Sarg zu, legte kurz die Hand auf das Holz und sandte Sepp ein stummes Gebet. Er hatte sie drei Jahre lang gefahren, auf den verschiedensten Straßen der Welt, und immer war es gut gegangen. Es tut mir leid. Ich kriege das Monstrum, das schwöre ich. Sie seufzte und verbot sich die Tränen, die aufzusteigen drohten. Damit konnte sie Scottings nicht beeindrucken.
    Sie näherte sich der Eingangstür des Ladens und klopfte hart dagegen. Als sich nichts tat, bediente sie den Seilzug der Klingel so lange, bis sich Lichtschein durch das gläserne Treppenhaus nach unten bewegte. Scottings öffnete ihr. »Sie schon wieder, Großmeisterin?!«
    »Wie ich gesehen habe, ist Scotland Yard abgezogen. Demnach haben

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