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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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könnte meinen, dass Sie der neue Herr sind, Mister Benson«, merkte sie an und betrachtete ihr Gegenüber.
    Er hatte dunkle Haare und trug einen grünbraun karierten Morgenmantel, die Füße waren barfuss.
    »Weil ich die Bar plündere?« Er setzte sich aufs Sofa, nahm eine Pfeife zur Hand und stopfte sie mit großer Routine. »Nein, Großmeisterin. Ich bin nicht der neue Herr, er wird für übermorgen erwartet. Aber ich gebe dem Haus das Gefühl, nicht gänzlich verlassen zu sein. Es fühlt sich so wohler, und so hat es sich Sir Gisborn gewünscht.«
    »Ein Haus besitzt keine Seele, Sir.«
    »Warum nicht? Es wurde von Menschen erbaut, sie gaben ein Teil ihrer Kraft, um die Mauern zu errichten. Nach meiner Ansicht ruht diese Kraft und damit ein Stückchen Seele in dem Gebäude.« Er steckte den Tabak mit einem Streichholz in Brand, paffte und stieß die Rauchwolken rasch aus dem Mundwinkel aus, ehe er ins langsame, genussvolle Rauchen überwechselte. »Lassen wir das. Es ist vergebliche Mühe, sich mit einer Angehörigen der Kirche auf eine Diskussion dieser Art einzulassen«, sagte er mit einem Schmunzeln, schlug die Beine übereinander und wirkte wie ein Lord und Gentleman, nicht wie ein Butler. »Wie kommen Sie darauf, dass Sir Gisborn Dracheneier besaß?«
    Silena erzählte im Groben, was in der Nacht bislang vorgefallen war, sparte den Tod der älteren Frau aus und fragte: »Was wissen Sie über die Gegenstände in Mister Scottings Tresor?« Sie stockte. »Und über eine gravierte dunkelgelbe Kugel?«
    Dichter Tabakqualm zog durch den Salon und schien dem Nebel vor dem Fenster Konkurrenz machen zu wollen, es roch nach Vanille und Rum. »Nichts.«
    »Das klang eben noch anders, Sir.«
    »Damit meinte ich, dass Sir Gisborn keine Dracheneier besaß. Somit kann ich nichts darüber wissen.«
    »Ich hatte nicht den Eindruck, dass es Mister Scottings wagte, mich anzulügen«, bluffte Silena und versuchte, den ominösen, sehr selbstsicheren Butler besser einzuschätzen. Er musste das Herrendasein sehr lange geübt haben. Sie nahm die Silbermünze hervor, und schon wanderte sie über die Knöchel hin und her. »Dann stelle ich Ihnen eine andere Frage, Sir. Wie kam Mister Gisborn ums Leben?«
    »Sein Körper starb während einer Seance, Großmeisterin, aber seine Seele lebt fort.«
    »Schildern Sie mir die Umstände, Mister Benson.«
    »Es hat wohl nichts mit diesen Dracheneiern zu tun, also sehe ich keinerlei Bedarf, das Schicksal…«
    Ihre Augen richteten sich auf Bensons Gesicht. »Sir, ich habe Ihnen eine Frage gestellt, und das gewiss nicht zu meinem Vergnügen.«
    »Es war eine Seance inter pares, unter Gleichen und ohne Außenstehende. Sir Gisborn und vier andere Medien verfolgten eigene Interessen, Großmeisterin. Eine private Angelegenheit.«
    »Wer war noch daran beteiligt?«
    Benson nutzte die Pfeife, um sich einzunebeln und den bohrenden Blicken zu entgehen. »Ich weiß es nicht. Ich hatte an jenem Abend frei.«
    Ohne zu erklären, was sie beabsichtigte, erhob sich Silena, steckte die Münze ein und humpelte zum Ausgang.
    »Was tun Sie da, Großmeisterin?« Neugierig blickte er ihr hinterher, schwenkte das Sherryglas und nippte daran. »Sie verlassen mich früh.«
    »Ganz im Gegenteil. Ich suche das Arbeitszimmer Ihres Herrn, Sir. Da Sie nicht gewillt sind, mir bei dem Fall zu helfen, muss ich mich auf meine eigenen Augen und Erkenntnisse verlassen.«
    Benson sprang wie von einer Ratte gebissen in die Höhe und eilte ihr hinterher. »Großmeisterin, das darf ich keinesfalls erlauben! Die neuen Herrschaften werden sehr, sehr zornig auf mich sein, wenn ich von Ihrem Verhalten berichte, und sicherlich eine Eingabe an Ihre britische Niederlassung machen.« Er überholte sie und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor eine zweiflügelige Tür.
    Sie hinkte heran und blieb eine Fingerlänge entfernt vor ihm stehen. »Sie werden unverzüglich zur Seite treten, Sir. Sie mögen den Morgenmantel eines Herrn tragen, aber Sie sind nichts weiter als ein Lakai, der die Gunst der Stunde nutzt«, sagte sie mit bedrohlich gesenkter Stimme. »Wenn Ihre Seele nicht auf immer in diesem Gemäuer bleiben soll, Mister Benson, rate ich Ihnen, mir den Weg freizugeben. Sie wissen, was eine Drachentöterin im Rahmen einer Untersuchung darf und was nicht.«
    Der Blick reichte aus, um den Diener zu vertreiben. Silena öffnete die Tür und trat in den Raum, der über und über mit Büchern gefüllt war. Sie standen in Regalen bis zur

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