Die Maechtigen
verlegen mit den Schultern zuckt. Also willige ich ein. Der Bleistift des Präsidenten ist offensichtlich ein Reinfall, und ich weiß immer noch nicht, warum Wallace mich in diesen Raum bestellt hat. Was haben wir also schon zu verlieren?
Ich ziehe die Fotokopie der Seite aus dem Wörterbuch aus meiner Tasche und schiebe sie über den Tisch.
Diesmal schnappt Nico nicht danach. Er bleibt ruhig und lässt die Hände flach auf dem Tisch liegen. Schließlich beugt er sich vor und liest die Worte. Ich kann sehen, wie seine Halsschlagader anschwillt.
16. Februar 26 Jahre sind eine lange Zeit, um ein Geheimnis zu bewahren Antworten Sie: NC 38. 548. 19 oder WU 773 427
Hinter uns höre ich wieder das Klappern. Diät Dr. Pepper ist sehr beliebt. Diesmal ist der Abnehmer ein junger Asiat mit blond gefärbten Haarsträhnen. Er sieht aus wie ein Punk.
»Lass uns in Ruhe, Simon, das hier geht dich nichts an!«, schimpft Nico, ohne sich umzudrehen, und drückt die Fotokopie an seine Brust. Der Asiat zeigt Nico den Mittelfinger und geht dann durch die Schwingtür in den Flügel mit den Patientenzimmern.
Nico wendet sich wieder der Fotokopie zu, seine Lippen bewegen sich beim Lesen.
Seine Lippen bewegen sich, als er es noch einmal liest.
Immer wieder liest er das Dokument. Seine Halsschlagader schwillt immer weiter an.
Schließlich blickt er hoch. Er ist nicht aufgeregt, wirkt nicht angespannt … nichts dergleichen.
»Ich weiß, wohin Sie jetzt gehen müssen«, sagt er nur.
76. Kapitel
Der Friseur hatte Handschuhe in der Tasche. Aber er zog sie nicht über, obwohl es kalt war. Hier draußen auf dem schneebedeckten Friedhof lagen die Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt. Ihm war wirklich kalt. Aber diesmal wollte er die Kälte fühlen.
Als er jetzt dem geschlängelten Pfad auf dem Friedhof Oak Hill folgte, wurde ihm klar, dass dies sein eigentliches Problem war. Schon viel zu lange und besonders in den letzten Jahren hatte er die Kälte nicht mehr gespürt, keine Angst empfunden. Er hatte fast gar nichts mehr gespürt. Hatte sich einlullen lassen. Und das Schlimmste war, dass er sich nicht von jemand anderem hatte einlullen lassen. Nein, er hatte sich selbst eingelullt.
Aus diesem Grund war er heute hierhergekommen.
Er wusste, dass er es nicht hätte tun sollen. Palmiotti würde ihn in Stücke reißen, wenn er herausfand, dass er durch den Schnee hierher gelaufen war. Aber als er den Grabstein sah, der ein in eine Decke eingewickeltes Baby darstellte, musste der Friseur an all das denken, in welchen Punkten er sich noch eingelullt hatte.
Er lebte zwar erst seit ein paar Jahren in Washington. Aber das genügte, um zu wissen, wer die Fäden in der Hand hielt. Und jetzt war es Palmiotti, der ein Büro im Weißen Haus hatte. Und den Parkplatz beim Weißen Haus. Und den besten Freund im Oval Office. Der Friseur hatte nur die hohe Miete für seinen Frisierstuhl und ein paar Manschettenknöpfe des Präsidenten. Wenn das also wirklich der Moment war, an dem der Tornado das Haus mitriss, war Laurent auch klar, auf wem dieses Haus zuerst landen würde.
Es war verdammt richtig, selbst herzukommen und ein Gefühl für die Sache zu kriegen.
Aber als er von dem zementierten Weg in den Schnee trat, hörte er weit hinter sich Stimmen.
Laurent stolperte hastig weiter und versteckte sich hinter einer Gruppe von Bäumen, die am Rand des ausgedehnten Friedhofes standen. So konnte er wenigstens nicht gesehen werden. Hier draußen hatten alle nur Augen für die Toten. Deswegen war es ja auch ein so perfekter toter Briefkasten.
In der Ferne hörte er zwei Stimmen, die sich laut stritten. Die Sprecher waren viel zu sehr mit sich beschäftigt, um wahrzunehmen, was auf dem Friedhof sonst noch so passierte.
Aber Laurent spähte erst hinter dem Apfelbaum hervor, um zu sehen, wer den Lärm veranstaltete, als sie am Ende des Weges angekommen waren.
Das ist er, dachte der Friseur, während die eisige Kälte ihm bis auf die Knochen drang.
»Halt«, rief das Mädchen dem Jungen mit dem dunkelblonden Haar zu.
Er hörte ihr nicht zu. Aber er war es. Der Mann, der alles ruinieren könnte, wofür sie gearbeitet hatten.
Beecher.
77. Kapitel
»Beecher, halt …!«, ruft Clementine, während sie hinter mir herläuft.
Ich renne weiter. Meine Lungen brennen in der Kälte, und meine Schuhe sind vom Schnee vollkommen durchnässt, als ich den zementierten Weg hochsteige und an einem Doppelgrabstein vorbeikomme, auf dem
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