Die Maechtigen
erkläre ich ihm. »Der einzige Bericht vom diesem 16. Februar ist der Polizeibericht, ein Bericht, den Palmiotti selbst geschrieben hat. Aber wenn wir jetzt herausfänden, wo Palmiotti und Wallace am 17. zusammen waren … oder am 18.?«
Dallas runzelt die Stirn, während er nachdenkt. Ihm ist das Problem klar. Vor sechsundzwanzig Jahren war Wallace zwar noch nicht Präsident. Aber das bedeutet nicht, dass keine Präsidentschaftsaufzeichnungen existieren.
»Okay, als es passiert ist … Vor sechsundzwanzig Jahren war der Präsident im College«, rechnet Dallas rasch nach.
Er weiß, wie das Archiv funktioniert und was wir bei uns archivieren. Und er weiß auch, dass wir eine Akte anlegen, sobald ein neuer Präsident gewählt worden ist. Vor allem jedoch füllen wir diese Akte, wir legen darin alles ab, was zur Geschichte dieser Person gehört. Wir sammeln Fotos und Erinnerungsstücke, Geburtsurkunde und Schulzeugnisse. Deshalb haben wir ja diese Babyfotos von Clinton und die Schulnoten von Bush und Obama aus der fünften Klasse. Alle diese Dokumente landen am Ende in der Präsidentschaftsbibliothek, deshalb bemächtigt sich die Regierung unmittelbar nach der Wahl allem, dessen sie habhaft werden kann. Und wer ist wohl dafür verantwortlich, es aufzubewahren?
»Sie glauben also, es gibt irgendwo eine Aktennotiz darüber, wo Palmiotti sich am 16. Februar aufgehalten hat?«, erkundigt sich Dallas.
»Wir wissen bereits, dass er in Ohio war. Das steht im Polizeibericht. Er und Wallace sind vom College nach Hause gefahren, was bedeutet …«
»Mr. Harmon«, unterbricht mich eine barsche Stimme am Telefon. Er ist einer der ranghöchsten Angestellten in der Abteilung Präsidentschaftsaufzeichnungen und entschuldigt sich weder für seine Barschheit und Ungeduld noch dafür, dass er über sich als Mr. Harmon spricht. Als ehemaliger Navysoldat interessiert er sich nur für Fakten.
»Mr. Harmon, hier spricht Beecher aus der Abteilung Altes Militär.«
»Das sagte Katja bereits.«
»Ja, also, ich habe hier eine Anfrage über die Collegezeit von Präsident Wallace und …«
»Die meisten dieser Akten sind noch nicht katalogisiert.«
»Weiß ich, Sir, aber es geht um ein ganz bestimmtes Datum … und zwar die Woche des 16. Februar, als der Präsident in seinem ersten Jahr auf dem College war.« Als ich dies sage, wirft mir Clementine einen Blick über die Schulter zu, obwohl sie ganz unten auf dem Weg ist, fast ein Fußballfeld weit entfernt. Egal wessen Tochter sie ist, sie kann mich unmöglich hören. Sie dreht den Kopf wieder nach vorn und geht weiter. »Es ist für einen Freund der Stiftung«, mache ich Harmon weis.
In der Terminologie des Archivs bezeichnet Freund der Stiftung einen der ganz großen Spender, mit deren Hilfe viele unserer Ausstellungen finanziert werden.
Das Schweigen am anderen Ende verrät mir, dass Mr. Harmon verärgert ist. Aber er weiß sehr genau, dass wir das Original der Magna Charta nur deswegen noch zeigen können, weil es eine Leihgabe eines Freundes der Stiftung ist, des Chefs der Carlyle-Gruppe.
»Ich brauche die Anfrage schriftlich. Ich sehe, was ich tun kann«, erwidert Mr. Harmon.
Mit einem Klick ist das Gespräch beendet.
»Die Collegeakten von Wallace?«, fragt Dallas, als ich das Handy wegstecke. Meine Füße sind fast völlig gefühllos vom Schnee. »Sie wollen einen eindeutigen Beweis in irgendeiner alten Zeitung finden? Wie ich meine Frühjahrsferien verbracht habe … und wie wir die Leiche der Schwarzen Acht verschwinden ließen, von Orson Wallace?«
»Es gibt keine eindeutigen Beweise, Dallas. Ich suche lediglich nach einem Zeitfenster. Wenn wir Glück haben, erfahren wir, ob Wallace in dieser Woche ins College zurückgekehrt ist oder ob er von dem Geschehen so traumatisiert war, dass er eine Weile fehlte.«
»Dann suchen Sie also nach Anwesenheitslisten? Ich muss Sie bedauerlicherweise daran erinnern, dass es so etwas auf dem College nicht gibt.«
»Das weiß ich selbst, aber man kann nie wissen, worüber sie Buch führen. Vielleicht hat Wallace, als er aufs College zurückkehrte, eine Studienberatung aufgesucht, und der Bericht befindet sich immer noch in seinen Studentenakten.« Ich blicke über die Schulter von Dallas zu Clementine, die nur noch ein kleiner Fleck in der Distanz ist.
Wieder knackt ein Zweig hinter uns in dem Wäldchen. »Wir sollten hier wirklich verschwinden«, fordere ich Dallas auf.
Er beobachtet, wie ich Clementine nachschaue, und folgt mir
Weitere Kostenlose Bücher