Die Maechtigen
ist, war der, dass niemand wusste, wer er war …«, erklärt Orlando nachdrücklich und fuchtelt mit dem Videoband vor meinem Gesicht herum. »Verstehst du nicht? Solange wir dieses Video haben, sind wir Deep Throat, und ich führe meine Untersuchung durch. Wenn mit diesem Buch etwas wirklich nicht in Ordnung ist, und du weißt ganz genau, dass dem so ist, und dieses Video gerät in die falschen Hände, dann verspreche ich dir, bekommen wir es mit einem Mann zu tun, der so wahnsinnig mächtig ist, dass sie ihm immer Blutkonserven mit seinem eigenen Blut hinterhertragen, wohin er auch geht. Glaub mir. Du hast gesagt, wir müssen clever sein. Okay, jetzt sind wir clever.«
»Was ist mit dir?«, frage ich Orlando. »Du hast uns hier hereingelassen … als du unten angerufen hast bei diesem Khazei … Dein Name ist doch schon im Spiel.«
»Immer mit der Ruhe, ein Desaster zurzeit, okay? Außerdem, wenn wir Glück haben, sehen wir auf diesem Band, wer das Buch zuerst hereingeschmuggelt hat«, erklärt er und schiebt sich das Videoband in den Hosenbund. »Jetzt erkläre mir noch mal diesen lateinischen Spruch: Ex act probe it?«
» Exitus acta probat. Das ist das Motto von Washingtons persönlichem Exlibris«, erkläre ich ihm, während er die Kassette wieder schließt. »Es stammt von seinem Familienwappen und ziert die Innenseite aller Bücher von George Washington.«
»Und so sieht das aus?«, fragt Orlando, der schon auf dem Weg zur Tür ist. »Drei Wörter auf eine Seite gekritzelt?«
»Nein … das Familienwappen ist ein echtes Kunstwerk: mit dem Bild eines Adlers, zwei roten und weißen Streifen, außerdem drei Sterne. Aber Washington hat dann seinem Familienwappen persönlich diese drei Wörter hinzu gefügt: Exitus acta probat «, erkläre ich, während Clementine mir ein Zeichen gibt, Orlando zu folgen und den Raum zu verlassen. Wir müssen hier raus. Aber genau in diesem Moment vibriert in der Tasche mein Telefon. Laut Anzeige ist es das Archiv II, aber die Vorwahl 301 erinnert mich daran, warum wir uns eigentlich in diesem Raum befinden.
Clementine steht neben mir und beäugt mein Handy. Sie dreht weder durch, noch wirkt sie auch nur nervös. Aber als sie die Lippen zusammenpresst, gewährt sie mir einen Eindruck von der wirklichen Clementine, die sie nicht völlig verbergen kann. Die ängstliche Clementine. Seit siebenundzwanzig Jahren sucht sie ihren Vater, da muss die Angelegenheit mit dem Präsidenten warten.
»Ich hoffe, Sie haben gute Nachrichten für mich«, sage ich, als ich den Anruf annehme.
»Ich habe nur Informationen. Gut oder schlecht ist die subjektive Verpackung, die Sie ihnen geben«, erwidert Archivarin Carrie Storch. In ihrer Stimme klingt kein Fünkchen Ironie mit. Je besser man sich mit Büchern auskennt, desto schlechter ist es oft um die sozialen Fähigkeiten bestellt, was nichts wirklich Neues ist.
»Carrie, haben Sie den Kerl gefunden oder nicht?«
»Den Vater Ihrer Freundin? In diesem Jahr und in diesem Bezirk von Wisconsin war er der einzige Nicholas, der sich am 10. Dezember bei der Army verpflichtet hat. Natürlich habe ich ihn gefunden!«
»Wirklich? Das ist ja fantastisch …!«
»Die Beurteilung überlasse ich gern Ihnen«, antwortet sie und schnaubt einmal kurz, was man als Lachen werten kann, glaube ich. Ich habe sie noch nie richtig lachen sehen.
»Carrie, was verschweigen Sie mir?«
»Ich übermittle nur die Information«, erwidert sie. »Aber warten Sie, bis Sie gehört haben, wer der Vater ist.«
Dann sagt sie den Namen, macht eine dramatische Pause und wiederholt ihn noch einmal, weil sie weiß, dass ich es nicht glaube.
Der Präsident der Vereinigten Staaten müsste jede Minute eintreffen. Aber im Augenblick frage ich mich, ob das möglicherweise unser geringstes Problem ist.
»Clementine …« Ich packe ihre Hand und zerre sie zur Tür. »…wir müssen hier jetzt schleunigst verschwinden.«
8. Kapitel
St.-Elizabeth-Krankenhaus
Washington, D.C.
Man nennt sie jetzt nicht mehr Geistesgestörte.
Sie heißen jetzt Konsumenten .
Was für eine bescheuerte Idee, dachte Krankenpfleger Rupert Baird, während er den Wagen mit den Obstsäften durch den fahlen, sterilen Gang schob. Sie ist ungefähr so dämlich, wie Kentucky Fried Chicken nur noch KFC zu nennen. Genauso verhielt es sich mit den Patienten. Wenn du gegrillt wirst, wirst du gegrillt.
He.
Das war komisch, dachte Rupert.
Aber trotzdem war es eine verdammt dämliche Idee.
»He,
Weitere Kostenlose Bücher