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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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dieses Tages hervor.
    Laut Benjamin Franklin sollte »derjenige, welcher Geduld besitzt, alles bekommen, was er will«.
    Der Archivar hatte etwas viel Wertvolleres als das.
    Er hatte eine Videokassette.
    Und zwar diejenige, die Orlando bei sich trug, als er …
    Er schob den Gedanken beiseite und legte das Band in seinen alten Videorekorder. In diesem Moment bestand die Gefahr, dass alles ruiniert werden würde … es stand alles auf dem Spiel.
    Er drückte die Zurück -Taste und beugte sich vor, als langsam ein Bild auf seinem Fernsehgerät aufleuchtete. Die Kamera schien oben in einer Ecke des SCIF gesessen zu haben, wie alle anderen Überwachungskameras auch. Und da, Orlando, der durch den Raum eilte und …
    Augenblick.
    Da.
    In der Ecke. An der Tür. Dort zuckt ein Schatten vorbei. Dann noch einer. Er hatte nicht weit genug zurückgespult, der Archivar drückte wieder auf Zurück . Da war der Schatten … Nein. Kein Schatten.
    Eine Person. Zwei Personen.
    Er zog die Augen zusammen.
    Jetzt endlich ergab das alles Sinn. Deshalb konnten sie das Buch nicht finden.
    Orlando war nicht alleine im SCIF. Es waren noch zwei Personen bei ihm.
    Das eine war ein Mädchen. Und der andere? Der mit dem zusammengeknüllten Labormantel und den unordentlichen blonden Haaren?
    Der Archivar erkannte ihn augenblicklich.
    Beecher.
    Beecher hatte, was der Culperring wollte.
     

14. Kapitel
    Am nächsten Morgen um 7:02 Uhr schrillt mein Telefon. Ich gehe nicht ran. Es ist nur der Weckruf, der mich daran erinnern soll, dass meine Mitfahrgelegenheit zur Arbeit in genau vierundzwanzig Minuten vor meiner Tür steht. Doch als das Telefon aufhört zu klingeln, schlägt der Wecker Alarm. Nur für den Fall, dass das Telefon es nicht bringt.
    Ich habe zwei Schwestern, eine davon lebt in der Nähe von Washington, was auch der Grund ist, warum mein Wecker nicht klingelt, sondern stattdessen eine männliche Stimme verkündet: »… dreißigprozentige Wahrscheinlichkeit von Schnee. Minus sechs Grad. Leicht bedeckt bis zum Nachmittag.«
    Es handelt sich um den offiziellen Wetterbericht der Regierung. Er stammt vom nationalen Wetteramt, wo meine Schwester Claudia seit anderthalb Jahren arbeitet. Sie studiert dort die Gezeiten und das Wetter und schreibt manchmal auch den Text, den die Roboterstimme vorliest. Sicher, ich weiß, dass man nicht viel »schreiben« muss, wenn es darum geht, dass es »bis zum Nachmittag leicht bedeckt« sein wird. Und ja, ich würde lieber mit Musik oder zur Not sogar mit dem Klingelton aufwachen. Aber sie ist meine Schwester. Claudia hat das hier geschrieben. Und natürlich unterstütze ich sie.
    Während die Roboterstimme den Rest des Wetterberichts herunterleiert, trete ich die Bettdecke zur Seite und senke den Kopf. Meine Mutter hat uns immer angehalten, am Morgen zu beten. Ich habe das bis zur Oberschule durchgehalten, aber selbst dann hat sie mich ermahnt, den Tag stets damit zu beginnen, mich für etwas zu bedanken. Ganz gleich für was. Nur um mir meinen Platz in dieser Welt in Erinnerung zu rufen.
    Ich schließe die Augen und denke an … oh, oh. Ich versuche mir einzureden, es wäre gut, dass Orlando seinen Frieden gefunden hat. Und dass ich froh bin, ihn kennengelernt zu haben. Wie sehr ich mich jedoch auch bemühe, an Orlando zu denken, wenn es darum geht, wofür ich wirklich dankbar bin …
    … drängt sich der Blick von Clementine in meine Gedanken, als sie gestern ankam; an ihre selbstsichere Herzlichkeit, die sie ebenso selbstverständlich zu tragen scheint wie ihr Nasenpiercing und diese Ringe an den Daumen. Aber noch viel bemerkenswerter ist dieser gebrochene, verängstigte Blick, den sie vor mir verbergen wollte, als sie sich zwischen den Regalen hinter mir versteckte. Er hatte nichts damit zu tun, dass sie schüchtern war. Oder verlegen. Sie hat mich vor diesem Blick beschützt, wollte mir die Kopfschmerzen ersparen, die sie bekommt, wenn sie darüber nachdenkt, was aus ihrem Leben geworden ist.
    Jeden Tag helfe ich Menschen. Und natürlich sage ich mir, dass ich genau das auch jetzt tue; dass ich mich bemühe, ein guter Freund zu sein, und dies hier nichts mit meinen eigenen Bedürfnissen zu tun hat oder mit Iris oder damit, dass dies der erste Morgen seit einem Jahr ist, an dem ich aufwache und mein Blick nicht auf die kleine Parfümflasche von Iris fällt, von der ich mich immer noch nicht habe trennen können. Ich gestehe mir sogar ein, wie erbärmlich es ist, die Leerstellen meines eigenen Lebens

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