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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Sohn beschützen.
    Der Gedanke an mein Kind schnürte mir die Kehle zu. Mein Sohn, der auf dem Sofa kauerte, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, sein Vater, der auf mich eindrosch, mich schändete, mich würgte. Ich begann zu zittern. Tränen tropften auf meinen nackten Leib.
    »Und wer sind Sie?«, fragte Margrit.
    »Seine Ehefrau. Berta.«
    »Hat er Sie auch …« Sie brach ab.
    »Ja«, bestätigte ich das Offensichtliche, »er hat mich auch eingesperrt.«
    »O mein Gott«, rief sie panisch aus. »Was hat er vor? Was wird er tun?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Glauben Sie, er wird uns …« Schritte hallten durch den Keller. Ich richtete mich auf, obwohl ich bei jeder Bewegung mit meinem eigenen Körper kämpfte. Eine Tür wurde entriegelt. Nicht meine. Margrit begann zu schreien. Immer lauter. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.
    »Ferdinand!« Ich hämmerte gegen die Tür. »Ferdinand!«
    Margrits Gebrüll war die Antwort. Und dazu Musik. So laut wie noch nie.
    Ich finde nicht Geschmack an alledem , sang die Stimme einer Frau. Als kleines Kind schon hörte ich mit Beben: Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm.
    Ihr Wohlklang wollte nicht zu dem Geschrei passen, das durch den Keller gellte. Schreckliche Schreie, die mir durch Mark und Bein gingen. Ich presste die Hände auf meine Ohren – vergeblich. Ich beschwor Erinnerungen herauf, so wie ich es gelernt hatte, damals, als mein Onkel über mich hergefallen war, dachte an den Sommer und die warmen Strahlen der Sonne und meinen lachenden Vater auf der Terrasse. Aber dann dachte ich an meinen Sohn, und ich schämte mich, weil es das Einzige war, was ich konnte – flüchten. Noch mehr Tränen rannen meine Wangen hinab.
    Irgendwann setzte die Musik aus. Ich lauschte in die Stille und wünschte mir zugleich, der Lärm würde zurückkehren. Lärm war ein Zeichen von Leben. Die Stille dagegen war unerträglich.
    Eine Weile geschah nichts. Plötzlich öffnete sich die Tür. Ferdinand trat auf mich zu. Ich duckte mich vor seinem Hieb. Doch er zerrte mich hinaus aus meinem Gefängnis und trieb mich nackt und blutig, wie ich war, hinüber zu dem anderen Kellerraum. Alles in mir sträubte sich weiterzugehen. Ich wollte nicht in den Verschlag. Ich wollte nur noch zu meinem Sohn. Doch Ferdinand stieß mich unerbittlich voran. Leise Musik drang aus der Kammer.
    Ja, renn nur nach dem Glück , kam es aus den Lautsprechern, doch renne nicht zu sehr. Denn alle rennen nach dem Glück. Das Glück rennt hinterher.
    Ich taumelte in den Raum. Nur das fahle Licht einer Glühbirne erhellte den Verschlag. Dennoch genügte ein kurzer Blick. Ich erbrach mich auf meine Füße.
    Kapitel 52
    Laura erwachte durch das Klicken einer Tür. Sie streckte ihre Hand im Halbdunkel aus, fand auf dem Nachtschränkchen aber keinen Lichtschalter, sondern nur ein Glätteisen. Sie war verwirrt, bis ihre Augen sich an das Zwielicht gewöhnten. Sie lag in Lisas Zimmer, in deren Bett, auf ihrem weichen Kissen. Ein haariger Schädel starrte sie aus Knopfaugen an.
    Sie schob Mr Zett von sich und wollte aufstehen, doch es kroch lediglich ein Kribbeln durch ihre Schenkel. Ihre Beine waren eingeschlafen, weil sie die ganze Nacht seltsam verdreht in dem Bett ihrer Tochter gelegen hatte. Sie versuchte sich zu erinnern, wie sie hierhergekommen war. Mehrmals war sie am Abend zuvor an Sams Bett getreten, eine Entschuldigung auf den Lippen, aber er hatte geschlafen, und sie hatte ihn nicht wecken wollen. Irgendwann war sie in Lisas Zimmer gelandet, ohne recht zu wissen, was sie hier wollte.
    Jetzt dämmerte es ihr. Sie hatte den quälenden Bildern entfliehen wollen. Und ihrer Wut.
    Sie hörte Schritte im Flur. »Sam?«
    »Nein, ich bin’s, Renate.« Ihre Schwägerin schob die Tür auf. »Sam schläft noch. Ich hab’ gerade nach ihm gesehen.«
    Geblendet vom Dielenlicht, vergrub Laura ihr Gesicht im warmen Kissen. Die Bettwäsche roch nach Lisa. »Was ist mit …« Ihr Mund war trocken, auf ihrer Zunge hatte sie einen schalen Geschmack. »Wo ist Frank?«
    Renate schwieg beklommen. »Ich weiß nicht.«
    Laura zog die Beine an den Körper und legte die Arme um die Knie.
    »Du solltest etwas frühstücken«, sagte ihre Schwägerin. »Ich habe Brötchen mitgebracht.«
    Wie kann sie bloß ans Essen denken? , fragte Laura sich.
    »Ich habe außerdem Tee aufgesetzt, der wird dich beruhigen.«
    Es gibt keinen Grund, sich zu beruhigen , dachte Laura.
    Ihre Schwägerin zog die Jalousie hoch und öffnete das

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