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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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entlanggetrieben wurde. Sie taumelte an anderen Zellen vorbei. Doch jede der Kammern war leer. Silke ist weg!
    »Bitte«, flehte Lisa und drehte sich zu ihrem Entführer um. Doch bevor sie einen Blick auf ihn werfen konnte, verpasste er ihr einen neuerlichen Stoß. Der Sack rutschte zurück vor ihr Gesicht, und sie stolperte über eine Türschwelle. Im gleichen Moment setzte die Musik ein.
    Alex betrachtete die weißen Fassaden der Hochhäuser. Alle paar Meter waren rote Streifen senkrecht auf den Beton gepinselt, ein zweifelhafter Versuch, die Tristesse der Plattenbausiedlung in der Harnackstraße zu übertünchen. Von der Frankfurter Allee drang ein Verkehrsrauschen heran.
    Neben dem Eingang Nummer 18 standen Mülltonnen aufgereiht. Abfall quoll aus den Behältern, Chipstüten, Fastfood-Schachteln, garniert mit Fliegen und anderem Ungeziefer. Gizmo leckte sich die Lefzen.
    »Untersteh dich«, warnte Alex.
    Neben der zersplitterten Glastür fand er kein Klingelschild mit dem Namen Arthur Steinmann. Er drückte wahllos einige Knöpfe, bis endlich eine Stimme aus einem Lautsprecher tönte: »Ja, verdammt!«
    »Ich suche Arthur Steinmann.«
    »Und was wollen Se dann von mir?«
    »Wissen Sie, ob er hier wohnt?«
    »Nö.«
    »Sicher?«
    »Was weiß ich.«
    »Wohnt er hier oder nicht?«
    »Woher soll ich das wissen? Fragen Se doch den Hausmeister. Parterre links.«
    Der Hausmeister war ein gedrungener Mann mit Halbglatze und Schnauzbart. Er trug einen blinkenden Silberohrring, der auf und ab wippte, als sein Besitzer den Kopf schüttelte. »Steinmann? Nee, kenn’ ick nich’. Kann mich nich’ ma’ erinnern, dass der hier jewohnt hat. Und ick mach’ den Job hier schon seit fuffzehn Jahren.«
    »Auch in den Häusern nebenan?«
    »Nee, da nich’.«
    Alex wählte die Nummer der Telefonauskunft. Das Gespräch dauerte nur wenige Minuten. Ein Arthur Steinmann in der Harnackstraße 18 war nicht bekannt, auch nicht in den benachbarten Häusern.
    »Warum überrascht mich das nicht?«, fragte Alex und sah sich nach seinem Hund um. Gizmo war zu den Mülleimern geschlichen und machte sich über die Fastfood-Reste her. »Gizmo, verdammt«, rief Alex, weniger zornig auf seinen Hund als auf sich selbst und auf Arthur Steinmanns ominöse Nicht-Existenz.
    Er zerrte den Vierbeiner am Halsband in den Peugeot. Während er startete, klickte er sich durch die Wahlwiederholung seines Handys. Ungeduldig lauschte er dem Freizeichen, scherte aus der Parkbucht aus und –
    Direkt neben ihm dröhnte eine Autohupe. Reflexartig trat Alex auf die Bremse. Gizmo wurde gegen den Vordersitz geschleudert, kläffte und wimmerte zugleich.
    »Alles gutgegangen«, beruhigte ihn Alex, während ein rostiger Daimler an ihnen vorbeifuhr. Der Fahrer zeigte ihm den Vogel.
    »Hallo?«, tönte eine Stimme aus dem Handy. »Alex, bist du das?«
    »Ja, ich bin’s.« Alex warf einen Blick in den Rückspiegel und wartete, bis auch ein Geländewagen an ihm vorüber war. Dann gab er Gas.
    »Was ist los bei dir?«, fragte Schöffel.
    Lisas Arme wurden von fremden Händen hochgerissen.
    Ja, renn nur nach dem Glück , sang die glockenhelle Frauenstimme, als wollte sie Lisas Hilflosigkeit verhöhnen. Doch renne nicht zu sehr. Denn alle rennen nach dem Glück.
    Die Hände ließen von ihr ab. Ihre Arme blieben trotzdem oben. Etwas hielt sie nicht nur in der Luft, sondern zog sie weiter hoch, immer weiter, bis Lisa gerade noch mit ihren nackten Füßen auf dem kalten Steinboden stehen konnte. Ihre Waden und Oberschenkel waren bereits angespannt. Sie ging kurz auf die Zehenspitzen, um ihre Handgelenke zu entlasten, dann sank sie wieder nach unten. Der Druck auf ihre Gelenke nahm wieder zu. Lange würde sie so nicht durchhalten können. Aber schrei nicht! Tu ihm nicht den Gefallen! , wisperte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf.
    Stoff raschelte. Ein kalter Luftzug streifte sie. Er hatte ihr das Kleid vom Leib gerissen. Eine Gänsehaut überzog ihren Körper. O Gott, nein, das ist –
    Eine Hand legte sich auf ihre Hüfte. Erschrocken zuckte sie zurück. Die Fesseln gewährten ihr kaum Freiraum. Ihre überstreckten Schultergelenke knackten bei jeder Bewegung. Sie konnte nicht verhindern, dass Finger unter ihren Slip glitten. Nicht schreien! Sei still!
    Finger umschlossen den Bund ihres Slips, zogen ihn herab, bis er um ihre Knöchel baumelte.
    Denn wovon lebt der Mensch? Indem er stündlich den Menschen peinigt …
    Lisa verdrehte die Beine, um ihre Scham zu verbergen. Aber

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