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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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glucksten. »Wir sind alt genug.«
    »Nicht alt genug für die Hexe.« Der Junge mit der Kappe krümmte seinen Rücken zu einem Buckel und sprach mit tiefer Stimme: »Die alte Hexe.«
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite tauchte die alte Kirchberger aus dem Nebel auf und huschte wie ein Geist über den Bürgersteig, bevor sie wieder im Dunst verschwand.
    »Hu-hu-hu«, rief der Junge, und die anderen fielen in sein Heulen ein: »Gleich ist Geisterstunde. Hu-hu-hu.«
    Fassungslos starrte Alex die Teenager an. Ging die Angst endgültig mit ihm durch? Machte er sich gerade lächerlich ? Wir brauchen keinen Spinner, der sein Leben nicht mehr in den Griff bekommt. Spöttisches Lachen verfolgte ihn, als er seinen Weg fortsetzte. Gizmo kläffte.
    »Mach du dich nicht auch noch lustig über mich«, murrte Alex. »Ich mach’ mir nur Sorgen.«
    Und aus gutem Grund! Das Auftauchen von Arthur, das Kuvert, die Zeitungsausschnitte – ausgerechnet jetzt, nachdem die junge Theis verschwunden war. Das konnte kein Zufall sein. Aber was steckte dahinter? Und vor allem – wer?
    Alex entriegelte den Peugeot, scheuchte Gizmo auf die Rückbank und fuhr los.
    Lisa lag wimmernd auf dem Boden. Steh auf, zieh dir den Sack über den Kopf, beeil dich! , hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf. Doch sie konnte sich nicht bewegen. Sie war wie gelähmt. Silkes Schreie hallten durch Lisas Verstand.
    Ein Geräusch ließ Lisa zusammenzucken. Sie stemmte sich hoch und schleppte sich zur Matratze. Dann stülpte sie sich den Sack über den Kopf und wartete. Worauf? Worauf wartest du noch?
    Obwohl sie nicht an Gott glaubte, betete sie: »Bitte, lieber Gott, mach, dass alles ein Ende hat. Dass Berthold mich rettet. Dass mein Onkel mich findet. Lass mich hier raus. Lass mich zu meiner Mama. Zu Berthold. Zu Sam.«
    Sie lauschte in die Stille. Nach fünf Minuten befreite sie sich von dem Sack und schlich zur Gittertür. »Silke?«
    Sie erhielt keine Antwort.
    »Silke?«
    Kein Scharren. Kein Husten. Nicht einmal ein schwaches Atmen.
    »Bestimmt schläft sie«, flüsterte Lisa, nur um eine menschliche Stimme zu hören. »Ja, sie schläft.«
    Das glaubst du doch selbst nicht! , schoss es ihr durch den Kopf. Der Gedanke ließ sich nicht mehr vertreiben.
    Mach was, sonst verlierst du den Verstand! , befahl sie sich selbst.
    Ihr Blick fiel auf das Tablett. Wenn sie ein bisschen aß, würden vielleicht die Magenkrämpfe nachlassen. Sie würde bei Kräften bleiben und nicht durchdrehen. Vorsichtig steckte sie sich eine Kartoffel in den Mund. Das Stück war halb gar und versalzen. Sie spuckte es aus und führte dann die Suppenschüssel an die Lippen. Die Brühe war ebenso salzig und ungenießbar.
    Sie fragte sich, was wäre, wenn sie das Essen verweigerte. Die Antwort erschien ihr so einleuchtend: Sie würde noch schwächer werden und ihrem Peiniger nicht mehr von Nutzen sein.
    Mit einem kräftigen Schwung, der sie selbst überraschte, schleuderte sie das Tablett gegen die Wand. Das Glas und die Suppenschüssel zersprangen. Der Krach hatte sich kaum gelegt, da hallten Schritte durch das Kellergewölbe.
    Lauras Entsetzen wuchs mit jeder Sekunde, die ihr Schwager sich in Schweigen hüllte. »Frank, was ist vor drei Jahren passiert?«
    Er wandte sich ab, ging in die Küche und holte sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. Er füllte ein Glas und leerte es in einem Zug. »Nichts, weswegen du dir Sorgen machen musst.«
    »Dann kannst du mir erst recht sagen, was damals geschehen ist.«
    »Hab’ ich eine Chance, dass du Ruhe gibst?«
    »Wie war das noch? Woher hat Lisa ihren Starrsinn?«
    Frank holte tief Luft, ehe er sagte: »Vor drei Jahren hat ein Mann junge Frauen entführt und …« Abrupt hielt er inne und warf Laura einen besorgten Blick zu.
    »Und ermordet«, vollendete sie seinen Satz.
    »Ja, er hat sie getötet, nicht nur in Berlin, auch in Potsdam, Frankfurt an der Oder, Leipzig.«
    »Und dieser Lindner? Was hatte der damit zu schaffen? Hat er was mit Lisas Verschwinden zu tun?«
    »Nein, ich hab’ doch gesagt, da gibt es nichts, weswegen du dir Sorgen machen musst.«
    Franks Antwort beruhigte sie nicht. »Warum hast du ihn dann überprüft?«
    »Weil das bei einem Vermisstenfall üblich ist, sobald jemand der Polizei einen Hinweis gibt oder anderweitig auffällig wird.« Ihr Schwager goss erneut Wasser in sein Glas, ehe er fortfuhr: »Und dabei habe ich festgestellt, dass er früher selbst Polizist war. Bis vor drei Jahren. Er hat in ebenjenen

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