Die Männer der Raumstation
seiner rechten Schulter. Er begann, gesichert durch drei an verschiedenen Punkten seines Raumanzugs befestigte Leinen, nacheinander die Spezialschrauben zu lösen.
Da im All das Vakuum sämtliche Gegenstände so fest gegeneinander drückt, daß man sie kaum lösen kann, war jede Schraube außen am Schiff mit einer besonderen Automatik gesichert. Die nur Tausendstel Millimeter dicke Luftschicht, die auf der Erde fast alle Verbundmaterialien voneinander trennte, fehlte hier und mußte ersetzt werden.
Sobald der Schlüssel eine Mutter bewegte, drückte Ion auf einen Stift. Der Stift zerbrach ein Sollbruch-Ventil, und aus winzigen Löchern strömte hochkomprimierte Luft von innen gegen die Metallflächen und schuf einen Luftfilm. Das Verfahren war noch nicht zufriedenstellend gelöst, aber man entwickelte Schmiermittel, die Raumkälte und Vakuum aushielten. Immerhin konnte ein genügend langer Hebelarm die Schrauben bewegen.
Ion löste dreißig Schrauben – zehn Düsen.
Die drei Meter langen, konischen Düsen klinkte er eine Stunde später an die Haken seines Seiles, schaltete die Lampen aus und aktivierte seine Magnetschuhe. Er ging schnell, aber vorsichtig entlang der Wandung der Tiger bis zur Schleuse, verankerte sich dort und gab den beiden Ersatzdüsen einen Stoß, der sie genau seinem Schiff entgegenschob. Mit der Zunge schaltete er sein Rückenaggregat ein, und die winzige Flamme trieb ihn hinüber zur Nereide. Er blieb neben der großen Materialschleuse hängen, öffnete sie ferngelenkt und bugsierte die beiden neuen Düsen in den hellerleuchteten Innenraum. Die freie Hand griff nach einem Metallgriff, dann klinkte ein Haken ein.
Dann begann Ion, die Leine mit den schwebenden zehn Düsen einzuholen. Die schweren Körper, die unter dem veränderten Gesetz der fehlenden Schwerkraft standen, stellte er hochkant in die Schleuse, sah zu, daß das Seil nicht zwischen Luke und Randleisten hing und schloß die Schleuse. Luft strömte ein, die innere Tür öffnete sich in die Werkräume des Schleppers.
»Hätten wir jetzt Schwerkraft, wäre ich zusammengebrochen«, stellte Ion fest und betrachtete die Warnlampe, die anzeigte, ob die Zusammensetzung und die Dichte der Luft konstant und entsprechend waren. Die grüne Leuchtanzeige glühte ohne Flackern.
Ion schwebte mit den insgesamt zwölf Düsen zur Werkbank, befestigte die Körper und blieb neben einer Werkbank schweben, um zu rauchen.
Dann, nachdem er tief Atem geholt hatte, begann er.
Zuerst spannte er nacheinander die Düsenkörper in die Backen der Werkbank ein und richtete die Arme der mechanischen Schleifapparatur ein. Der Einsatz, Typ Ikarus II wurde eingesetzt, die Abdeckhaube mit der Saugvorrichtung und dem Filter darübergestülpt. Der Motor sprang an, winselte und kuppelte sich dann ein. Die stark verkohlten Rückstände des Treibstoffs, der zu lange und mit zu großer Kraft durch die Ventile geströmt und mit dem empfindlichen Material des Düsenfutters eine Reaktion eingegangen war, wurde mit Bürsten aus Wolframstahldraht entfernt. Sämtliche Geräte waren mit Vorrichtungen ausgestattet, die das Arbeiten im schwerelosen Raum gestatteten. Diese Arbeit machte Ion hintereinander zehnmal, dann ging er zurück in den Steuerraum und brühte sich einen Kaffee auf.
Die drei Mischtanks und die Pistole wurden zusammengeschlossen, der Druck wurde eingestellt. Ion spritzte hintereinander die zehn Düsenkörper aus. Eine neue Schicht Futter, hitzebeständig und raumfest, legte sich über die Innenflächen. Mit diesem neuen Futter waren die Düsen gut für zehn Starts und Landungen, dann mußten sie ausgetauscht werden.
Als nächstes kamen die Treibstoffdurchlässe dran.
Sie wurden ausgeschraubt, gereinigt und maschinell vermessen. Zwei von ihnen mußten neu gebohrt werden. Die Fehleinstellungen der Ventile korrigierte Ion nach den Maßen, die ins Metall eingestanzt waren. Dann verzeichnete er an einer Wand der Werkstattzelle die zwölf Düsennummern, schrieb den Schiffsnamen darüber und schloß alles in einem Kreis ein. Nach der Reinigung der Schlepper in den letzten Dezembertagen des vergangenen Jahres standen insgesamt zehn solcher Kartuschen an der Wand – zehn erfolgreiche Reparaturen, die Ion allein durchgeführt hatte. Ein schweres, extrem langsamfrierendes und wenig gashaltiges Fett wurde in die Schraubenlöcher geschmiert, dann drehte Ion die Muttern wieder probeweise hin und her. Hier, im lufterfüllten Raum, ließen sie sich ohne
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