Die Männer der Raumstation
neuer Krater entsteht.«
»Ich kümmere mich darum!« versprach Peer und hielt ihr die Flasche entgegen.
Als sie wieder mühsam Ordnung im Asteroiden gemacht hatten, kam die Nereide mit Ion und Shahi zurück. Ion fand Peer grinsend, aber total erschöpft in einem Sessel, und Yolay saß auf Peers Schoß und schlief. Auf dem Tisch standen zwei Flaschen, so trocken, als wären sie offen im All getrieben – jahrelang.
»Ich falle um«, sagte Ion lachend und betrachtete das Idyll. Neben ihm stand Shahi. »Sieh dir das an! Interstellare Orgie mit terranischem Exportschnaps. Wir scheinen die Woche der Brüderlichkeit zu haben, Peer.«
Peer VanCarbon öffnete ein Auge und sagte krächzend:
»Wir haben eben fünfzigtausend Dollar Belohnung einkassiert. Hamilkar Freydoun treibt auf Kollisionskurs dem Mond entgegen. Die Polizei hat einen entsprechenden Funkspruch von mir erhalten. Laß dir deine Triton vergolden!«
Er schloß das Auge wieder und begann zu schnarchen.
Es dauerte lange und war sehr mühsam, bis Shahi mit Ions Hilfe Yolay in ihr Zimmer und Ion mit Shahis Unterstützung Peer ins Bett gebracht hatte. Die nächsten vierundzwanzig Stunden ließ man die Männer in Ruhe; es kam niemand, um zu tanken, auch war keine Havarie zu verzeichnen.
*
»Das Wort Rakete «, sagte Ion und deutete auf eines der Chiffriergeräte, die von Yolay bedient wurden, »leitet sich ursprünglich von einem Spinnrocken ab. Der ›Rocken‹ kam über das Langobardische als rocca ins Italienische. Kannst du mit den Begriffen etwas anfangen?«
Yolay nickte, während ihre Finger jene unverständlichen Symbole in den Streifen stanzten, die jeweils für einen Kausalsatz und zwei Schlüsse in Richtung auf andere wissenschaftliche Disziplinen standen.
»Wegen der Ähnlichkeit des Aussehens, der Form, wurden vor eintausend Jahren die Feuerwerkskörper rocchetta genannt. Dieser Ausdruck ging in alle europäischen Sprachen über und ist auch in den Sprachen mit romanischem Stamm zu finden. Rocket, beispielsweise. Verstanden?«
Die Maschine surrte auf.
»Ich staune spätestens seit dem Überfall«, sagte Yolay. »Ich scheine einen wesentlichen Wandel meiner Struktur durchgemacht zu haben.«
»Weil du erstens geschauspielert, zweitens aktive Beeinflussung getrieben und drittens etwas getan hast, das eigentlich nur deine Kollegin hätte tun können, nämlich eine technische Sache anfassen?« fragte Ion und rückte zehn Zentimeter näher an das kleine Schreibgerät hin. Er saß auf dem Arbeitstisch des Mädchens, in dem dritten der Räume.
»Ja. Ich bin selbst am meisten überrascht.«
»Du wirst noch mehr überrascht sein, wenn ich dir mitteile, daß du und Shahi verschwinden müßt. In drei Tagen kommt eine Abordnung der Polizei. Sie haben den Piraten mit vier Schiffen aufgebracht und seinen Todesflug gestoppt. Wir haben die Belohnung verdient, und Colonel Bondy Cuiper, unser Alptraum, wird uns besuchen. Die drei Zimmer bekommen wir hin – aber zwei Mädchen können wir nicht verstecken. Was werdet ihr tun?«
Yolay lächelte ihn breit an: »Wir werden uns verstecken – perfekt!«
»So, wie ihr auch sonst handelt, richtig. Noch eine Frage, oder vielmehr deren mehrere. Wäre es nicht an der Zeit, mir einmal mitzuteilen, was ihr wirklich seid?«
Ion glitt vom Tisch herunter und setzte sich Yolay gegenüber.
»Ich weiß nicht, ob du alles verstehst, was ich dir sage. Außerdem habe ich etwas dagegen, sämtliche Möglichkeiten, die wir besitzen, aufzuzeigen. Wir wären dann hilflos.«
Ion formulierte sorgfältig seine Antwort und nahm eine Zigarette.
»Mädchen«, sagte er, und sie spürte den Ernst seiner Worte, »das war eine überflüssige Bemerkung. Wir haben seit vier Monaten oder mehr hier nicht eine Sekunde lang geschauspielert. Wir waren absolut ehrlich, haben Luft und Wasser und Kaffee mit euch geteilt, haben euch alles über Technik und Kultur der Erde gesagt, was wir selbst wissen, haben euch auf unsere Kosten Bücher, Lesebänder und Vorträge auf Tonträgern herbeifliegen lassen, haben euch mitgenommen, mit euch gelacht und diskutiert, haben um euch gezittert, haben euch unsere Zimmer zur Verfügung gestellt und so weiter. Wir hätten euch auch von ganzem Herzen geliebt, falls du inzwischen begriffen haben solltest, was das heißt ... aber leider wissen wir nicht, wie es anzufangen ist. Peer ärgert sich mehr darüber als ich, weil für ihn blonde Mädchen Statussymbol sind. Und du fürchtest dich, uns zu sagen, was
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