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Die Männer der Raumstation

Die Männer der Raumstation

Titel: Die Männer der Raumstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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verwandeln schien, das gar nicht perfekt war. Yolay begann unruhig zu werden; die Hand in Ions Hand zitterte. Die andere Hand des Mannes tastete sich entlang des Armes aufwärts und erreichte das Haar des Mädchens. Ion strich vorsichtig darüber und spürte, daß Yolay zu weinen schien. Er fragte sich im stillen, ob dies eine Folge der perfekten Nachahmung war oder die zurückgebildeten Anlagen aus der kulturellen Dämmerzeit des Zentralplaneten.
    Er schwieg und hörte weiterhin konzentriert zu.
    Diese Schulung dauerte lange.
    Dann waren die Scouts perfekt. Dann machten sie keinen Fehler mehr, waren aber auch weit davon entfernt, zwei grundlegende Dinge gleichermaßen gut zu machen. Eine Technikerin verstand unter der Malerei nicht mehr als Grafiken, die über eine komplizierte technische Funktionszeichnung hinausging. Dafür war eine Kulturpsychologin dem sicheren Hungertod ausgeliefert, wenn ein Schalter im Raumschiff ausfiel und der Ofen für die Konservennahrung nicht mehr funktionierte. Ein zusätzlicher Kurs in Überlebenstechniken ermöglichte zwar, auf einem Planeten der Eiszeit zu überleben, aber bereits ein Besuch eines Kaufhauses auf Terra würde Yolay vor unüberwindbare Probleme stellen.
    »Du ahnst nicht, Ion«, flüsterte Yolay schließlich, »wie sehr wir uns in der Zeit, die wir hier neben euch Terranern verbracht haben, veränderten. Das, was ich in Freydouns Schiff vollbrachte, hätte ich hundert Tage vorher nicht gekonnt. Sämtliche Dinge, die längst vergessen sind, kommen wieder. Und wir spüren gleichzeitig, daß ...«
    »Peer und ich werden euch helfen, wie und wann ihr uns benötigt«, sagte Ion. »Ich hoffe, daß ich das nicht zu betonen brauche.«
    Sie nickte schweigend und berichtete weiter.
    Sie konnten sich mit Ultraschall verständigen oder Ultraschall hören. Die hochorganisierten Hirne vermochten die Logik von Schallsendungen zu dechiffrieren, vermochten Radarimpulse aufzufangen und zu identifizieren, vermochten sich in völliger Finsternis mit Hilfe der Schallzeichen zu orientieren, vermochten Wut, Haß, Furcht, bestimmte Reaktionen und direkte Informationen, Botschaften und Gedankenbilder zu senden. Sie kannten nicht einmal Probleme der Entfernung, sofern sie nicht mit Lichtjahren rechneten. Dafür wiederum gab es Geräte. Die bisher erforschten Planeten waren längst auf dem Zentralplaneten katalogisiert. Es gab hundert Scoutteams, die sich im All verloren, weil sie nach verschiedenen Richtungen auseinanderstrebten.
    Sie konnten sich verwandeln – in alles, was es gab.
    Sie konnten, entsprechend verwandelt, die Kälte und das Vakuum des Alls aushalten. Sie kannten über zwanzig Sprachen und davon je fünf Dialekte. Sie hatten selbst einen Kode entwickelt, der sie in die Lage versetzte, mit noch nicht hochentwickelten Wesen zu verkehren.
    Sie waren unfähig, einen Fehler zu machen.
    Sie konnten nicht spielen. Alles war entweder Ernst oder bedeutungslos.
    Sie taten nur das, was logisch und errechenbar ist.
    Sie verschütteten keinen Kaffee, verrechneten sich nicht, wichen nicht um den tausendsten Teil einer Bogensekunde vom Kurs ab, bauten keine Bruchlandungen, schrieben keinen Unsinn, aßen nichts Giftiges, schliefen nicht, wenn sie wach bleiben mußten, kratzten sich niemals, weil ihre Haut niemals juckte, gähnten nie, betranken sich niemals, waren nicht anfällig gegen Drogen aller Arten, spürten keinen Schmerz, wenn sie es nicht wollten, und waren todunglücklich.
    Aber erst, seitdem sie Ion und Peer kennengelernt hatten.
    »Es ist furchtbar«, sagte Yolay. »Dabeizustehen, wenn jemand unrasiert ist, gähnt und gleichzeitig raucht, mit müden Augen irgendein Buch liest oder in den Fernsehschirm starrt, schmutzige Fingernägel hat und aus einer Flasche diesen außergewöhnlich guten Alkohol trinkt, irgendwelchen Unsinn spricht über den der andere lacht, ... wir finden uns jedesmal abscheulich steif, unglücklich und wütend darüber, daß wir nicht so sind.«
    »Immerhin hast du zusammen mit Peer eine Menge unserer Schnapsvorräte vernichtet«, warf Ion leise ein. »Wie war der Zustand während und nachher?«
    »Ungewohnt, aber sehr schön«, sagte sie.
    »Du hast auch noch nie neben einem müden Terraner gesessen und über alle diese Probleme gesprochen.«
    »Ich könnte monatelang hier sitzen«, sagte sie.
    »Und weitersprechen?«
    »Ja. Vorausgesetzt, es stört dich nicht.«
    »Du wirst es merken, wenn du mein Schnarchen hörst. Spätestens dann hat der Reiz deiner

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