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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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wollten, sie wären nicht einfach 329
    nur Wachleute, sondern Vernehmungsbeamte der
    Spitzenklasse.
    »Wer? Wer?«
    Es war schwer zu verstehen, was sie meinten.
    »Was? Ich verstehe nicht.«
    Ich zeigte weiter auf mein Handgelenk, aber
    vergeblich. Sie stellten noch mehr Fragen, wobei ihre Halloweengesichter von dem Heizofen zu ihren Füßen beleuchtet wurden, aber ich konnte sie nicht verstehen.
    Einer von ihnen holte noch einen Wachmann dazu. Er sprach recht gut Englisch. Sie hatten ihm offenbar erzählt, daß ich nicht verstand, was sie wollten.
    »Wie heißt du?«
    »Andy.«
    »Kommando, Andy? Tel Aviv?«
    »Britisch.«
    »Britisch. Gascoigne? Stürmer? Fußball?« Er strahlte und schoß mit dem rechten Fuß ein imaginäres Tor.
    Alle Gesichter leuchteten auf, eingeschlossen mein eigenes, obwohl ich nichts von Fußball verstand. Als Kind war ich ein paarmal bei einem Spiel der
    Lokalmannschaft Millwall gewesen, aber damals stand ich rat- und ahnungslos unter den Fans und fragte mich, was die ganze Aufregung sollte. Ich konnte nichts sehen, weil ich zu klein war, und mußte immer daran denken, daß der Eintritt eine Stange Geld gekostet hatte. Einmal war ich abends bei einem Spiel und ging in der Halbzeit nach Hause, weil es so kalt war. Das war auch schon alles, was ich von Fußball mitbekommen hatte und was Fußball mir bedeutete – Erinnerungen an naßkalte,
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    zugige Stehplatzränge. Fußball interessierte mich nicht die Bohne, und jetzt war ich ausgerechnet Gefangener von fußballverrückten Irakern; vielleicht würde Fußball zu meinem Rettungsanker.
    »Liverpool!« sagte er.
    »Chelsea!« sagte ich.
    »Manchester United!«
    »Nottingham Forest!«
    Sie lachten, und ich lachte mit, weil ich so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl herstellen wollte. Es war wie aus dem Lehrbuch, doch sehr viel länger konnte ich es nicht in Gang halten. Meine Kenntnisse waren so gut wie erschöpft.
    »Wie lange werde ich hier sein?« fragte ich auf gut Glück. »Wissen Sie, wie lange ich hier sein werde? Kann ich was zu essen haben?«
    »Keine Probleme. Bobby Moore!«
    Ich entschied mich für eine andere Masche.
    »Mai? Mai?« Ich bat um Wasser. Ich hustete trocken und guckte dabei wie ein junger Hund.
    Einer von ihnen ging hinaus und kam mit einem Glas Wasser zurück. Ich trank es in einem Zug aus und bat um mehr. Sie reagierten genervt, also dankte ich ihnen erneut und beschloß, eine Weile den Mund zu halten.
    Sie waren alle unter zwanzig und hatten noch dünne Schnurrbärte. Sie benahmen sich wie junge Soldaten in jeder anderen Armee, doch zu meiner Überraschung
    waren ihre Uniformen und Waffen gut gepflegt. Ich hatte gedacht, die Iraker wären ein undisziplinierter Haufen, mit schmutziger und schäbiger Ausrüstung. Aber ihre 331
    Umformen waren ordentlich gewaschen und gebügelt
    und die Stiefel blank geputzt. Ihre Waffen waren in einem ausgezeichneten Zustand und gut gewartet. Auch die Gebäude befanden sich in gutem baulichen Zustand und waren makellos sauber. Das war gut; ihre Disziplin gab mir ein gewisses Gefühl der Sicherheit. Es war nicht damit zu rechnen, daß sie mir etwas tun würden, wenn sie nicht den Befehl dazu bekamen. Ich fühlte mich ein wenig beruhigt, daß sie keine Barbaren waren, die nur auf Mord und Totschlag aus waren. Irgend jemand,
    irgendwo, sorgte dafür, daß sie ihre Stiefel putzten und ihre Zimmer aufräumten.
    Außerdem gab es offenbar Mittel und Wege, zu diesen Leuten eine persönliche Beziehung aufzubauen, ein
    Umstand, der mir vielleicht später zugute kommen
    würde. Für sie gab es nicht nur schwarz oder weiß, wie ich es erwartet hatte, wobei ich der Böse und sie die Guten waren. Es gab auch eine Grauzone – so etwas wie gemeinsame Interessen –, die wir anfingen zu erkunden.
    Bislang hatten wir das Interesse für Fußball gemein. Wir unterhielten uns gleichberechtigt, und ich mußte nicht mehr einfach bloß Beschimpfungen, Mißhandlungen und taktische Fragen über mich ergehen lassen. Persönliche Beziehungen, und wenn sie noch so dürftig sind, lassen sich fast immer irgendwie herstellen, und besonders in meiner Situation konnte so etwas nur von Vorteil sein.
    Ich hatte sie dazu veranlaßt, mir Wasser zu bringen, und in dem Austausch war ich tonangebend gewesen. Na
    also, ein bißchen Optimismus konnte doch nicht schaden.
    Mir kam der Gedanke, daß sie vielleicht deshalb
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    freundlich waren, weil jetzt alles, einschließlich der Fragerei, vorüber war. Ich versuchte, an

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