Die Männer von Bravo Two Zero
Als sie ans Ufer wankten, stellten sie fest, daß sie bloß einen Seitenarm durchschwömmen hatten. Sie saßen mitten im Fluß auf einer Landzunge fest, und an dem Ufer, von wo aus sie losgeschwommen waren, wurde geschossen und geschrien, und Taschenlampen leuchteten über das Wasser. Sie suchten Deckung. Die Landzunge konnte von einer Straßensperre auf einer Pontonbrücke etwa 250
Meter entfernt übersehen werden. Es gab keine Deckung; beide Männer schlotterten vor Kälte. Legs erkundete die Gegend, um herauszufinden, wie und wo sie wegkonnten.
Noch immer hörten sie die anderen Gefechte, darunter eins mit einer Minimi, das sehr lange dauerte. Das mußte Bob sein. Dann wurde es still.
Legs fand eine Styroporbox, die sie kaputtbrachen und sich als eine Art Schwimmweste unters Hemd stopften.
Der einzige Weg von der Landzunge war die Brücke, doch da waren feindliche Soldaten, also mußten sie den 408
Strom durchschwimmen.
Sie lagen eine Stunde auf dem Boden und warteten auf eine günstige Gelegenheit. Ihre nasse Kleidung vereiste allmählich; sie mußten sich bewegen. Dinger zögerte. Es hatte ihn bereits Anstrengung genug gekostet, so weit zu kommen, und er bezweifelte, daß er es schaffen würde, den breiten Fluß zu durchschwimmen. Legs drängte ihn.
Sie wateten bis zur Hüfte ins Wasser und schwammen los.
Der Fluß war 500 Meter breit, die Strömung ziemlich stark, und Dinger hatte schon bald Mühe, sich über Wasser zu halten.
»Wir schaffen es, Kumpel«, sagte Legs. »Wir schaffen es.«
Endlich berührte Dinger mit den Füßen den Grund.
»Geschafft«, flüsterte er, während er ans Trockene wankte und sich instinktiv am Ufer weiterbewegte, um nach Feindaktivitäten Ausschau zu halten.
Als er wieder über den Fluß blickte, sah er, daß die Strömung sie etwa anderthalb Kilometer flußabwärts getrieben hatte. Er sah auch, daß Legs noch im Wasser war. Dinger lief zurück zum Ufer und zog ihn heraus.
Legs konnte nicht mehr stehen.
Dinger hatte ungefähr zehn Meter vom Ufer entfernt ein kleines Pumpenhäuschen entdeckt. Er schleppte Legs dorthin und trug ihn hinein. Dinger war inzwischen selbst so müde, daß er zwei Stunden brauchte, um ihm die nassen Sachen auszuziehen.
Bei Tagesanbruch trug Dinger Legs hinaus in die Sonne, ohne sich darum zu kümmern, ob sie entdeckt wurden. Das wichtigste war, daß Legs am Leben blieb.
409
Auf den Feldern tauchten Bauern auf, deshalb mußte Dinger den Verletzten immer wieder in die Hütte schleppen. Er wußte, daß sie über kurz oder lang entdeckt würden. In der Gegend wimmelte es von Soldaten.
Legs lag im Sterben. Dinger mußte eine Entscheidung treffen: Sollte er in dem Versteck bleiben und einfach zusehen, wie Legs starb, oder sollte er ihre Stellung verraten, damit Legs ärztliche Hilfe bekam? Er mußte nicht lange überlegen. Er verließ die Hütte und stand einfach da, bis ein Bauer ihn erblickte.
Dinger lief zurück in die Hütte und schloß die Tür. Der Bauer rannte herbei, verriegelte die Tür und lief mit lautem Geschrei in die Felder. Dinger hatte bereits einen Fluchtweg durch die Rückseite der Hütte vorbereitet.
Legs lag neben dem Generator und atmete schwer.
Dinger sagte ihm, was er vorhatte, und ging. Er wußte nicht, ob Legs ihn verstand. Er hoffte es.
Er lief gerade durch ein ausgetrocknetes Wadi, als ein Einheimischer ihn entdeckte. Kurz darauf waren ganze Gruppen da, 20 oder 30 auf einmal, die auf beiden Seiten parallel zu ihm liefen. Sie fingen an zu schießen. Er wußte, er würde geschnappt werden, doch er rannte weiter. Er hatte noch sein Tuch um den Kopf, das er umgelegt hatte, damit man ihn für einen Araber hielt; als sie ihn schließlich einholten, schlugen sie ihn nieder und banden ihm mit dem Tuch die Hände auf dem Rücken zusammen. Als Dinger aufblickte, sah er, wie einer von ihnen ein Messer zog und Anstalten machte, ihm ein Ohr abzuschneiden.
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Dinger fiel gerade noch rechtzeitig ein, sie auf das Gold an seinem Gürtel hinzuweisen. Für die
Einheimischen war es wie Weihnachten. Sie nahmen ihm den Gürtel ab und fingen an, sich darum zu streiten. Als sie sich wieder beruhigt hatten, führten sie Dinger in die nahegelegene Stadt.
Die Bevölkerung wollte ihn in Stücke reißen. Es fielen mehrere Schüsse, und Dinger dachte schon, sein letztes Stündlein hätte geschlagen. Aber es war eine Gruppe Soldaten, die geschossen hatte; sie kämpften sich durch die Menschenmenge und holten ihn raus. Offenbar war es
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