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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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unserer Flucht war er so gut wie erledigt gewesen, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß sich seine
    Verfassung plötzlich gebessert hatte.
    »Dieser Scheißkerl!« sagte ich. »Ich hab’ ihm noch meine Mütze gegeben.«
    Es ärgerte mich wirklich, daß er noch meine Mütze
    hatte und sie nicht mehr brauchte, weil er tot war.
    »Der Scheißkerl hat immer alle Sachen gekriegt«,
    sagte Dinger. »Ich wette, er hat sich bereits Gottes Anorak unter den Nagel gerissen.«
    Wir waren nicht sicher, was aus Vince und Chris
    geworden war. Da wir annahmen, daß jeder, der noch am Leben war, jetzt bei uns wäre, gingen wir davon aus, daß sie, wie Bob, entweder noch auf der Flucht waren oder tot.
    Die einzige Frage, auf die wir keine Antwort hatten, war, warum man uns zusammengelegt hatte. Was hatte das zu bedeuten? Daß sie unsere Geschichte glaubten?
    Daß sie hofften, wir würden anfangen zu plaudern und sie könnten uns abhören? Am Ende waren wir uns einig, 414
    daß wir keine Zeit und Energie darauf verschwenden wollten, darüber nachzudenken, sondern es einfach
    genießen wollten, zusammen zu sein.

    Das Lärmen des Türriegels am anderen Ende des Ganges sorgte schlagartig dafür, daß wir uns konzentrierten.
    Wieder hallten Schritte auf dem gefliesten Boden, der Schein von Gaslampen drang in die Zelle. Stiefel
    dröhnten gegen die Tür, um sie aufzubekommen. O
    Scheiße, o nein, dachte ich, jetzt werden sie uns wieder trennen.
    Zwei Wachmänner kamen herein. Der erste brachte
    uns einen Krug Wasser, der zweite Wachmann trug zwei dampfende Schüsseln.
    Die Decke, das Wasser, die Suppe – es war wie im
    Ritz. War das schön, vom Zimmerservice so verwöhnt zu werden. Ich überlegte, ob sie wohl so nett wären, mir eine Financial Times zu bringen.
    Wir blickten zu ihnen hoch, die Decke um die
    Schultern, und grinsten wie zwei dankbare Flüchtlinge.
    »Amerikaner?« fragten sie.
    »Nein, Briten.«
    »Tel Aviv?«
    »Nein, Briten. England. London.«
    »Ah, London. Fußball. Manchester United. Fußball.
    Gut.«
    »Ja, Liverpool.«
    »Ah, Liverpool. Bobby Moore! Gut.«
    Wir wechselten kein Wort, bis sich die Tür krachend geschlossen hatte. Dann sah ich Dinger an, und
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    einstimmig murmelten wir »Wichser!« und mußten
    lachen.
    In den Schüsseln war eine heiße Flüssigkeit, die
    irgendwie nach Zwiebeln schmeckte. In dem Krug waren bestimmt zwei Liter Wasser, und es schmeckte besser als Champagner. Theoretisch sollte man sich Zeit lassen und nur kleine Schlucke trinken. In der Praxis, weil du dich nicht darauf verlassen kannst, daß die Scheißkerle nicht jeden Moment reinkommen und dir das Wasser wieder
    abnehmen, bist zu gezwungen, hastig zu trinken. Die große Gefahr dabei ist, daß du am Ende nur eine feuchte Kehle und einen geschwollenen Bauch hast.
    Wir versuchten, uns zu entspannen. Wegen der
    Handschellen mußten wir auf dem Rücken liegen. Wir legten die Decke über uns, und ich starrte nach oben.
    Bald darauf meldete sich meine Nase. Dinger stank, und wie.
    »Deine arme Frau«, sagte ich. »Wenn ich mir
    vorstelle, jede Nacht mit einem Stinker wie dir in einem Bett zu schlafen – als ob man neben einem Grizzlybären pennt.«
    Ein oder zwei Minuten später packte mich ein
    gräßlicher Drang. Das mußte mit den Zwiebeln
    zusammenhängen.
    »Dinger, Kumpel – ich muß mal Aa.«
    Dinger richtete sich halb auf und streckte die Hand in die Luft, damit ich möglichst weit von ihm wegrücken konnte.
    Ich mühte mich ab, die Hose runterzulassen, und
    achtete darauf, daß sich die Handschellen nicht zuzogen.
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    »Verdammt noch mal, beeil dich«, stöhnte er. »Ich
    möchte schlafen.«
    Endlich saß ich in der Hocke und kackte, aber derart dünn, daß ich alles vollspritzte.
    »Oh, verflucht«, sagte Dinger empört. »Ich wohne
    hier, würdest du so was auch bei dir zu Hause machen?«
    Was konnte ich dafür? Es hörte einfach nicht mehr auf.
    »Unmöglich. Ich hab’ schwer dafür arbeiten müssen.
    Du lädst jemanden zu dir ein, servierst ihm ein leckeres Abendessen, und was ist der Dank? Er scheißt dir den teuren Teppich voll.«
    Ich mußte so lachen, daß ich nach hinten in die
    Schweinerei fiel, die ich angerichtet hatte, und mir blieb nichts anderes übrig, als meine Hose wieder
    hochzuziehen und mich hinzulegen. Es war alles andere als angenehm, doch ich hatte einen dreifachen Trost: Es war seine Zelle, nicht meine, ich hatte es an den Beinen warm, und er war als nächster an der Reihe.
    Wir legten die

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