Die Männer von Bravo Two Zero
schickten Pakete an die Soldaten. Darin befanden sich auch Zeichnungen, manche von Sechsjährigen, auf denen der gute Soldat die amerikanische Flagge
schwenkte und der Bösewicht eine irakische. Die Amis hatten einen Massenvorrat an Seife, Zahnpasta,
Schreibmaterial, Kämmen und Deodorants. Es lag
einfach in der Kantine auf den Tischen herum, wo jeder es klauen konnte. Wir hätten uns keinen besseren
Empfang wünschen können, und wir machten es uns
sofort gemütlich, tranken schaumigen Cappuccino und durchsuchten alles auf die Schnelle. Und natürlich ließen wir jede Menge mitgehen.
In den nächsten beiden Tagen gingen wir noch mal
unseren Plan durch. Da wir nun etwas mehr Zeit hatten, konnte man vielleicht noch etwas verbessern. Wir redeten und redeten, aber im großen und ganzen blieb alles beim alten.
Es war sehr frustrierend, dieses Warten, als hockten wir schon in den Startblöcken, und der Starter sei in einen Dornröschenschlafverfallen. Ich freute mich schon auf die Erleichterung, wenn wir endlich an Ort und Stelle landeten.
Wir unterhielten uns mit einem Jaguar-Piloten, dessen Flugzeug seit mehreren Tagen auf dem Flughafen hier 98
festsaß. Schon beim allerersten Einsatz hatte er umkehren müssen, weil ein Dynamo Probleme machte.
»Ich würde gern den Rest des Krieges hier
verbringen«, sagte er. »Die Witze, die ich auf dem Stützpunkt zu hören bekommen werde, sind
wahrscheinlich nicht zum Aushalten.«
Er tat uns richtig leid, denn wir wußten genau, was er meinte.
Am 21. bekamen wir schließlich die Anweisung, uns
für den nächsten Abend bereitzuhalten.
Am Morgen des 22. Januar wurden wir beim ersten
Lichtstrahl wach. Dinger steckte sich sofort eine Fluppe an.
Stan, Dinger und ich lagen unter dem Tarnnetz,
umgeben von unseren Rationen und allen möglichen
Kisten und Plastiksäcken. In der Mitte brannte ein kleines Feuer.
Stan braute noch aus dem warmen Schlafsack heraus
die erste Tasse Tee. Niemand wollte aus den Federn, denn es war empfindlich kühl. Wir tranken unseren Tee im Liegen, schwätzten ein wenig und aßen unsere
Schokolade aus den Rationen. Unser Schönheitsschlaf war durch zwei weitere Scud-Alarme in der Nacht gestört worden. Wir trugen selbst im Schlaf den größten Teil unserer Ausrüstung, aber es war schon sehr ärgerlich, sich die Stiefel, die Jacke und den Helm anziehen zu müssen, um in die Gräben zu rennen. Beide Male mußten wir zehn Minuten bis zur Entwarnung warten.
Dinger öffnete die Folienbeutel mit Würstchen und
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Bohnen und machte sie heiß. Drei oder vier Becher Tee später – bei Dinger entsprach das drei Zigaretten –
stellten wir den BBC-Worldservice an. Gleich, wo man in der Welt auch ist, man erfährt von denen immer eher, was Sache ist, als von allen anderen in der unmittelbaren Umgebung. Bei allen Operationen und Übungen nehmen wir kleine Kurzwellenradios mit, denn wenn man mitten im Dschungel festsitzt, besteht die einzige Verbindung zur Außenwelt aus der BBC und ihrem Worldservice.
Gleich wo, man sieht die Kumpel über ihre Radios
gebeugt sitzen und die Frequenz einstellen. Auch bei diesem Auftrag nahmen wir die Radios mit, weil wir nur so erfahren konnten, ob der Krieg in der Zwischenzeit vielleicht beendet würde. Ansonsten würden wir es nur wissen, wenn wir Funkkontakt herstellten, und das
konnten wir erst am Tag nach Saddams Niederlage. Wir machten uns über Dingers Radio lustig, das von
Bindfäden und Klebeband zusammengehalten wurde.
Alle anderen hatten ein Digitalradio, aber Dinger
schleppte immer noch sein altes Dampfradio mit sich herum, das so kompliziert einzustellen war.
Das Gerücht ging um, an diesem Tag werde es Post
geben, unsere erste Sendung seit der Ankunft in Saudi-Arabien. Es wäre schön, etwas von zu Hause zu hören, ehe wir loszogen. Ich war gerade dabei, mit Jilly
zusammen ein Haus zu kaufen, und mußte ein Formular unterzeichnen, mit dem ich ihr alle Vollmachten
übertrug. Ich hoffte, es würde noch vorher eintreffen, denn die Abwicklung würde für sie ziemlich kompliziert, falls es mich erwischte.
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Der Pilot und der Kopilot kamen zu einer letzten
Unterredung über die Verladung der Ausrüstung zu uns.
Ich ging noch mal die Anweisungen für unterbrochenen Kontakt und die Aktionen bei Zwischenfällen am
Absetzpunkt durch, um ganz sicherzugehen, daß jeder wußte, was zu tun sei.
Wir sprachen mit den beiden Lademeistern, Jungs von gerade 20 Jahren und offensichtlich Fans von
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