Die Männer von Bravo Two Zero
des Ganges und gingen in den Hof. Wir konnten sicher sein, daß sie außer Hörweite waren, sobald wir mitbekamen, daß das letzte Tor geschlossen wurde. Ich ging sofort zu unserer mit dem Reissack verhängten Tür und rief um Hilfe. Wenn ein Wachmann kam, wollte ich einfach sagen, daß einer von uns ernsthaft krank war und Hilfe brauchte.
Wir hörten nichts.
Ich rief: »David! David!«
Wir hörten Rascheln und dann: »Was? Was?«
»Wie lange bist du hier?«
»Ein paar Tage.«
Er sagte, daß er und eine weitere Transporterfahrerin aus Versehen die Grenze passiert hatten und beschossen worden waren. Er war am Bauch verletzt worden, hatte aber keine Ahnung, was aus der Frau geworden war.
»Wer ist in der Zelle weiter unten?« fragte Dinger.
»Ein Pilot der Marines, der heißt Russell.«
»Russell! Russell!«
Er meldete sich, und wir nannten unsere Namen.
»Was habt ihr gehört?« fragte ich.
Russell Sanborn war in 3000 Meter Höhe über Kuwait abgeschossen worden. Er war noch nicht lange im Gefängnis. Offenbar waren wir die einzigen Gefangenen,
und wir wollten bald wieder Kontakt aufnehmen.
Eines Morgens, am 15. oder 16. kamen die Wachen herein, und wir standen wie gewöhnlich auf und lächelten sie an. Es lief mittlerweile ziemlich routinemäßig ab. Wir sagten »Guten Morgen«, und sie sagten »Guten Morgen«, und dann ging einer von uns raus und leerte den Eimer.
An diesem Morgen wurde nicht gelächelt. Die Wachen waren in Begleitung eines jungen Offiziers, der auf mich zeigte und sagte: »Du - du kommst mit mir.«
Er hatte eine weiße Bandage, mit der er mir die Augen verband. Man fesselte mir die Hände mit Handschellen vor dem Körper, und ich bekam eine Decke über den Kopf gelegt. Von Wachen eskortiert, führte der Offizier mich aus dem Gefängnis hinaus. Er hielt mich unter der Decke am Arm fest und zerrte mich weiter. Ich blickte unter meiner Augenbinde hindurch und beobachtete den Boden. Wir gingen durch das Tor, blieben kurz stehen, während er mit jemandem sprach, und setzten unseren Weg fort.
Wir gingen recht schnell, und plötzlich ließ er mich gegen einen Laternenpfahl laufen. Es traf mich völlig unvorbereitet, und ich fiel um. Meine Nase blutete stark. Er fand es urkomisch. Wir gingen in ein Gebäude, ein paar Treppen hoch und in einen Raum. Ich wurde gegen ein Regal gestoßen und aufgefordert, mich mit gekreuzten Beinen hinzusetzen, Gesicht zur Wand. Die Türen schlossen sich. Ich hatte keinen Schimmer, was passieren würde, rechnete aber mit dem Schlimmsten.
Eine Minute später wurden mir die Decke und die Augenbinde heruntergerissen, und ich sollte aufstehen und mich umdrehen.
Ich war in einem Büro. Das Licht war stark und grell. An einer Wand stand ein Stuhl, auf den eine Videokamera gerichtet war, mit einem Mikrofon an einem Galgen. Jetzt wußte ich, warum sie mir nicht mehr ins Gesicht geschlagen hatten.
Ich stand dem Gefängnisdirektor gegenüber. Als er den Zustand meiner Nase sah, machte er den jungen Offizier zur Schnecke. Ich sah ohnehin beschissen aus, so daß eine blutende Nase eigentlich auch nichts mehr ausmachte. Sie führten mich nach nebenan zu einem Waschbecken und wiesen mich an, das Blut abzuwaschen. Ich benutzte die Augenbinde als Waschlappen. Dann gab man mir einen Kamm und einen Spiegel, und ich sollte mir die Haare in Ordnung bringen. Es war hoffnungslos. Mein Haar war zu stark mit altem Blut verklebt.
Es war das erste Mal, daß ich mein Gesicht sah, seit ich den FOB verlassen hatte. Ich sah aus wie Ben Gunn aus Die Schatzinsel, nachdem man ihm eins mit einer Schaufel übergebraten hat. Ich hatte einen total verdreckten Bart, und die Haut schuppte. Mein Mund war verkrustet. Kaum zu glauben, daß sie ein Video von mir machen wollten. Ich säuberte mich notdürftig, damit sie zufrieden waren, aber nicht zu sehr: Ich wollte für mein Publikum nicht wie das blühende Leben aussehen.
Ich saß vor der Kamera und überlegte angestrengt, wie ich signalisieren konnte, daß die Aufnahme gegen meinen Willen gemacht wurde. Es war ratsam, irgend etwas Ungewöhnliches zu machen, während man gefilmt wurde, oder zum Beispiel am Ende mit der linken Hand zu unterschreiben, damit jeder, der die Betroffenen kannte, wußte, daß irgend etwas nicht stimmte.
Ich beschloß, so lange wie möglich meinen rechten Zeigefinger gestreckt zu halten und mir damit ständig das linke Auge zu reiben, unter dem Vorwand, daß mir seit dem Zusammenstoß mit dem Laternenpfahl das Auge weh
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