Die Männer von Bravo Two Zero
Block wußten jetzt, daß noch andere in der Nähe waren, und das brachte sie auf dumme Gedanken.
David rief: »Für einen Hamburger könnte ich glatt jemanden umbringen.«
Ein Wachmann, der zufällig im Waschraum war, bekam das mit, und kurz darauf tobten die Jungs herein. Aber auszubaden hatte es Russell, nicht David. Seine Zelle lag näher am Waschraum, und sie hatten offenbar den falschen Schluß gezogen. Sie nahmen ihn schwer in die Mangel und schleppten ihn in eine Strafzelle. Sie kamen zurück und verabreichten auch David ein paar Schläge, und dann kamen sie zu uns.
Sie waren zu dritt, mit Helmen, und schwangen die Schlagstöcke. Wir begrüßten sie mit einem Blick, der sagte: »Na los, kommt schon.«
Sie wichen zurück und schrien: »Wir stecken euch wieder in Einzelzellen.« Die Drohung war schlimmer, als wenn sie uns Schläge verpaßt hätten.
Wundersamerweise passierte nichts. Wir konnten nur vermuten, daß sie den Vorfall nicht gemeldet hatten, damit nicht rauskam, daß sie gekniffen hatten.
Wir wurden zu einer kleinen Attraktion. Die Wachen ließen Freunde und Honoratioren ins Gefängnis und kehrten großspurig ihre Macht heraus, indem sie ihre Waffen entsicherten und auf uns zielten. Eines Tages kam ein dicker Fettwanst mit seiner Makarow-Pistole herein. Er spannte den Hahn, zielte auf Dinger und drückte ab. Der Hammer schlug auf eine leere Kammer. Die Wachen waren begeistert. Der Fettwanst fing an zu lachen, seine Kumpel fingen an zu lachen, und wir lachten mit. Dann gelang es Dinger irgendwie, aus der Episode seinen Vorteil zu ziehen, so daß für ihn eine Zigarette raussprang. Der Tag war für ihn gerettet.
Jeden Nachmittag betrieben wir weiter unsere Kartenstudien und versuchten, uns sämtliche Details einzuprägen, damit wir uns in etwa orientieren konnten, wenn wir flohen und aus dem bewohnten Gebiet herauskamen. Ich glaube, nach einer Weile waren wir so gut, daß wir nur einen einzigen Wegweiser hätten sehen müssen, um ganz genau sagen zu können, wo wir waren.
Die Kartenstudien nahmen viel Zeit in Anspruch, doch ansonsten saßen wir einfach herum und quatschten. Ich erzählte mehrmals meine Lebensgeschichte, bis die anderen Peckham und meine drei Exfrauen genauso gut kannten wie ich. Stan erzählte von der Zeit, in der er mit seiner Familie in Rhodesien gelebt hatte.
Wir versuchten, Stan die Feinheiten der Punk-Musik nahezubringen. Wir brauchten drei Tage, bis wir den gesamten Text des Jam-Songs »Down in the Tube Station at Midnight« zusammenhatten, und dann versuchten wir, ihn Stan beizubringen. Er gab nach kurzer Zeit auf. »Ich kapier’ diesen britischen Scheiß nicht«, beklagte er sich. »Kennt ihr denn nichts von Rolf Harris?«
Armer Stan. Er hatte den Tick, Essensvorräte zu horten: Selbst wenn er Hunger hatte, legte er sich etwas für schlechtere Zeiten zurück. Er investierte viel Zeit und Einfallsreichtum, damit die Wachen nichts merkten, und dann wurden wir morgens wach und bestanden darauf, daß er mit uns teilte. Wozu sind Freunde schließlich sonst da?
Wir machten auch viel Gymnastik oder untersuchten unsere Wunden. Ich machte mir große Sorgen wegen Karies. Die Wachen spuckten fast immer in unser Essen, und ich bildete mir ein, daß gemeine Iraker-Bakterien zuerst meine Zahnstummel befielen und sich dann nach dem Dominoprinzip einen Zahn nach dem anderen vornahmen.
Wir hielten uns über das korrekte Datum auf dem laufenden, und am 24. war ich besonders deprimiert. Ich mußte daran denken, wie ich den Tag verbracht hätte, wenn ich in England gewesen wäre. Wäre Katie den Tag über bei uns gewesen, oder hätte ich bloß angerufen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren?
Gegen Ende des Monats tauchte der Major immer öfter bei uns auf, meistens kurz vor Sonnenuntergang. Er erzählte uns, wie phantastisch es seit der Revolution sei, Iraker zu sein. Es gebe ein gutes Gesundheitssystem, erklärte er, und jeder bekomme im Alter eine anständige Rente. Dank Saddam sei die Schulausbildung für alle kostenlos, einschließlich Studium - auch wenn man dazu ins Ausland müsse.
»Unsere Kinder lesen Shakespeare in der Schule«, sagte er einmal und zeigte uns eine Ausgabe von Hamlet. »Gestern abend auf dem Weg nach Hause schlug hinter mir eine Bombe ein. Sein oder nicht sein - das liegt allein in Allahs Macht, nicht?«
Keiner von uns sagte etwas, und nach einer Weile murmelte er: »Ihr seht doch, daß ihr hier gut behandelt werdet.«
Das war für uns der bislang
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