Die Männer von Bravo Two Zero
Alarmsirene.
Dinger und ich hatten beide Kopfhörer auf und blickten uns bei den Ausrufen der Besatzung an:
»Schwenk links, schwenk rechts.«
Jetzt brach die Hölle los. Der Hubschrauber machte einige schwerfällige Schwenkbewegungen.
Die Lademeister hüpften herum, schalteten die Taschenlampen ein und drückten auf verschiedene Knöpfe, um die Stanniolstreifen zur Radarstörung abzusetzen.
Die Piloten wußten, wo die meisten Rolands stationiert waren, hatten aber von dieser speziellen Stellung keine Ahnung gehabt. Die Boden-Luft-Rakete hatte uns ausgemacht und die Warnsignale an Bord ausgelöst. Was noch schlimmer war: Wir befanden uns in niedriger Höhe, als wir gesichtet wurden.
Im Glühen der Leuchtstäbe sah ich Dingers Gesichtsausdruck. Bei dem selbstbewußten Geplänkel der Besatzung hatten wir uns alle in einem falschen Gefühl von Sicherheit gewiegt. Jetzt fühlte ich mich wie am Steuer eines Autos, wenn man nur eine Sekunde zur Seite aus dem Fenster guckt und beim Wieder-geradeaus- Blicken erkennt, daß die Lage sich verändert hat und man voll in die Bremsen steigen muß. Ich wußte nicht, ob die Rakete bereits getroffen hatte, uns verfolgte oder was auch immer.
»Scheiße«, sagte Dinger. »Wenn was passiert, will ich das verdammt noch mal nicht auch noch hören.«
Wir schmissen gleichzeitig unsere Kopfhörer auf den Boden. Ich beugte mich vor und rollte mich für den Fall einer Bruchlandung zusammen.
Der Pilot hetzte den Hubschrauber kreuz und quer über den Himmel. Die Triebwerke stöhnten und rebellierten gegen diese Turnübungen.
Dann richtete sich der Chinook wieder auf und flog geradeaus. Der Gesichtsausdruck der Lademeister verriet uns, daß wir noch einmal davongekommen waren.
Ich setzte den Kopfhörer wieder auf und fragte: »Was zum Teufel war das?«
»Vermutlich eine Roland. was weiß ich. Nicht besonders toll, aber für euch ist das in Ordnung. Ihr braucht ja nicht die gleiche Strecke zurückzufliegen.«
Ich wollte nur raus aus diesem Hubschrauber und mein Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen. Es ist ja ganz nett, irgendwohin gebracht zu werden, aber doch nicht so. Und vorbei war es auch noch nicht. Wenn die Irakis auf dem Boden eine Ortung meldeten, konnten als nächstes die Flugzeuge hinter uns her sein. Niemand wußte, ob die Irakis ihre Flugzeuge überhaupt in die Luft bekamen oder Nachtflugkapazität hatten, aber man mußte immer mit dem Schlimmsten rechnen. Ich schwitzte wie ein Tier.
Eine halbe Stunde später gab uns der Pilot zwei Minuten Vorwarnung zur Landung. Ich machte den Jungs das V-Zeichen, das gleiche Zeichen wie für einen Fallschirmabsprung. Der hintere Lademeister begann die Gurte zu öffnen, mit denen das Gepäck befestigt war. Mit der rotglühenden Mikrotaschenlampe im Mund sah er aus wie der Leibhaftige.
Vier aus unserem Trupp hatten 203 er, das amerikanische M16-Armalite -Gewehr mit einem Granatwerfer für 40- mm-Granaten, die aussehen wie große, stumpfe Kugeln. Die anderen hatten Minimis , ein leichtes Maschinengewehr. Für unsere Zwecke ist das Armalite die bessere Waffe im Vergleich zum neuen SA80 der Armee. Es ist leichter und sehr leicht zu reinigen und zu warten. Es ist eine gute, praktische Waffe, die seit den Tagen des Vietnamkriegs in verschiedenen Versionen im Umlauf ist. Das Regiment probierte das SA80 beim
Dschungeltraining aus, als es noch neu war. Man stellte fest, daß es für diese Zwecke nicht sonderlich geeignet war. Beim M16 ist alles schlicht und einfach, und es gibt keine kleinen Teile, die hervorstehen oder verlorengehen können. Die Sicherung ist sehr einfach und kann mit dem Daumen betätigt werden. Beim SA80 braucht man dazu den Abzugsfinger, und das ist Wahnsinn. In einer riskanten Situation kann man beim M16 den Hahn leicht mit dem Daumen spannen, und der Zeigefinger liegt immer noch am Drücker. Wenn zudem die Sicherung beim M16 auf Automatik steht, weiß man, es ist schußbereit. Das bedeutet, es ist gespannt und hat Patronen in der Kammer. Man sieht immer wieder Leute auf Patrouille, die mit dem Daumen die Sicherung checken. Ein unabsichtlicher Schuß in Hörweite des Feindes wäre schließlich das letzte.
Das M16 hat einen sehr leisen Sicherungshebel - noch ein Vorteil, wenn man auf Streife ist. Es hat keine Teile, die leicht Rost ansetzen. Wenn Gewehre Autos wären, dann hat die Armee sich statt für einen Allrad-Sierra von Ford - gut, zuverlässig, erprobt und mit Fahrkomfort - beim SA80 für einen Rolls-Royce
Weitere Kostenlose Bücher