Die Männer von Bravo Two Zero
her, teilten ihnen die wunderbare Neuigkeit mit und marschierten weiter. Wir waren bloß ein paar Minuten stehengeblieben, aber es war besser, sich zu bewegen. Es war bitterkalt, und ein starker Wind pustete uns die Kälte tief in die Knochen.
Über uns lag eine dichte Wolkendecke, und die Nacht war pechschwarz. Wir konnten keine Hand vor Augen sehen. Das einzig Gute war, daß es so viel schwerer war, uns zu finden. Man hörte immer noch vereinzelte Fahrzeuge, aber in weiter Ferne. Wir hatten sie gut hinter uns gelassen, und ich wurde schon fast wieder etwas zuversichtlich.
Rasch legten wir anhand des Kompasses die 15 Kilometer nach Westen zurück. Der Boden war so flach hier, daß wir eine irakische Truppe schon lange vorher ausmachen würden. Es ging jedoch um die richtige Balance zwischen Tempo und Aufmerksamkeit.
Jede Stunde rasteten wir fünf Minuten lang. Das entsprach der Dienstvorschrift für eine Patrouille. Wenn man ständig weitermarschiert, verbraucht man zu schnell seine Kräfte und erreicht am Ende nicht, was man will. Daher hält man an, setzt sich, ruht sich aus, trinkt Wasser. Überprüft alles, entspannt sich und geht dann weiter. Es war allerdings eiskalt, und bei jedem Halt zitterte ich unkontrollierbar.
Eine dieser Fünf-Minuten-Pausen machten wir nach dieser 15-Kilometer-Strecke. Wir nahmen eine Orientierungspeilung mit dem Magellan vor. Ich entschied, daß wir aufgrund der Zeitknappheit nun nach Norden gehen mußten, um die MSR vor der Dämmerung zu überqueren.
»Wir müssen über diese Straße«, sagte ich. »Danach geht es schnurstracks nach Nordwesten in Richtung Syrien.«
Wir waren weitere 10 Kilometer gelaufen, als ich
Lücken in unserer Reihe entdeckte. Wir gingen bestimmt langsamer als am Anfang. Es gab wohl ein Problem. Ich hielt den Trupp an und ließ alle aufrücken.
Vince humpelte.
»Alles in Ordnung, Kumpel?« fragte ich.
»Yeah, ich hab’ mir das Bein bei den Schießereien verletzt, und das macht mir jetzt doch zu schaffen.«
Ziel unserer Operation war, alle wohlbehalten über die Grenze zu bringen, Vince war offensichtlich verletzt. Wir mußten von jetzt an bei allen Überlegungen und Planungen berücksichtigen, daß er Probleme hatte. Ich wollte nichts von dieser Scheißparole hören: »Ach es geht schon, machen wir nur weiter«, denn wenn man den Macho spielt und die anderen über seine Verwundungen im unklaren läßt, gefährdet man den ganzen Trupp. Wenn die anderen keine Ahnung haben, können sie ihre Planung nicht anpassen und das bei künftigen Eventualitäten nicht berücksichtigen.
»Wie bist du verletzt?« fragte Dinger.
»Es tut einfach schweinisch weh. Aber ich glaube nicht, daß es gebrochen ist. Es blutet auch nicht, aber es ist geschwollen. Ich kann nicht sehr schnell gehen.«
»Okay. Wir halten hier an und kümmern uns drum«, sagte ich. Ich zog meine wollene Pudelmütze aus dem Hemd und setzte sie auf. Dann sah ich, wie Vince sein Bein massierte. Er ärgerte sich offenbar über sich selbst, weil er verletzt war.
»Stan geht’s auch Scheiße«, sagte Bob zu mir.
Dinger und Mark hatten ihm bisher geholfen. Sie legten ihn nun auf den Boden. Es ging ihm schlecht. Er wußte das, und er war frustriert.
»Was zum Teufel ist los?« fragte ich und setzte ihm meine Mütze auf.
»Ich geh’ auf dem Zahnfleisch, Junge. Ich sterbe hier.«
Chris war der erfahrenste Mediziner des Trupps. Er untersuchte Stan, und ihm wurde klar, daß dieser bereits bedrohlich ausgetrocknet war.
»Wir müssen ihm so rasch wie möglich Flüssigkeit eintrichtern.«
Chris riß die beiden Beutel mit Elektrolysepulver aus Stans Gürteltaschen und kippte sie in dessen Wasserflasche. Stan nahm mehrere tiefe Züge.
»Stan, Junge«, sagte ich. »Dir ist doch klar, daß wir weitermüssen?«
»Yeah, ich weiß. Nur eine Minute. Und gib mir mehr von diesem Zeugs, dann geht’s schon wieder. Es ist diese verfluchte Helli-Hansen-Unterwäsche. Ich hatte darin geschlafen, als wir entdeckt wurden.«
Dehydratation gibt es unter den verschiedensten klimatischen Bedingungen. Sie kommt im tiefsten arktischen Winter ebenso vor wie mitten am Tag in der Sahara. Körperliche Anstrengung produziert Schweiß, auch bei Kälte. Und die Dunstwolken, die wir beim Ausatmen sehen, bestehen aus weiterer kostbarer Flüssigkeit, die dem Körper verlorengeht. Durst ist ein unzuverlässiges Anzeichen für Dehydratation. Das Problem ist, daß ein paar Schluck den Durst löschen, aber den Wassermangel im
Weitere Kostenlose Bücher