Die Maetresse bis Martini
früher und ritt wie der Teufel durch die kahlen Wälder, dass sein Vater über ihn verzweifelte. Karl verbrachte mehr Zeit mit seinen Freunden, mit Regierungsgeschäften und Wohltätigkeit als mit seiner Ehefrau. Bei offiziellen Anlässen war er so lange in ihrer Nähe, bis er ohne sie verschwinden konnte. Denn Barbara repräsentierte Hochheim grauenhaft und so sorgte Fürstin Antonia unauffällig dafür, dass ihre Schwiegertochter in ihren Räumen blieb oder mit unwichtigen Missionen betraut wurde, die sie vom Hof fernhielten.
Mit jedem Tag schien es schlimmer zu werden mit den jungen Eheleuten. Sie hatten nichts gemeinsam und sich zudem nichts zu sagen. Fürst Friedrich hatte sich Kinder aus der dynastischen Verbindung erhofft, sah aber, welchen unglaublichen Fehler er gemacht hatte. Wie gern hätte er sich bei seinem Sohn entschuldigt. Doch der war unnahbar. Anna sah Karl und Friedrich die inneren Verletzungen an, schwieg aber taktvoll darüber. Die Zeit würde den großen Riss in Karls Herz flicken, hoffte sie, obwohl er Tag für Tag mehr unter dem Verschwinden von Katharina litt.
Das neue Jahr brachte Schnee und Eis und schien Karls Herz fest in seinem kalten Griff zu haben. Aus dem lebenslustigen Mann war ein berechnender, zynischer Adeliger geworden, der Frauen benutzte und wegwarf. Die Damen der Hofgesellschaft klatschten häufiger über ihn, weil ihn alles rasch zu langweilen schien. Immer wahlloser wurden seine Bettgeschichten, bis ihn Anna selbst beiseite nahm und ihn bat, mehr Rücksicht auf Hochheim zu nehmen.
„Du bist der Erbe, nicht der dritte Sohn.“, redete sie ihm ins Gewissen, obwohl er mit seinen Gedanken beim Trinken war. „Deine Eltern wollen stolz auf dich sein.“
„Die wollen einen Erben, worum ich mich bemühe. Aber sie ekelt mich an mit ihrem Geheule und ihrer dummen Plapperei. Mein Gott, hätte man mir nicht eine mit Hirn verkaufen können? Ich bin doch nur der Zuchtbulle im Haus.“
„Karl, du vergisst dich!“ Anna war entsetzt. „Denk an die Zukunft.“
„Meine ist vorbei.“ Karl sah sie mit trüben Augen an und küsste ihr formvollendet die Hand. „Erst wenn ich Katharina zurück habe, bin ich wieder ich selbst.“
„Du liebst sie.“, stellte Anna verwundert fest. „Du liebst sie aufrichtig und wahrhaftig.“
Karl nickte: „Mein Herz gehört ihr und es vergeht keine Nacht, in der ich sie bei mir wünsche. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und ihr sagen, wie viel sie mir bedeutet. Ohne sie bin ich ein halber Mensch. Sieh dir doch meine so genannte Ehefrau an! Sie ist adelig, hat Geld und Gut und reicht meiner Katharina nicht das Wasser! Mit ihr soll ich Kinder haben und Hochheim weiterführen. Wie soll das gehen, wenn sie heult, sobald ich sie kritisiere?“
„Vielleicht solltest du ein wenig taktvoller sein.“, schlug Anna vor. „Sie ist noch jung und muss noch viel lernen. In ein, zwei Jahren ist sie so weit, dass sie-“
„So ein Unsinn!“, unterbrach Karl sie empört. „Barbara ist dumm wie Bohnenstroh, hässlich wie die Nacht finster und wird nie eine gute Fürstin sein. Ich bin höflich gewesen, habe sie zum Reiten und Tanzen aufgefordert. Aber sie interessiert sich nur für Perücken, Süßigkeiten und Klatsch. Mit Katharina konnte ich stundenlang debattieren – über Gott und die Welt. Und sie hat nicht gleich losgeheult, wenn ich laut geworden bin.“
„Nein“ Auch Anna schwelgte in Erinnerungen. „Sie hat dir ordentlich Kontra gegeben. Sie war herrlich, wenn sie wütend war.“
„Und leidenschaftlich.“, gab Karl leise zu, dass Anna kaum ihren Ohren traute. „Katharina hat es genossen zu streiten und sich dann mit mir zu versöhnen. Sie hat sich mir nicht ein einziges Mal verweigert, sondern mir jeden Kuss zurückgegeben. Ach Anna, sie fehlt mir.“
Anna war erschüttert, wie sehr Karl an seiner Mätresse hing und wie schlecht es um die Ehe zwischen Barbara und ihm stand. Wenn sie das nur früher gewusst hätte! Vielleicht war ja eine Aufhebung noch möglich! Anna musste bald mit Friedrich darüber sprechen. Wenn er seine Familie und Hochheim retten wollte, war es höchste Zeit.
Als Anna sah, mit welch hängenden Schultern Karl aus ihrem Zimmer schlich, begann sie zu weinen. Das hatte er nicht verdient! Weder eine schlechte Ehe noch eine Liebe, die so unendlich war, dass jeder Schritt schmerzte. Nach einer Weile hatte sie sich beruhigt und läutete nach ihrer Zofe. Wenn sie Friedrich überzeugen wollte, brauchte sie
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