Die Maetresse des Kaisers
war er derjenige, der am ehesten Manfreds Frage beantworten konnte.
»Nun«, begann Wolfelin, »es fehlt immer noch ein Teil der Mitgift, und da die Ehe bereits vor drei Jahren geschlossen wurde, empfindet Heinrich dies als unzulässige Verzögerung.«
»Und Trennungsgrund?«, hakte der Herzog von Bayern nach.
»So ist es.«
»Der König ist ein Narr«, ereiferte sich der Herzog. »Sollte er Leopold von Österreich diesen Unfug offiziell mitteilen, kann ich mit meinen Bayern in den Krieg ziehen. Und danach steht mir bei weitem nicht der Sinn. Höchste Zeit, dass jemand Heinrich zur Vernunft bringt. Und wenn er nicht auf uns hört, dann müssen wir eben den Kaiser zu Hilfe rufen. Sein Vater hätte ihm sowieso beizeiten Gehorsam beibringen sollen. Jetzt glaubt der Junge, erwachsen zu sein und ein Königreich regieren zu können. Lächerlich. Ohne Wolfelin könnte er nicht mal diese Pfalz beherrschen. Ich schlage Heinrichs unerhörtes Ansinnen daher rundherum ab.«
Der Herzog erwartete Beifall und sah in die Runde. Die meisten Männer nickten ihm zu. Nur Abt Konrad wiegte den Kopf.
»Mir scheint, Ihr urteilt doch recht vorschnell. Kaiser Friedrich ist, wie wir alle wissen, weit weg und vielleicht auf Jahre nicht in Deutschland zu erwarten. Ist es nicht besser, Heinrichs Position zu stärken, statt zu schwächen?«
»Ihr meint also, wir sollen uns von einem Mann, der jedes politische Geschick vermissen lässt, vor den Karren spannen lassen? Ich halte es für mehr als wagemutig, den Kaiser zu erzürnen. Und auch wenn seine Kräfte vorerst noch im Heiligen Land gebunden sind, Friedrich verzeiht keinen Ungehorsam.« Der Bayer sah Wolfelin beschwörend an. »Gerade Ihr müsst dem Kaiser dankbar sein. Nur durch seine Protektion seid Ihr das geworden, was Ihr seid.«
Manfred, der die ganze Debatte lieber auf kleiner Flamme köcheln lassen wollte, schlug vor, sich zu vertagen. Doch der Burgvogt schüttelte bedauernd den Kopf.
»Es hat keinen Sinn, eine Entscheidung aufzuschieben. Der König will uns auf seiner Seite.«
Der Herzog von Bayern erhob sich. »Meine Aufgabe ist hiermit beendet. Ratet dem törichten König, was immer Ihr wollt. Meine Gefolgschaft richtet sich nicht nach dem Wind. Ich war ein Mann des Kaisers, und ich werde einer bleiben. Und ich sage Euch, dass nur der Kaiser selbst seinen Sohn in die Schranken weisen kann.« Mit diesen Worten verließ Ludwig von Bayern die Versammlung und schlug die Tür hinter sich zu.
Manfred blickte zu Wolfelin und dachte an die Ungereimtheiten, die er in den Verwaltungsbüchern der Pfalz festgestellt hatte. Eigentlich, sagte er sich, konnte es nicht im Sinne des Burgvogts sein, wenn der Kaiser sich allzu sehr um die deutschen Belange kümmerte. Heinrich war der ideale König für die Machenschaften persönlicher Ziele der einzelnen Fürsten.
Als der Burgvogt die Versammlung aufhob und die Männer schweigend den Saal verließen, schwor sich Manfred, von nun an noch vorsichtiger zu taktieren. Der König war ein Idiot, und jedermann wusste es. Hier ging es lediglich darum, sich die beste Ausgangsposition für den Konflikt zwischen Vater und Sohn zu schaffen. Denn dass Friedrich nach Deutschland reisen würde, sobald er das Heilige Land befriedet hatte, war allen, die ihren Verstand beisammen hatten, klar. Die Frage war nur: Wie lange würde der Kaiser in Palästina bleiben?
A n einem herrlichen Septembernachmittag des Jahres 1228 saß Papst Gregor in seinem Lieblingsstuhl mit hoher Lehne, rückte das Kissen in seinem Rücken in eine bequeme Position und konzentrierte sich wieder auf die Heilige Schrift. Er war bester Laune, denn Kaiser Friedrich, sein ärgster Feind, hatte das Königreich Sizilien nahezu schutzlos zurückgelassen und beschäftigte sich in Palästina mit endlosen Verhandlungen über die Stätten der Christenheit. »Feiges Anbiedern an die Muslime« nannte der Papst den Versuch des Kaisers, einen Kreuzzug mit diplomatischen Mitteln und möglichst ohne Blutvergießen zu führen. Das politische Taktieren des Kaisers würde nichts bringen, da war sich Gregor ganz sicher. Andererseits konnte Friedrich ruhig noch eine Weile in Palästina bleiben, umso größer waren die Chancen, ihm in seinem eigenen Königreich eine vernichtende Niederlage beizubringen.
»Auge um Auge, Zahn um Zahn«, murmelte Gregor.
Seine tägliche Bibellektüre, die sonst Ruhe und Frieden in seine Gedanken brachte, war heute nicht das geeignete Mittel, ihn demütig zu stimmen. Er klappte
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