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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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barer Münze entlohnt wurden, fand Manfred ungewöhnlich, doch nach den neuen Vorschriften des Kaisers sollten die Ritter Geld und nicht Land erhalten. Und dann mussten natürlich König Heinrichs Ausgaben beglichen werden. Ein Posten, der, wie Manfred ausgerechnet hatte, langsam kritisch wurde. Heinrich führte für seine jungen Jahre ein ausschweifendes Leben. Große Jagdgesellschaften, die den Bauern die Felder verwüsteten, überbordende Feste mit Gästen, deren Ruf zuweilen untadelig war, sowie Heinrichs Neigung, sich unablässig neu zu verlieben und seinen Angebeteten teure Geschmeide zu schenken, kosteten ein Vermögen.
    Es war nur Wolfelins Geschick zu verdanken, dass die Städte rund um Haguenau zu blühenden Marktflecken herangewachsen waren und immer wieder neue Einnahmen in die Kassen der Pfalz spülten.
    Trotzdem fragte sich Manfred, wo eigentlich die Überschüsse blieben. Den Büchern zufolge erwirtschafteten sie immer noch mehr, als sie verbrauchten, und irgendwo musste Wolfelin das Geld verwahren. Sollte der Kaiser, was allerdings unwahrscheinlich war, denn immerhin befand sich Friedrich nach wie vor im Heiligen Land und damit weit weg von Haguenau, einmal Kassensturz verlangen, so war Manfred ganz und gar nicht klar, wie sie das bewerkstelligen sollten. Denn was nutzte eine saubere Rechnung auf dem Papier ohne den Gegenwert in klingender Münze?
    Manfred hatte sich vorgenommen, lieber zweimal zu rechnen, als einmal etwas zu übersehen, und diese Sorgfalt hatte ihm die Aufmerksamkeit und den Respekt des Burgvogts eingebracht – und damit auch wachsende Verantwortlichkeiten, die ihm eher lästig waren.
    Doch gerade dank seiner peniblen Arbeit war in ihm der Verdacht entstanden, irgendjemand in einer führenden Stellung in der Pfalz könnte in die eigene Tasche arbeiten. Selbstverständlich behielt er seine Mutmaßungen für sich, da er weder wusste, ob seine Ahnung auf Tatsachen beruhte, noch irgendeine Idee hatte, um wen es sich handeln könnte. Das Geflecht aus Freund- und Feindschaften in Haguenau war viel zu kompliziert, um es in den wenigen Monaten, die er sich im Elsass aufhielt, zu erkennen, geschweige denn zu durchschauen. Und falls Wolfelin höchstpersönlich dahintersteckte, war die Gefahr, sich die Finger zu verbrennen, noch viel größer.
    Der Burgvogt hatte für den heutigen Nachmittag zu einer Unterredung gebeten, und Manfred fürchtete eine dieser nicht enden wollenden Sitzungen mit Heinrichs diversen Beratern. Der Kaiser hatte seinem Sohn eine Reihe von erfahrenen älteren Männern zur Seite gestellt, die ihre Aufgabe sicher auch zu Friedrichs Zufriedenheit ausführen würden – wenn der junge König denn auf sie hören würde.
    Leider hatte Heinrich seinen eigenen Kopf, der ihm immer häufiger zu Torheiten riet, die man ihm nur schwer wieder ausreden konnte.
    Manfred beschloss, sich für heute nicht weiter mit Zahlen zu beschäftigen, zumal es Zeit war, den großen Rittersaal aufzusuchen, in dem der Burgvogt mit Vorliebe die Berater des Königs bewirten ließ. Er hatte nur mit wenigen Männern gerechnet, zählte aber überrascht mindestens zwanzig von ihnen, darunter auch einige, deren gespanntes Verhältnis zum jungen König bekannt war.
    Er setzte sich in der Nähe der Stirnseite des Tisches, dort, wo Wolfelin den Vorsitz übernehmen würde. Da Manfred so gut in die Finanzen der Pfalz eingeweiht war wie höchstens der Burgvogt selbst, war es nicht ungewöhnlich, dass er in einer Reihe mit den deutschen Baronen und Fürsten Platz nehmen durfte.
    »Meine Freunde«, eröffnete Wolfelin die Versammlung, »wir sind heute hier zusammengekommen, um auf Wunsch des Königs eine Angelegenheit zu besprechen, die äußerst delikat, um nicht zu sagen heikel ist.«
    Manfred sah sich erstaunt um, traf aber nur auf ebenso verwunderte Blicke in der Runde.
    »König Heinrich«, fuhr Wolfelin fort, »hat mich beauftragt, die Meinungen der Männer an diesem Tisch einzuholen.« Wieder machte er eine Pause, und es entstand eine angespannte Stille. Der Burgvogt räusperte sich. »Die Sache verhält sich so: König Heinrich, mit dessen Erziehung und Beratung sein Vater, Kaiser Friedrich, uns alle, oder zumindest die meisten von uns, persönlich betraut hat, ist im Begriff, einen folgenschweren Entschluss zu fassen.«
    Manfred verdrehte die Augen. Herr im Himmel, wann kam der Burgvogt endlich zum Wesentlichen. So umständlich, wie er sich dem Thema näherte, schien es sich um ein ganz besonders

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