Die Maetresse des Kaisers
kompliziertes Problem zu handeln. Was konnte das sein? Manfred traute dem König eine Menge Unfug zu, hielt ihn in seinem Leichtsinn sogar für fähig, gegen einen anderen Fürsten ins Feld zu ziehen oder eigenmächtig eine Auseinandersetzung mit dem Bischof von Straßburg zu beginnen. Aber mit dem, was Wolfelin jetzt sagte, hatte er nicht gerechnet.
»Tja, edle Herren, wie soll ich es sagen? Ich mache es kurz: Der König beabsichtigt, seine Ehe mit der Königin Margarethe für null und nichtig zu erklären.«
In dem Wortgewitter, das jetzt losbrach, konnte Manfred die einzelnen Stimmen nicht mehr unterscheiden. Alles schrie und brüllte durcheinander, einer der Männer schlug unablässig mit der Faust auf den Tisch, und nur Manfred saß da wie einer, der an dem ganzen aufgeregten Geschehen unbeteiligt war.
»Unerhört«, rief jemand, ein anderer sah gar schon Krieg zwischen dem deutschen König und Leopold von Österreich, dem Vater von Margarethe. Der Tumult ließ keine Debatte über die Pläne des Königs zu, und Wolfelin bemühte sich nach Kräften, wieder Ruhe in den Saal zu bringen.
Der König wollte sich also von seiner Frau trennen – eine jugendliche Ungezogenheit, die der Kaiser mit Sicherheit nicht durchgehen lassen würde. In Manfred keimten unangenehme Erinnerungen an seinen eigenen Streit mit seiner Schwester Bianca über die Ehepläne, die er für sie ersonnen hatte. Im Juli des vergangenen Jahres hatte die Tragödie seiner Familie ihren Anfang genommen, und auch Bianca war damals erst siebzehn Jahre alt gewesen – wie König Heinrich.
Da die Empörung und der Lärm der Männer nicht nachließen, befand Manfred, dass es höchste Zeit sei, mit drastischeren Mitteln für Ordnung zu sorgen. Er sah sich im Raum um, erhob sich, ohne dass jemand auf ihn geachtet hätte, nahm den tönernen Wasserkrug vom Tisch und ließ ihn mit unbewegter Miene auf den Boden fallen. Durch den Aufprall zerschellte der schwere Krug, und der Inhalt ergoss sich über den Steinboden. Auf einen Schlag hatte er die Aufmerksamkeit im Saal.
»Edle Herren«, sagte Manfred, »ist es nicht besser, in Ruhe zu beraten?«
Die Männer sahen sich betreten an und stimmten Manfred zu. Als alle wieder auf ihren Plätzen saßen, bat Herzog Ludwig von Bayern um das Wort.
»Jeder hier weiß«, begann er, »dass ein Ansinnen, wie es der König hegt, ganz und gar unmöglich ist. Die Ehe mit Margarethe ist auf Geheiß seines Vaters, Kaiser Friedrichs, geschlossen worden. Wir wissen zwar, dass dem Kaiser eine Heirat seines Sohnes mit einer französischen Prinzessin lieber gewesen wäre, aber so, wie es nun ist, muss es auch bleiben. Eine Trennung würde nicht nur zu schweren diplomatischen Verwicklungen, sondern auch zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn führen.«
Manfred sah, dass die anderen dem Herzog zustimmten.
»Richtig«, meldete sich Wolfelin zu Wort. »Und ein Zerwürfnis zwischen Kaiser und König muss um jeden Preis vermieden werden, allein schon, um Heinrich vor dem Zorn seines Vaters zu schützen.«
Dem entgegnete Konrad, Abt des Klosters St. Gallen: »Ich denke, Ihr malt das Bild von Vater und Sohn zu düster. Heinrich ist von seinem Vater eingesetzt worden, Deutschland zu regieren. Aus verständlichen Gründen muss er da auch eigene Entscheidungen treffen können.«
»Aber doch nicht flüchtige Ideen, die auf einer Laune des Augenblicks beruhen«, empörte sich der Herzog von Bayern. »Und gerade Ihr als Mann der Kirche könnt doch wohl das törichte Ansinnen, sich von Margarethe zu trennen, nicht gutheißen.«
»Nun«, beschwichtigte Wolfelin, »noch ist kein Entschluss gefallen. Der König hat um unsere Meinung gebeten. Es liegt in unseren Händen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.«
»Das liegt ja nicht mal in Gottes Hand«, schnaubte der Bayer. »Stur und eitel, wie der König ist, nimmt er doch keinen noch so klugen Rat an.«
Manfred räusperte sich und meldete sich zu Wort. »Es steht mir vielleicht nicht an zu sprechen, denn immerhin bin ich keiner der Berater des Königs, sondern nur Verwalter der Finanzen, aber eine Frage geht mir die ganze Zeit durch den Kopf, und ich bitte um Erlaubnis, sie zu stellen.«
Die Männer nickten, und Manfred fuhr fort: »Hat der König einen Grund genannt, warum er sich von seiner Frau trennen will? Wenn ja, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, ihn davon abzubringen.«
Alle Augen richteten sich auf Wolfelin. Als Burgvogt und Vorsitzender dieser Versammlung
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