Die Maetresse des Kaisers
wie Ihr wollt. Es wird Friedrich lehren, nie wieder gegen die Befehle der Heiligen Kirche zu verstoßen.«
»Er wird zurückkommen«, wandte Johann ein.
»Ja, er wird zurückkommen«, bestätigte der Papst. »Und damit ist der Kreuzzug gescheitert.«
»Ein kluger Schachzug.«
»Das ist erst der Anfang. Wenn Ihr siegreich seid, werde ich den Kaiser absetzen.«
Johann von Brienne starrte Papst Gregor an und lächelte.
»Er soll also sein Land und seine Krone verlieren.«
»Das ist die Strafe des Herrn.«
Als sein Besucher den Raum verlassen hatte, rief Papst Gregor gutgelaunt nach einer der Nonnen, die ihn bedienten.
»Bring einen Becher Wein, von dem besten. Und schick mir den Templer.«
Während er wartete, rieb sich Gregor vergnügt die Hände. Die Welt würde eine andere werden, denn er hatte soeben das Ende des Kaisers eingeläutet.
S ie hatte ihr kostbares Seidenkleid gegen ein einfaches Gewand aus leichtem Leinen getauscht, die Haare in der Mitte gescheitelt und zu einem langen Zopf gebunden. Ihren Schmuck hatte sie abgelegt und die bestickten Schuhe aus feinstem Ziegenleder gegen grobe Holzsandalen ausgewechselt. Sie wollte endlich einen Blick in die kaiserlichen Ställe werfen, die Rennkamele des Sultans bestaunen, die edlen Pferde und natürlich das ungewöhnlichste Tier von allen, den Elefanten.
Der Kaiser hatte ihr mehrere persönliche Dienerinnen zugeteilt und ihr die Erlaubnis gegeben, sich in der Residenz ungehindert zu bewegen. Bianca genoss ihre wiedergewonnene Freiheit und war deshalb selten in ihrem Zimmer anzutreffen. Doch noch nie hatte sie die Möglichkeit gehabt, die exotischen Tiere, die al-Kamil dem Kaiser geschenkt hatte, zu sehen.
Sie vermisste eine Freundin, mit der sie über das, was ihr Inneres bewegte, hätte sprechen können. Zamira vielleicht, denn die Favoritin des Sultans kannte sich bestens aus, wenn es um die Höhen und Tiefen der Liebe ging. Andererseits glaubte Bianca nicht, dass Zamira jemals das für einen Mann empfunden hatte, was sie für Friedrich fühlte.
Tag und Nacht beherrschte er ihre Gedanken. Sie spürte seine Gegenwart, bevor er einen Raum betrat. Wenn er ihre Hand hielt, war sie geborgen. Es war ihr sogar egal, mutterseelenallein in Akkon gestrandet zu sein. Wenn sie seinen Charakter einem Fremden beschreiben müsste, würde sie sagen, dass der Kaiser ein kluger, gütiger, gerechter Monarch sei. Einer Freundin würde sie erzählen, dass Friedrich ein gutaussehender Mann sei, charmant, zuvorkommend und mit einer großen Anziehungskraft auf Frauen. Und nur vor sich selbst gab sie zu, dass dieser Mann ihre Seele berührte, wie kein anderer Mensch es jemals getan hatte und – so vermutete sie – auch niemals tun würde.
Wenn sich so die Liebe anfühlt, dachte Bianca, dann ist sie Himmel und Hölle zugleich. Denn so berauschend ihre Gefühle waren, wenn der Kaiser sie anlächelte und sie berührte, so einsam und verlassen fühlte sie sich, wenn er nicht bei ihr war. Würde ihr der Engel, der ihr schon so oft im Traum erschienen war, einen Wunsch gewähren, so würde sie sagen: Lass mich für alle Zeiten bei ihm bleiben, und lass nichts geschehen, was uns trennen könnte.
Wenn sie nachts mit offenen Augen träumte, dann stellte sie sich vor, an Friedrichs Seite zu leben, jeden einzelnen Tag mit ihm zu verbringen, nachts neben ihm einzuschlafen und morgens mit ihm zu erwachen. Sie wollte ihm den Schlaf von den Augen küssen und so dicht neben ihm liegen, dass sie wie zwei Hälften waren, die zu einem Ganzen verschmolzen. Und manche ihrer Phantasien waren so voller Lust und Leidenschaft, dass sie errötete und ihr Körper sich so heiß anfühlte, als hätte sie sich an glühenden Zangen verbrannt.
Ein paarmal waren ihre Träume so deutlich, dass sie fürchtete, andere könnten ihre Wünsche an ihren Augen ablesen, und sie senkte beschämt den Blick. Vor allem in Gegenwart des Kaisers bemühte sie sich um eine unbefangene und heitere Gelassenheit und verbarg ihren inneren Aufruhr, so gut sie konnte. Denn obwohl Friedrich ihr zu verstehen gab, wie schön und begehrenswert sie war, konnte sie sich doch nicht vorstellen, dass er ihr ähnlich tiefe Gefühle entgegenbrachte.
Bianca liebte zum ersten Mal in ihrem Leben und befand sich in einem Zustand immerwährender Nervosität, da sie sich nicht vorstellen konnte, dass ihre Empfindungen erwidert wurden.
Tagsüber fühlte sie sich wie ein Vogel im Käfig, der die Flügel ausbreiten will, aber untätig auf
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