Die Maetresse des Kaisers
die kostbare, reich bemalte und von Mönchen des Klosters Cluny geschriebene Ausgabe zu und begann ungeduldig in seinen privaten Gemächern auf und ab zu laufen. Er erwartete einen neuen Bündnispartner, einen Mann, auf den er sich im Kampf gegen den Kaiser in jeder Beziehung verlassen konnte.
Er hatte keine Muße für einen Blick aus dem Fenster, hinüber zur Lateranbasilika, die von der goldenen Septembersonne beleuchtet wurde, und ebenso wenig Sinn für den Blumenkorb, den ihm die Nonnen jeden Tag frisch zusammenstellten. Heute hatten sie Lilien gewählt, und ihn störte der süßliche Duft der Blüten mehr, als dass er seine Seele erfreute.
Endlich kündigte der Templer, zuständig für den reibungslosen Ablauf der Audienzen des Papstes, den Gast an, den Gregor so dringend erwartete.
»Wurde auch Zeit«, knurrte er und nahm wieder Platz.
Johann von Brienne, seit dem Tod seiner Tochter Isabella und dem endgültigen Zerwürfnis mit seinem Schwiegersohn sichtlich ergraut, verbeugte sich tief. Er war dem Anlass entsprechend reich gekleidet und trug einen Umhang in klarem Rot, der fast bis zum Boden ging, darunter ein ebenso langes Gewand in Grün aus leichter Seide. Seine Schuhe waren aus feinem Leder, Haare und Bart frisch gestutzt.
Friedrichs Schwiegervater war der Aufforderung des Papstes zu einer Audienz unverzüglich nachgekommen – Gregor hatte allerdings auch nichts anderes erwartet. Die Feindschaft zwischen dem Kaiser und seinem Schwiegervater war allgemein bekannt, und Gregor beabsichtigte, dies im Sinne der Kirche der nutzen.
»Kommt näher«, rief er Johann von Brienne leutselig zu. »Kommt, setzt Euch zu mir und erzählt, wie es Euch nach dem schweren Verlust, den Ihr erlitten habt, geht.«
»Die Trauer um meine Tochter ist noch nicht verwunden«, antwortete Johann von Brienne. »Und wie Ihr wisst, ist es mir nicht möglich, meinen Enkelsohn zu sehen. Der Kaiser verweigert jeden Kontakt.«
»Das ist bitter und ganz und gar nicht im Sinne unseres Herrn, Jesu Christi. Aber es passt zum Charakter des Mannes, der, sehr zu Eurem Kummer, eine Zeitlang Euer Schwiegersohn war. Hat doch der Kaiser immer wieder bewiesen, dass er weder christlich denkt noch handelt. Wie alle Welt weiß, habe ich ihn deshalb hart bestraft und ihn aus der Gemeinschaft der Christen ausgestoßen.«
»Trotzdem hat er sich an die Spitze des Kreuzzugs der Heiligen Kirche gestellt«, murmelte Johann von Brienne verbittert.
Papst Gregor sah Johann prüfend an. »Ich höre den Unmut in Eurer Stimme, und ich bin ebenso erbost wie Ihr. Der Kaiser verhöhnt damit die Christenheit. Und das werde ich nicht dulden.«
Johann von Brienne spürte, dass der Papst zum Wesentlichen kam, und beugte sich gespannt vor.
»Hört zu«, begann Papst Gregor. »Ihr seid ein fähiger Feldherr und habt bewiesen, dass Ihr ein Heer wohl führen könnt.« Er machte eine Pause und wartete auf eine Reaktion seines Gegenübers, doch Johann schwieg und nickte nur beifällig. »Was haltet Ihr davon, Eurem Schwiegersohn eine Lektion zu erteilen?«
»An was denkt Ihr?«
»Lasst es mich so formulieren: Friedrich hat in sträflichem Leichtsinn die Grenzen seines Reiches nicht genügend geschützt und ist, obwohl ich es ihm untersagt habe, ins Heilige Land gezogen. Aber dort kämpft er nicht, sondern plaudert mit dem Sultan, als wäre dieser ein alter Freund, und macht sich mit den Muslimen gemein.«
»Das ist wahr«, stimmte Johann zu. »Er beschämt unseren Heiland.«
»Ich biete Euch also den Befehl über meine Truppen gegen den Widersacher der Kirche an.«
Johann war überrascht. Der Papst wollte ein Söldnerheer aufstellen?
»Ich fühle mich geehrt«, sagte er, »und zögere nicht, diesen Auftrag zu Eurer vollen Zufriedenheit zu erfüllen. Aber Söldner sind teuer. Und Söldner, die gegen den Kaiser ziehen sollen, sind besonders teuer.«
»Ja, ja, das ist mir nicht unbekannt«, entgegnete der Papst unwirsch. »Aber das soll nicht Eure Sorge sein. Seid versichert, dass die Heilige Kirche über genügend Einnahmen verfügt, um alle Männer, die sie im Kampf gegen ihre Feinde braucht, zu bezahlen.«
Johann von Brienne dachte einen Moment nach. »Ich bin einverstanden«, sagte er dann. »Wie genau lautet Euer Plan?«
»Ihr greift die kaiserlichen Truppen an.«
»Wo?«
»An den Grenzen des sizilianischen Reiches. Ihr besiegt die Truppen und besetzt die Gebiete. Wie Ihr seht, eine einfache Eroberung.«
»Ich würde es Überfall nennen.«
»Nennt es,
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