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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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Geschäft als Hebamme lief schleppend, seit man ihr nachsagte, sie habe ein Neugeborenes mit einem Zauberspruch belegt. Das Kind war aus ungeklärter Ursache nach einer leichten Geburt gestorben, und seine verzweifelten Eltern hatten ihr die Schuld an seinem Tod gegeben.
    Der Mann, den sie jetzt zum zweiten Mal treffen sollte, hatte sie eines Abends angesprochen und ihr eine gute Bezahlung und darüber hinaus eine vornehme Dame als Patientin zugesichert. Erst hatte sie ihr Glück kaum fassen können, doch dann begriff sie, dass nichts auf dieser Welt ohne Gegenleistung war und der Mann etwas von ihr erwartete. Sein Ansinnen war jedoch von einer solchen Skrupellosigkeit, dass sie zunächst empört abgelehnt hatte. Lieber wollte sie auf das Geld und den Dienst im Kastell verzichten. Aber dann hatte sich der Gesundheitszustand ihres Mannes immer weiter verschlechtert, und schließlich hatte sie zugestimmt, einen Unfall für die Gräfin Lancia zu arrangieren.
    An jenem Abend hatte ein kleiner Stoß genügt, und die hochschwangere Frau war die Treppe hinuntergestürzt. Sofia gab sich der Illusion hin, dass die Gräfin vermutlich sowieso gefallen wäre, so aufgeregt, wie sie damals war, und dass ihre, Sofias, Hände lediglich das Schicksal der Gräfin beschleunigt hatten. Früher oder später, beschwichtigte sie ihr Gewissen, wäre die Gräfin auch ohne Hilfe ihrer Hebamme in ihr sicheres Unglück gelaufen.
    Doch die Gräfin hatte den Sturz überlebt und darüber hinaus ein gesundes Mädchen geboren, so viel hatte sie inzwischen erfahren. Und auch, dass niemand nach der verschwundenen Hebamme suchte. Entweder, dachte Sofia, erinnert sich die Gräfin nicht an den Stoß, oder sie hat ihn überhaupt nicht gespürt.
    Auf jeden Fall musste sie keine Angst haben, vor ein Gericht gestellt zu werden, denn die ganze Angelegenheit schien vergessen zu sein. Von dem Geld, das ihr der Mann beim ersten Treffen gegeben hatte, war der Medicus bezahlt worden, allerdings hatte die Genesung ihres Mannes dennoch keinerlei Fortschritte gemacht.
    Sofia hörte ein Pferd schnauben, und wenig später sah sie das Tier gemächlich grasen, während sich der Mann lässig an einen Baum gelehnt hatte. Die Schatten hier im Wald waren mittlerweile so tief, dass sie dort, wo das letzte Sonnenlicht die Dämmerung nicht mehr durchdrang, nur noch dunkle Konturen ausmachte, aber ansonsten nichts mehr erkannte.
    »Was wollt Ihr dieses Mal?«, fragte sie den Mann, ohne sich mit der Höflichkeit einer Begrüßung aufzuhalten.
    »Meine liebe Sofia, warum so kurz angebunden heute Abend?«
    »Es wird bald dunkel. Sagt mir, um was es geht, und ich sage Euch, ob ich Euch helfen kann.«
    »Ich bin ganz sicher, dass du mir helfen kannst, und auch, dass du mir helfen wirst. Der bedauernswerte Bauer, mit dem du deine Tage und Nächte verbringst, ist – wie man hört – immer noch schwerkrank und braucht schon wieder eine kostspielige Behandlung. Wie gut, dass du mich hast.«
    Sofia hasste den süffisanten Ton, den der Mann jedes Mal anschlug, wenn er über die Hilflosigkeit anderer sprach, aber in einem Punkt hatte er recht, sie konnte einen weiteren Beutel voller Münzen gut gebrauchen.
    »Ihr habt also einen Auftrag für mich.«
    »Hast du noch Verbindung zur Dienerschaft auf dem Kastell Gioia del Colle?«, fragte der Mann, statt auf ihre Worte einzugehen.
    Sofia zögerte. Sie kannte einen der Gärtner, hielt es aber für viel zu gefährlich, auch nur in der Nähe des Kastells gesehen zu werden. Möglicherweise erinnerte sich die Gräfin doch noch etwas genauer an jenen Abend.
    »Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich denke, du willst schnell aus diesem Wald wieder hinaus?«
    »Einer der Gärtner ist ein guter Bekannter. Warum fragt Ihr?«
    »Die Gräfin hat das Kastell verlassen. Finde heraus, wo sie ist. Du hast den morgigen Tag Zeit.«
    »Das ist nicht viel. Bedenkt, dass ich nicht selbst zum Kastell gehen kann.«
    »Wie du an deine Informationen kommst, ist mir egal, Hauptsache, ich erfahre, wo sich die Gräfin versteckt.«
    »Und dann?«, fragte die Hebamme.
    »Dann wirst du das zu Ende bringen, was dir auf Gioia del Colle nicht gelungen ist.«
    »Und was wird mit dem Kind?«
    »Sieh zu, dass beide einen Unfall haben.«
    »Das kann ich nicht«, flüsterte Sofia. »Es war schrecklich genug, die Gräfin die Treppe hinunterzustoßen. Aber ein unschuldiges Kind …«
    Der Mann warf ihr einen kalten Blick zu, den sie aufgrund der Dunkelheit kaum noch erkennen

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