Die Maetresse des Kaisers
angekündigten Hoftag in Ravenna begleiten, um sich bei dieser Gelegenheit dem Kaiser persönlich vorzustellen.
Friedrich verzog den Mund zu einem grimmigen Lächeln. Soll er kommen, dachte er und nahm sich vor, besagtem Manfred einen Empfang zu bereiten, den dieser nicht so schnell vergessen sollte.
Der Mann war offensichtlich ein unverbesserlicher Egoist, dem es nur um seine eigenen Belange ging. Erst stürzte er seine Schwester mit unsäglichen Heiratsplänen ins Unglück, dann verließ er fluchtartig seine Heimat, und nun suchte er kaiserliche Fürsprache, um wieder zurückkehren zu können.
Ravenna, dachte Friedrich, ist also in vielerlei Hinsicht eine Reise wert. Er würde seinen Sohn zur Vernunft bringen und Biancas Bruder in die Pflicht nehmen, zwei Aufgaben, die er mit der nötigen Härte und seiner ganzen kaiserlichen Autorität erledigen wollte. Denn in seinem Leben hatte er früh gelernt, dass es keinen Sinn machte, sich von Sentimentalitäten leiten zu lassen.
Womit er wieder in Gedanken bei Bianca war, den Wein hinunterstürzte und sich vornahm, seine Gefühle für die Gräfin Lancia endgültig zu begraben.
E ine der Schwestern servierte einen köstlichen Saft aus Zitronen, Minze und Wasser, gesüßt mit einer Winzigkeit Honig. Hier im Kloster wurden erstaunliche Rezepte erfunden, und Bianca bemühte sich, sie alle auswendig zu lernen. Irgendwann würden sie, Konstanze und Lorenzo das Kloster wieder verlassen müssen, auch wenn sie jetzt noch unter dem persönlichen Schutz der Äbtissin Clara von Siena standen, und es konnte nicht schaden, so viel Wissen wie möglich von den Schwestern mitzunehmen.
Das Glück, Lorenzo wiedergefunden zu haben, half Bianca über vieles hinweg – über ihren immer noch nagenden Liebeskummer, über die Sehnsucht nach Gioia del Colle und über die Unsicherheit, was aus ihnen werden sollte, wenn sie die Gastfreundschaft der Ehrwürdigen Schwestern genügend strapaziert hatten.
Konstanze war jetzt schon ein paar Monate alt und wuchs, wie Bianca fand, erschreckend schnell. Wenn die Pflichten, die er in den Gärten des Klosters übernommen hatte, es zuließen, verbrachte Lorenzo fast seine ganze Zeit mit der Kleinen. Er schnitzte Tiere aus Holz für sie und spielte mit dem Kind, als wäre er selbst der Vater.
Lorenzo hatte sich körperlich vollkommen erholt, aber seine Seele wollte nicht heilen. Er sprach nur wenig, lächelte lediglich dann, wenn er sich mit dem Kind beschäftigte, und litt unter Schlafstörungen, weil er stets von den Schrecken der Sklaverei heimgesucht wurde, sobald er die Augen schloss.
Bianca wusste nicht viel über Lorenzos Schicksal in Ägypten, nur, dass er der Sklaverei entfliehen konnte, in Kriegsgefangenschaft geraten und letztendlich mitsamt allen anderen Gefangenen nach dem Frieden zwischen dem Kaiser und dem Sultan ausgetauscht worden war. Doch wenn sie seine Narben sah, die ihn ein Leben lang an sein Martyrium in Ägypten erinnern würden, dann konnte sie sich vorstellen, dass er unsagbar gelitten hatte.
Einzelheiten erwähnte er nicht, wie auch Bianca ihm gegenüber nur Andeutungen machte, wie es ihr im Harem des Sultans und später mit Friedrich ergangen war. Allerdings hatte sie ihm von der Begegnung mit Heinrich von Passau in der Grabeskirche zu Jerusalem erzählt, doch Lorenzo war es offenbar müde, von dem deutschen Baron zu hören, und mit Rücksicht auf Lorenzos Zustand hatte sie das Thema fallenlassen.
Lorenzo wusste inzwischen, wer der Vater ihres Kindes war, doch auch die Tatsache, dass sie sich in den Kaiser verliebt und mit ihm gelebt hatte, schien ihn nur wenig zu berühren. Er lebte ganz in seiner eigenen Welt, genoss den Aufenthalt in den Gärten und versteckte die Narben an seinem Körper, so gut es ging, unter seiner Kleidung.
Die Barmherzigkeit und Gelassenheit der Schwestern taten ihm gut, ebenso das unbefangene Brabbeln und Spielen der kleinen Konstanze. Im Umgang mit Bianca zeigte er neuerdings eine seltsame Scheu, die vielleicht aus der großen Nähe während ihrer Flucht, vielleicht aber auch aus der langen Trennung nach ihrer Ankunft in Damiette resultierte.
Bianca betrachtete ihren Freund und Weggefährten oft mit besorgten Augen, fürchtete sie doch, dass er den Weg aus seiner inneren Abgeschiedenheit hinaus nicht mehr finden werde. Doch die Äbtissin, die sich mit der Seelennot der Menschen auskannte, riet ihr, ihm einfach Zeit zu lassen.
»Die Wunden in seinem Gemüt werden geheilt«, hatte sie Bianca
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