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Die Maetresse des Kaisers

Die Maetresse des Kaisers

Titel: Die Maetresse des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Stein
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sie, als sie ihn zur Tür brachte. Eine letzte Umarmung, und dann war er fort.
    Bianca schloss die Tür und lehnte sich erschöpft dagegen. Und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie vergessen hatte, was sie ihm den ganzen Abend sagen wollte: Sie war wieder schwanger.

E r war alt geworden. Die Trauer um seine Tochter, der Verlust seines Enkelsohnes, den er seit der Geburt nicht mehr wiedergesehen hatte, die Niederlage gegen den Kaiser und letztlich die Aufforderung des Papstes, nach Konstantinopel zu reisen und bitte auch dort zu bleiben, hatten ihn die Kraft zu kämpfen und den Stolz zu widerstehen gekostet. Der Hass auf Bianca, die mit dem Kaiser zusammenlebte, als wäre sie seine Frau und hätte irgendein Recht, was die Erziehung seines Enkels betraf, tat ein Übriges, um Johann von Brienne zu einem verbitterten Mann zu machen.
    Er verbrachte den Großteil seiner Tage mit dem Entwurf von grausamen Racheplänen, die er jedoch alle wieder verwarf, da die Durchführung entweder unmöglich oder das Ergebnis nicht in seinem Sinn war.
    Papst Gregor, der sonst keine Gelegenheit ausließ, dem Kaiser zu schaden, hatte sich schon vor langer Zeit bei der kleinsten Erwähnung von Johanns Plänen taub gestellt, und auch die Tempelritter waren zu sehr mit der Anhäufung von Schätzen im Heiligen Land beschäftigt, um den Rachedurst eines alten, politisch unwichtig gewordenen Mannes ernst zu nehmen.
    So war Friedrichs ehemaliger Schwiegervater mit seinem Groll allein geblieben und brütete nach wie vor über Möglichkeiten, den Kaiser dort zu treffen, wo er am ehesten verwundbar war – und das waren seine Kinder und Bianca.
    Konrad, sein Enkel, war nun schon über vier Jahre alt, und Johann fragte sich, ob er Ähnlichkeit mit seiner Mutter Isabella hatte. Der Junge würde ihm Trost geben und die Erinnerung an Isabella wach halten. Nicht einmal ihr Grab konnte Johann von Brienne besuchen. Dass ein Vater daran gehindert wurde, an der Grabstätte seiner Tochter zu beten, schmerzte ihn mehr, als er sagen konnte, aber Friedrich hatte ihm mit Kerker und Tod gedroht, sollte er es jemals wagen, den Dom zu Andria, wo Isabella ihre letzte Ruhe gefunden hatte, zu betreten.
    Undenkbar also, auch nur einen Fuß auf das Gebiet des Königreichs Sizilien zu setzen, das immerhin über Palermo, Neapel und Apulien bis kurz vor Rom reichte.
    Friedrich hatte es geschafft, die Grenzen zu halten und trotz aufrührerischer Städte und diverser Einmärsche ins Königreich, die er, Johann, schließlich selber geleitet hatte, das Reich zu befrieden. Ein Grund mehr, den Kaiser zu hassen, der das Glück immer auf seiner Seite zu haben schien.
    An manchen Tagen wurde Johann von einem ohnmächtigen Zorn gepackt, der ihn wie einen Kranken im Zimmer festhielt, weil er die Schönheit der Natur und die Heiterkeit anderer Menschen nicht ertrug. Die Verbitterung über sein Schicksal hatte tiefe Schatten um seine Augen gelegt und Linien links und rechts der Nase gegraben, die sich bis zu seinen Mundwinkeln zogen. Seine Stirn lag in Falten, und seine Haut hatte einen ungesunden Grauton angenommen, an dem auch die Sonne Konstantinopels nichts ändern konnte. Seine Schritte, früher voller Energie, waren schleppend geworden, und seine Stimme klang leise und heiser von den vielen Verwünschungen, die er im Laufe der Zeit herausgeschrien hatte.
    Die Mägde und Knechte, die für sein persönliches Wohl zu sorgen hatten, begegneten ihm ängstlich und zurückhaltend. Freundliche Worte hatten sie von ihm ohnehin nicht zu erwarten, aber seine unwirsche und vor allem unbeherrschte Art ließ sie ihren Dienst in Eile und Schweigen verrichten. Johann von Brienne nannte niemanden seinen Freund, und er glaubte nicht daran, dass es besser war, einen Weg aus der Trauer zu suchen, als in ihr zu verharren und innerlich zu versteinern.
    Er wollte, dass sein Herz kalt war. Und nur die Aussicht, irgendwann doch noch seinen Enkel Konrad wiederzusehen, gab ihm die Kraft, am Leben festzuhalten.
    Er hatte lange gebraucht, bis seine teuflischen Ideen Gestalt angenommen hatten und die nötigen Helfer dafür gefunden waren. Er war stolz auf sein Talent, strategisch zu denken, und auf seine Fähigkeit, absolutes Stillschweigen zu bewahren. Er würde niemanden einweihen. Nicht einmal die drei bezahlten Diebe, die er aus der Kerkerhaft freigekauft hatte, wussten, um was es wirklich ging.
    Es waren geschickte Juwelenräuber, die sich auf seinen Befehl hin versteckt hielten und sich in aller

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