Die Maetresse des Kaisers
jeder sich bietenden Gelegenheit Streit mit seinem Vater suchte.
Sie spielte ein wenig mit Konrad, der sie mit großer Begeisterung um die Blumenbeete jagte, nahm den Jungen dann bei der Hand und ging mit ihm hinüber zu Friedrich und Konstanze.
Friedrich sah sie kommen, und in seinem Blick las sie Liebe, Zuneigung und Begehren, wobei Letzteres ihr die Röte in die Wangen trieb. Die Erinnerung an die vergangene Nacht machte ihr Lächeln weich und ihren Mund sinnlich. Ihre Augen versanken in seinen, und einen Moment lang vergaß sie die Kinder, den Garten, Lorenzo und Karim, die irgendwo in der Nähe sein mussten. Bianca hatte das Gefühl, dass die Natur den Atem anhielt, und die Sonne stockte auf ihrer Wanderung von Ost nach West.
»Du wirst jeden Tag schöner«, sagte Friedrich und nahm ihre Hand, »obwohl du nur noch Augen für deine Bücher hast.«
»Falsch«, flüsterte sie ihm zu, »ich habe nur Augen für dich.«
Konstanze quengelte auf seinem Arm, und Bianca nahm ihm das Kind ab. Sofort drängte sich Konrad zu seinem Vater und hielt ihn am Bein fest.
»Was meinst du, kleiner Mann, wollen wir ausreiten?«, fragte er, und der Junge nickte eifrig.
Friedrich setzte seinen Sohn auf seine Schultern, rief Karim zu sich, und sie schlenderten zu den Pferdeställen.
Bianca ging mit Konstanze, die dringend Schlaf brauchte, zurück ins Kastell. In der großen Halle stieß sie auf ihren Bruder, der ganz offensichtlich Reisevorbereitungen traf.
»Willst du uns schon wieder verlassen?«, fragte sie ihn.
Die Geschwister waren sich seit ihrem Treffen im Kloster der Ehrwürdigen Schwestern nicht wirklich nähergekommen. Allerdings war die hitzige Feindschaft, die Bianca ihrem Bruder entgegengebracht hatte, merklich abgekühlt. Manfred bemühte sich nach wie vor um eine Aussöhnung, doch Bianca war zu tief verletzt, um ihm jetzt schon vergeben zu können. So gingen sie höflich, aber nicht herzlich miteinander um und strichen umeinander wie zwei Katzen, die jederzeit ihre Krallen ausfahren könnten.
»Ja«, beantwortete Manfred ihre Frage, »ich werde eine Zeitlang unterwegs sein.«
»Das klingt ja sehr geheimnisvoll.«
»Es ist auch eine Mission, von der nur wenige wissen.«
»Und deine Schwester gehört nicht dazu.«
»Lass uns nicht schon wieder streiten. Und da du fragst – ich werde mit einigen der besten Ritter in die Grafschaft Tuszien reiten.«
»Das ist nicht dein Ernst. Du willst zu Enzio?«
»Es wird Zeit, dass Enzio seine Strafe bekommt. Ich hätte das schon längst erledigen sollen.«
»Weiß der Kaiser davon?«
»Ja.«
»Und was genau hast du vor?«
»Ich will nicht mein Leben lang Angst vor Enzios bezahlten Mördern haben.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
»Ich kann dir nicht sagen, was wir vorhaben. Friedrich würde es mir nie verzeihen.«
»Was planst du? Einen Krieg?«
»Dafür ist Graf Pucci eine Nummer zu klein.«
»Ist er das? Ich weiß nicht, wie du es nennst, wenn Ritter über eine Grenze stürmen und Land und Leute unterwerfen. Ich nenne es Krieg.«
»Ich nenne es Strafe mit militärischen Mitteln. Und nun sag mir Lebewohl, denn ich habe keine Zeit mehr für Debatten mit meiner belesenen Schwester.«
Bianca sah ihn ernst an. »Du setzt dein Leben aufs Spiel. Ist Enzio das wert?«
»Wieso Enzio? Du bist es wert. Ich weiß, diese Erkenntnis kommt spät, aber darüber haben wir ja oft genug gesprochen.« Er lächelte seine Schwester noch einmal an und sagte dann leichthin: »Ich muss mich beeilen, die anderen warten schon. Grüße den Kaiser von mir.«
Bianca stellte Konstanze auf den Boden und ging einen Schritt auf Manfred zu.
»Es war nie viel Liebe zwischen uns. Vielleicht war das ein Fehler. Du bist immerhin der einzige Bruder, den ich habe. Pass auf dich auf. Und komm wieder.«
Sie hauchte einen Kuss auf die Fingerspitzen ihrer rechten Hand und drückte sie zart auf Manfreds Lippen. Dann drehte sie sich um, nahm ihre Tochter wieder auf den Arm und verließ mit schnellen Schritten die Halle. Sie wollte keine weiteren Sentimentalitäten. Außerdem ahnte sie, dass ihr Bruder nicht nur ihretwegen nach Tuszien zog. Enzio hatte ihn praktisch von seinem Grund und Boden vertrieben, und Manfred hatte seine Heimat verloren. Er wollte seine Besitztümer zurück und – wie Bianca vermutete – mehr noch seinen Stolz.
Sie bereitete Konstanze für ihr Bad vor und übergab das Kind dann einer der Dienstmägde. Sie selbst brauchte dringend eine Stunde für die
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