Die Maetresse des Kaisers
Schönheit. Sie fühlte sich verschwitzt, und an ihrem Rock zeigten sich Grasflecke. Ihr Haar musste gewaschen und gebürstet werden, und sie wollte es in Rosenwasser spülen, damit es verführerisch duftete. Der heutige Abend sollte allein ihr und Friedrich gehören, denn Tage wie dieser, an denen er keinerlei kaiserliche Verpflichtungen hatte, waren selten und zu kostbar, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen.
Sie hatte in der Küche ein einfaches Essen bestellt, denn Friedrich hasste die opulenten Gastmahle und Festbankette, die bei allen offiziellen Anlässen auf ihn warteten. Er aß wenig Fleisch, am liebsten zarten Prosciutto, sonst gerne Fasan oder anderes Geflügel.
Vielleicht, sagte sich Bianca und dachte an seinen lüsternen Blick am Nachmittag, hatte Friedrich aber auch mehr Hunger auf erotische Delikatessen. Womit er im Übrigen ganz ihrem Wunsch entsprechen würde. Und dann hatte sie auch noch eine ganz besondere Überraschung für ihn, die sie sich aber für einen geeigneten Moment aufsparen wollte.
Doch es wurde später, und Friedrich war immer noch nicht zurück. Konrad hatte er in Karims Obhut gelassen, der den Jungen nach dem gemeinsamen Ausritt ins Kastell gebracht hatte, und er selbst ließ sich bei Bianca entschuldigen. Wichtige Nachrichten aus der kaiserlichen Kanzlei in Foggia, erklärte Karim, der die Enttäuschung in Biancas Augen bemerkte, obwohl sie sich allergrößte Mühe gab, sie zu überspielen. Bianca war eine Frau, die sich nicht verstellen konnte, und das – fand Karim – sprach eindeutig für sie.
Sie lud ihn ein, mit ihr zu speisen, doch er lehnte ab, und Bianca fürchtete, dass sein höfliches Nein eine Menge mit Friedrichs unkontrollierter Eifersucht zu tun hatte. Schließlich waren sie bereits beide schon mehrfach in die Schusslinie von Friedrichs verbalen Pfeilen geraten.
Bianca wartete daher allein auf Friedrich und nutzte die Zeit für ihre Arbeit am Buch der Hildegard von Bingen. Es enthielt wunderschöne Miniaturen in leuchtenden Farben, die von großer Kunstfertigkeit der Buchmaler zeugten. Sie strich vorsichtig mit einer Fingerkuppe darüber und fühlte die Struktur des dünnen Blattgoldes.
Sie war so in die Betrachtung der kleinen Kunstwerke vertieft, dass sie das Öffnen der Tür nicht gehört hatte und überrascht aufsah, als Friedrich vor ihr stand. Auf den ersten Blick war ihr klar, dass er verärgert war, und stumm verabschiedete sie sich von den Phantasien, die sie mit diesem Abend verbunden hatte. Sein Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst, und seine Augenbrauen berührten sich fast in der Mitte der Stirn, so verdüstert war sein Blick.
»Entschuldige meine Verspätung«, sagte er und gab ihr einen Kuss aufs Haar, doch sie spürte, dass er in Gedanken schon nicht mehr in Gioia del Colle war. Sie kannte diesen abwesenden Blick, der meist der Eröffnung vorausging, dass die Zeit der Muße vorbei sei.
»Du hast schlechte Nachrichten?«, fragte sie und versuchte jeglichen Ton von Enttäuschung aus ihrer Stimme herauszuhalten.
»Sei nicht traurig, cara mia, aber unsere unbeschwerten Tage gehen zu Ende. Abt Konrad schreibt aus Deutschland über Heinrichs neueste Torheit.«
»Ein weiterer Feldzug gegen den Herzog von Bayern?«
»Nein. Diesmal riskiert er Krieg mit Österreich. Und Abt Konrad schafft es nicht, ihn zur Vernunft zu bringen. Ich muss mich selbst darum kümmern.«
»Krieg mit Österreich? Aber er ist mit Margarethe von Österreich verheiratet.«
»Wenn es nach Heinrich geht, nicht mehr lange. Offenbar denkt er schon seit geraumer Zeit über eine Trennung nach. Aber bisher ist es dem Abt und Wolfelin von Haguenau gelungen, es ihm auszureden.« Friedrichs Faust donnerte auf den Tisch. »Der Idiot zerschlägt mir das ganze deutsche Königreich. Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit, dass die deutschen Barone sich gegen ihn auflehnen werden und einen Gegenkönig wählen.«
Bianca wagte nicht nach seinen Plänen zu fragen, denn sie fürchtete sich vor der Antwort. Auch Friedrich hing seinen Gedanken nach und schwieg verdrossen. Die Stille lastete schwer zwischen ihnen, und es kostete Bianca Mut, schließlich seine Hand zu nehmen. Sie strich mit dem Daumen sanft über seine Finger.
»Sprich, Liebster, sag mir, was dich quält.«
»Es tut weh, ein Urteil über sein eigenes Kind zu sprechen.«
»Wie meinst du das?«
»Heinrich. Ich werde ihn verurteilen müssen.«
»Aber er ist dein erstgeborener Sohn.« Bianca war bestürzt
Weitere Kostenlose Bücher