Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
Vom Netzwerk:
Ministerpräsidenten, Regionalpräsidenten, Minister, die Chefs von Polizei und Geheimdiensten,die Führung der Democrazia Cristiana und der anderen Mehrheitsparteien, die Vier- oder Fünf-Parteien-Koalitionen bildeten.
    Don Vito war Baustadtrat in Palermo. In einer einzigen Nacht erteilten er und seine Verbündeten bei der Mafia fünf mittellosen Rentnern – Strohmännern der Mafia – 3011 Baugenehmigungen. Damit begann der
sacco di Palermo.
Die »Plünderung Palermos« war die skrupelloseste Bauspekulation im Italien der sechziger Jahre. Die Orangen- und Zitronenhaine der Conca d’Oro, des Goldenen Beckens, wurden gnadenlos zubetoniert. Wo einst die Villen aus dem 18. Jahrhundert standen, wurden Mietskasernen hochgezogen. Nachts wurden die Jugendstilvillen in die Luft gesprengt, am nächsten Tag rückten die Bagger an. Symbol dieser Zerstörung ist die Villa Deliella, die 1905 von dem sizilianischen Architekten Ernesto Basile entworfen worden war.
    Der Corleoneser Vito Ciancimino entstammte einer bäuerlichen Kultur. Als Baustadtrat erweiterte er Palermo ins Landesinnere hinein, so dass die Stadt jetzt dem Meer die kalte Schulter zeigt. Vito Ciancimino hat Palermo zu einer hässlichen Stadt gemacht. Zu seinem Nachfolger im Amt des Baustadtrats erwählte er einen seiner Getreuen: einen Blinden. Bauunternehmer seines Vertrauens wurde Francesco »Ciccio« Vassallo.
     
    Er war ein Fuhrknecht und kaum in der Lage, seinen Namen unter ein Dokument zu setzen. Doch mit einem Schlag wurde er zum Bauunternehmer, und die Cassa di Risparmio gewährte ihm einen Kredit von 700 Millionen Lire. Er wurde der Bauherr halb Palermos, stampfte riesige Siedlungen aus dem Boden, zahllose Mietskasernen mit Hunderten von Wohnungen. Vassallos Häuser – oft auch nur die Kellergeschosse – wurden von der Gemeinde und der Provinz angemietet und für schulische Zwecke ausgewiesen, auch wenn die dafür notwendige Grundausstattung gar nicht vorhanden war.
    Jahr für Jahr zahlte die Gemeinde Palermo 180, die Provinz Palermo 210 Millionen Lire Miete an Vassallo – insgesamt 391 Millionen 570   000 Lire: für sechs Mittelschulen, drei Lehrerbildungsanstalten, drei Fachoberschulen und zweinaturwissenschaftliche Gymnasien […]. Viele aus der Führung der Democrazia Cristiana betrachteten ihn als Wohltäter, der eine gute Ausbildung in Palermo möglich machte. Laut dem Antimafia-Pool wurde der Bau schulischer Einrichtungen in Palermo von dem Mitglied der Democrazia Cristiana und ehemaligen Baustadtrat Vito Ciancimino geplant. Dank seiner konnte Vassallo »sein Schulbauprojekt umsetzen, da er sich auf eine Macht stützte, die außerhalb des Gesetzes stand und mit Hilfe der Provinz- und Stadtverwaltung Palermo ausgeübt wurde«.
    Dem Zwangsaufenthalt in einer entlegenen Gemeinde wegen des Verdachts auf Zugehörigkeit zur Mafia konnte sich Vassallo entziehen, da er überall gute Freunde hatte.
     
    Giuliana Saladino, aus:
Mauro De Mauro.
    Una cronaca palermitana,
1972
     
    Ein weiteres spektakuläres Beispiel für die Kungelei zwischen Mafia und Politik sind die Vettern Nino und Ignazio Salvo. Die beiden Steuereintreiber und Mitglieder der Democrazia Cristiana waren die wichtigsten Financiers der Andreotti-Strömung der Partei (aber nicht nur dieser) im westlichen Sizilien und enge Verbündete Salvo Limas. Sie stammten aus Salemi und waren Ehrenmänner. Mit ihrem unermesslichen Reichtum beherrschten sie jeden Winkel Siziliens. Sie hatten Richter, Staatsanwälte und Polizisten in der Hand, wählten die Abgeordneten aus und bestimmten sogar Minister. Sie waren die Vizekönige Siziliens und blieben bis zum Auftauchen des Untersuchungsrichters Falcone unantastbar.
    Italien hatte bis 2005 ein System beibehalten, nach dem Privatfirmen im staatlichen Auftrag bestimmte Steuern eintreiben konnten. Im übrigen Italien bekamen diese Firmen eine Provision von 3,5 Prozent, die Firma Satris dagegen, die den Vettern Salvo gehörte, durfte 6,72 Prozent des Steuerertrags behalten, in manchen Jahren fast zehn Prozent: ein auf Korruption gegründetes feudales System. Und die Salvo schmierten alle: die Parlamentsmehrheit, die Opposition, die Zeitungen, die Parteien.
    Beim Prozess in Palermo, wo Giulio Andreotti wegen Zugehörigkeitzur Mafia angeklagt und dann freigesprochen wurde, waren Nino und Ignazio Salvo die Hauptbelastungszeugen. Sie hatten zwanzig Jahre lang seine Strömung innerhalb der Democrazia Cristiana finanziert, doch Andreotti bestritt stets

Weitere Kostenlose Bücher