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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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Falcone geriet zunehmend ins Abseits. Alle betrachteten ihn jetzt als ihren Feind: die Mafia, die Politik, sogardie Richter und Staatsanwälte. Zuerst wurde er im Justizapparat isoliert, unter den Kollegen in Sizilien und Rom. Nach den erstinstanzlichen Urteilen im Maxi-Prozess Ende 1987 begann für Giovanni Falcone eine schreckliche Zeit des Terrors durch anonyme Briefe, Drohungen und Bomben: eine Destabilisierung, die 1987 begann und am 23. Mai 1992 mit seinem Tod endete. Man wollte ihn aufhalten, mit allen Mitteln.
    Das erste klare Signal für diese fast flächendeckende Feindseligkeit war die Ernennung eines Nachfolgers für Antonino Caponnetto als Leiter der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörde von Palermo. Der naheliegende Kandidat war Falcone. Offiziell befürworteten ihn alle, in Wirklichkeit wollte ihn kaum jemand als Leiter dieser Behörde. Es begannen die Machenschaften hinter den Kulissen, um ihn auszubooten. Überraschend wurde Antonino Meli als Kandidat ins Spiel gebracht, der Vorsitzende des Schwurgerichts Caltanissetta, der kurz vor seiner Pensionierung stand. Monate zuvor hatte er sich um das Amt des Gerichtspräsidenten von Palermo beworben, wurde aber von einer Falcone feindlich gesinnten Gruppe innerhalb der Richterschaft überredet, diese Bewerbung zurückzuziehen und sich um den Posten des Chefermittlers zu bemühen. Er hatte Falcone siebzehn Dienstjahre voraus. Damit gedachte er seinen Mitbewerber aus dem Feld zu schlagen, obwohl Falcone das Phänomen Mafia genau kannte und seine Qualifikation für dieses Amt längst unter Beweis gestellt hatte. Im Obersten Richterrat versicherte man Meli, er werde Caponnettos Nachfolger. Diese Zusicherung erhielt auch Falcone. Doch der Oberste Richterrat CSM (Consiglio Superiore della Magistratura) in Rom wählte Meli, Falcone wurde fallen gelassen. Nicht einmal alle, die innerhalb des CSM zu seiner politischen Strömung gehörten, stimmten für ihn. Und die Magistratura democratica, der linke Flügel im Verband der Richter und Staatsanwälte, entzog ihm seine Unterstützung – mit der einzigen Ausnahme Gian Carlo Casellis.
     
    In den vergangenen Jahren, in denen ich Ermittlungen zur Mafiakriminalität geführt habe, habe ich stillschweigend die unvermeidlichen Vorwürfe hingenommen, ich sei von Geltungsdrang getrieben und würde unsauber arbeiten. Überzeugt, der Gesellschaft einen nützlichen Dienst zu erweisen, war ich glücklich, meine Pflicht tun zu können, und sagte mir, dies gehöre nun einmal zu den vielen Unannehmlichkeiten, welche die mir anvertrauten Aufgaben mit sich bringen. Ich war mir zudem sicher, die öffentliche Beobachtung der Gerichtsverhandlungen würde zu guter Letzt zeigen – was ja tatsächlich der Fall war –, dass die Ermittlungen, an denen ich beteiligt war, in vollem Einklang mit den Gesetzen durchgeführt wurden. Als sich die Frage der Nachfolge für den Leiter der Ermittlungsbehörde von Palermo, Dr. Caponnetto, stellte, reichte ich meine Bewerbung ein, im Glauben, dies sei der einzige Weg, den Abbau des Bestands an wertvollen Kenntnissen und Professionalität zu vermeiden. Vielleicht war ich zu vermessen, und es gab andere, die die Kontinuität der Behörde in souveräner Weise gewährleisten konnten […]. Doch meine Befürchtungen wurden leider wahr: Die Ermittlungen gegen die Mafia kamen ins Stocken, und der empfindliche Apparat, den die sogenannte Antimafia-Gruppe innerhalb der Ermittlungsbehörde von Palermo bildet, tritt mittlerweile auf der Stelle; auf die Gründe dafür möchte ich hier nicht eingehen. Paolo Borsellino, dessen Freundschaft ich mir als Ehre anrechne, stellte wieder einmal seine staatsbürgerliche Gesinnung und seinen Mut unter Beweis, als er Versäumnisse und Untätigkeit bei der Bekämpfung des Phänomens Mafia öffentlich anprangerte, die für jedermann klar erkennbar sind.
     
    Giovanni Falcone, Brief an den Obersten Richterrat CSM,
    30. Juli 1988
     
    Schon nach wenigen Tagen in seinem neuen Amt als Chefermittler in Palermo begann Antonino Meli mit der systematischen Demontage aller von Falcone geleiteten Ermittlungen. Sein Ziel war die Zerschlagung des Antimafia-Pools. Im Einklang mit der Linie der ersten Strafkammer des Kassationsgerichts unter Vorsitz des Richters Carnevale (in dessen erstaunlichenUrteilen die Cosa Nostra als eine »lose Ansammlung einzelner Banden« ohne eine gemeinsame strategische Führung bezeichnet worden war) splitterte Meli die Ermittlungen, die auf den Aussagen

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