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Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA

Titel: Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Attilio Bolzoni
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und Salvatore Lo Piccolo, gleichfalls wichtige Mafiosi. Ende November desselben Jahres machte Nicola Mandalà, ein Bernardo Provenzano nahestehender Ehrenmann, der wegen Mordes an dem Unternehmer Geraci vor Gericht stand, vor der dritten Strafkammer des Schwurgerichts Palermo im Berufungsverfahren eine überraschende Aussage: »Ich war Mitglied der mafiosen Vereinigung Cosa Nostra. Ich möchte meine Verurteilung für diese Straftat durch das Gericht nicht in Frage stellen, aber ich bin kein Mörder. Ich habe schweren Schaden angerichtet und entschuldige mich für alles, was ich getan habe, aber mit dem Mord an dem Unternehmer Salvatore Geraci habe ich nichts zu tun.« Am Ende kamen auch die Brüder Filippo und Giuseppe Graviano, der harte Kern der Cosa Nostra: Attentäter und Verbündete Totò Riinas. Der eine ist dabei, sich loszusagen, der andere hat seine Bereitschaft angekündigt, bei der Suche nach den Auftraggebern der Mafiaanschläge von 1992 und 1993 »behilflich zu sein«, wenn er im Gegenzug Hafterleichterung erhalte.
    Wenn die Ehrenmänner hundertfünfzig Jahre lang das Gesetz des Schweigens (die
omertà
) befolgten, muss ihre plötzliche Redseligkeit doch etwas zu bedeuten haben. Es ist eine neue Strategie. In der Welt der Mafia sind große Veränderungen im Gang.
    Am 12. Oktober 2007 erklärte Francolino Spadaro vor Gericht, wo er wegen Erpressung angeklagt war: »Die Mafia ist abscheulich!« Spadaro ist der Sohn des Mafioso Tommaso Spadaro, dersich aufgrund seines Reichtums und aufgrund der Arbeitsplätze, die er durch seine Schmuggelgeschäfte schuf, als der »Agnelli von Palermo« bezeichnete. Er und seine Mitstreiter hatten Geld von Vincenzo Conticello erpresst, dem Besitzer der
Antica Focacceria San Francesco.
Das legendäre Restaurant gab es bereits vor der Landung der Garibaldiner in Sizilien. Hier waren die Könige Italiens, Spaniens und Belgiens, der Schriftsteller Luigi Pirandello und der italienische Ministerpräsident Francesco Crispi bewirtet worden. Spadaro konnte diese Erklärung nur deshalb abgeben, weil er die Erlaubnis dazu erhalten hatte. Zwanzig Jahre zuvor hätte er bereits wegen eines sehr viel geringeren Vergehens sterben müssen. Wer sich falsch ausdrückte, musste sterben.
     
    Palermo. Der Maxi-Prozess hat vor acht Monaten begonnen. Die Stadt hüllt sich in Schweigen. Es gibt keine Raubüberfälle. Es gibt keine Diebstähle. Es ist verboten, Aufsehen zu erregen. Und vor allem ist es verboten zu morden. Ein »Beschluss« der Cosa Nostra untersagt für die Dauer der Hauptverhandlung jegliches Blutvergießen. Die Bosse wollen sich keine neue Bürde aufladen, während sie vor Gericht stehen. Am Abend des 7. Oktober jedoch drückt im Viertel San Lorenzo ein Killer den Abzug und erschießt den zehnjährigen Claudio Domino. Die Mafia hatte den Befehl ausgegeben, nicht zu morden. Wer also hat Claudio getötet? Am Tag nach dem Verbrechen ergreift während der Verhandlung im Maxi-Prozess Giovanni Bontate das Wort, der Bruder des Bosses der palermitanischen Cosa Nostra, Stefano Bontate, der zu Beginn des Mafiakriegs ermordet worden war: »Herr Vorsitzender, wir haben mit dem Mord nichts zu tun«, versichert er. »Wir waren es nicht, dieses Verbrechen ist für uns eine Beleidigung.«
    Es ist das erste Mal, dass ein Mafioso, ja ein Mafiaboss das Wörtchen »wir« ausspricht – ein Bekenntnis, dass die kriminelle Vereinigung namens Cosa Nostra tatsächlich existiert. Giovanni Bontate zerschneidet das heiligste Band der Organisation: ihre Verschwiegenheit. Und zwar in aller Öffentlichkeit. Ein Jahr nach dieser Bekundung im Gerichtsbunkerdringen drei Auftragskiller in Giovanni Bontates Haus in Villagrazia ein, wo der Mafioso unter Hausarrest steht, und töten ihn und seine Frau. Wegen dieses Wörtchens »wir«, das er ein Jahr zuvor ausgesprochen hat.
    Sehr viel später entdecken die Ermittler auch das Motiv für den Mord an dem kleinen Claudio. Der Auftraggeber war der Geliebte der Mutter des Jungen, der sterben musste, weil er ihn und seine Mutter beim Flirten gesehen hatte.
     
    La Repubblica
, 10. Februar 2006

V Das Bild der Mafia in den Medien
    88. Hat die Literatur zum Thema Mafia der Cosa Nostra mehr genützt oder geschadet?
    Bevor es eine Literatur
über
die Mafia gab, gab es eine Literatur
der
Mafia, in der die Vorläufer der Ehrenmänner als positive Persönlichkeiten beschrieben wurden. Den Anfang machte der erfolgreiche Roman des Sizilianers Luigi Natoli alias William Galt,
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