Die Mafia - 100 Fragen 100 Antworten - FAQ Frequently Asked Questions MAFIA
Regeln und Richtlinien, die streng zu befolgen sind. Ein Ehrenmann darf sich beispielsweise nie aus freien Stücken einem anderen Ehrenmann vorstellen. Das hat einen einfachen Grund: Keiner der beiden hätte die Gewissheit, mit einem Mitglied der Organisation zu sprechen. Es muss immer ein dritter Ehrenmann dabei sein, der beide als Ehrenmänner kennt und für sie einsteht. Gewöhnlich sagt er bei der Vorstellung: »Er ist wie wir« (
lui è come a noi
). Oder: »Er ist von derselben Sache« (questo è la stessa cosa).
Das Familienoberhaupt (
capofamiglia
) wird von allen Mitgliedern der Familie gewählt. Der Vizechef (
sottocapo
) wird vom Familienoberhaupt berufen, ebenso der Zehnerführer (
capodecina
) […]. Das Familienoberhaupt behält stets das letzte Wort. Der Berater (
consigliere
) hat die Aufgabe, die Familie zusammenzuhalten und Ratschläge zum Wohl der Familie zu erteilen.
Der Bezirk (
mandamento
) entspricht einer Familie, die einen Sitz in der Kommission hat.
Der Kommission gehören alle Bezirkschefs (
capimandamento
) an […]. Sie soll den Ausgleich unter den Familien undinnerhalb der Cosa Nostra herstellen und die heikelsten Probleme erörtern und lösen.
Man kann sich nicht von sich aus einem anderen unserer Freunde vorstellen, das tut ein Dritter. Man schaut die Frauen unserer Freunde nicht an.
Man macht sich nicht mit der Polizei gemein. Man besucht weder Kneipen, noch tritt man Vereinen bei. Man hat die Pflicht, für die Cosa Nostra jederzeit verfügbar zu sein, selbst wenn die Ehefrau kurz vor der Entbindung steht. Der Ehefrau ist Respekt zu zollen.
Man darf sich nicht Gelder aneignen, die anderen oder anderen Familien gehören.
Niemand kann der Cosa Nostra beitreten, der einen engen Verwandten in den Reihen der Ordnungskräfte hat, in dessen Familie es einen Fall von ehelicher Untreue gibt, der übles Verhalten zeigt oder die Werte der Moral nicht hochhält.
Aus den am 5. November 2007 im Versteck von
Salvatore Lo Piccolo beschlagnahmten Papieren
12. Wozu ist ein Ehrenmann verpflichtet, was ist ihm verboten?
Da gibt es vieles, wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung. Die Gebote und Verbote gelten heute noch wie vor hundert Jahren. Ende 2007 wurde im Versteck des palermitanischen Bosses Salvatore Lo Piccolo, der siebenundzwanzig Jahre lang untergetaucht war, ein Heft mit den Regeln der Cosa Nostra gefunden, eine Art Fibel für die
avvicinati
, denen früher oder später die Ehre zuteil werden sollte, der Organisation beizutreten.
Es handelt sich um einen Auszug dessen, was man als die »Verfassung« der Cosa Nostra bezeichnen könnte. Diese Regeln galten in den 1930er Jahren, als Melchiorre Allegra sie enthüllte, ein Arzt aus Gibellina, der den Carabinieri seine Mitgliedschaft in der Mafia gestand. Sie galten zur Zeit Tommaso Buscettas, und sie gelten noch heute, bei der Cosa Nostra der letzten Jahre.
Ehrenmännern ist es kategorisch verboten, sich an die Justiz zu wenden: jemanden anzuzeigen oder zu beschuldigen oder eine Zeugenaussage zu leisten. Ein Ehrenmann darf sich zur Lösungeines Problems niemals an den Staat wenden. Eine Ausnahme allerdings gibt es: wenn ihm sein Auto gestohlen wird. In diesem Fall darf der Mafioso bei der Polizei Anzeige erstatten. So ist er auf der sicheren Seite, falls der Dieb eine Straftat begeht.
Ein anderes Verbot der Cosa Nostra geht in die späten 1970er Jahre zurück, als die Kommission den Entschluss fasste, in Sizilien keine Entführungen mehr durchzuführen. Die Corleoneser hatten ohne Wissen der anderen Familien gerade Luciano Cassina entführt, den Sohn des größten Unternehmers von Palermo. Damals organisierte bereits seit ein paar Jahren Luciano Liggio, der gleichfalls zu den Corleonesern gehörte, Entführungen in Mailand und in der Lombardei. Nun beschloss die Kommission von Palermo, künftig auf Entführungen zu verzichten, die nur Angst und soziale Spannungen schürten und die Cosa Nostra dem Druck polizeilicher Ermittlungen aussetzten. Vor allem aber, so die Argumentation der Mafiosi, lehne »die Bevölkerung derartige Aktionen vehement ab; und wir sind mit den Leuten und nicht gegen sie«.
Ein weiteres Verbot betrifft die Zuhälterei. Mit Sex Geld zu verdienen war für die sizilianischen Ehrenmänner schon immer unehrenhaft, im Unterschied zur amerikanischen Cosa Nostra, die sich seit jeher an den »Mädchen« bereichert hat. Dasselbe gilt für Glücksspiel und Wucher.
In den letzten Jahren allerdings verlangt die Cosa
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