Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
und
niemand kriegt was — ausgenommen Katja. Sie, zum Henker, muß immer da sein. Da
hat der Alte schon recht.
Sie ist das beste, was mir passieren konnte: eine Supermutter auf der
Torten-Szene, scharfe Käthe und Tussi in einem.
    Katja trug ein vollgestapeltes Tablett
in die Küche.

    Von dort rief sie: „Daß du mit diesem
Mano befreundet bist, würde ich deinem Onkel nicht sagen.“
    „Weshalb nicht?“
    „Ich glaube, er würde ihn nicht mögen.
Ich mag ihn auch nicht. Mano ist bestimmt kein guter Mensch.“
    „Er ist kein Heiliger, aber mein
Freund. Ich finde es nicht fair, Katja, daß du meinen Freund ablehnst. So genau
kennst du ihn nicht.“
    Katja klapperte mit Tellern und Tassen.
Aus Klugheit vermied sie, das Thema Manowsky auszudehnen. Aber es machte sie
traurig, daß dieser grobe Kerl Gunters bester — und einziger — Freund war.
    „Bist du morgen wieder im Studio?“ rief
sie.
    „Bin ich. Ab halb zehn. Sonntags tanzen
die Laschis zu Dutzenden an. Einmal in der Woche wollen sie was tun für
Hängebauch und Hühnerbrust. Mano ist dann voll im Kraft-Raum beschäftigt. Ich
mache das übrige.“
    „Und ich“, sie lachte, „werde mir deine
Wohnung vornehmen. Da sieht es schlimm aus. Ein bißchen Ordnung kann nicht
schaden. Sonst erstickst du im Staub.“
    „Wenn ‘s dir Spaß macht — meinetwegen.“
    Eine Weile sah er ihr zu, während sie
in der Küche werkelte. Denn gähnte er immer häufiger. Schließlich
verabschiedete er sich.
    Es war noch nicht Mitternacht. Daß er
zu verhältnismäßig früher Stunde einen Abgang machte, wunderte Katja. Aber sie
glaubte, er sei so müde, wie er gähnte.
    Er umarmte sie heftig, brachte vier
Küsse an, schlug den Mantelkragen hoch und trat auf die Straße. Katja sah ihm
nach, aber er vergaß, sich umzudrehen.
    Mit gesenktem Kopf sohlte er ab — Richtung
Laubenviertel, wo er sich von einem Taxi auflesen ließ. Er wohnte in einem
alten Gemäuer am Stadtrand. In den Wänden steckte der Schwamm, und die Tapeten
rochen wie Scheuerlappen. Das störte Pölke nicht. Dieser Zustand war
vorübergehend. Bald, sehr bald schon konnte er einziehen in ein Schloß seiner
Wahl.
    Finstere Gedanken füllten seinen
Schmalschädel. Selbst ein Horror-Fabrikant hätte sich gegruselt vor dieser
menschlichen Kälte. Aber Pölke sah das anders. Ihn wärmte eine ganz bestimmte
Vorstellung. Was er heute nacht anleierte, würde seinem Leben die entscheidende
Wendung geben.
    Er bezahlte das Taxi.
    Neben dem Haus, das er allein bewohnte,
stand sein Wagen, ein blauer Ford aus vierter Hand. Pölke ging ins Haus und
suchte zusammen, was er brauchte. Bevor er dann in den Wagen stieg und abfuhr,
sah er sich vorsichtig um.
    Selbst in der Finsternis war zu spüren,
daß sich hier die Stadt auflöste. Ihr Rand franste aus, verhäkelte sich mit dem
Umland, mit frühlingskahlen Feldern, fernem Bahndamm, noch fernerem Zubringer
zur Autobahn, Straßen, die zu nahen Gemeinden führten, und einer riesigen
Müllhalde.
    Pölkes Straße bestand aus einem
Schrotthandel, einem Gebrauchtwagenpark — was fast das gleiche war — und einer
Handvoll unbewohnter Häuser. Kein Licht hinter Fenstern, keine Menschen — nur
drei Laternen brannten, dazu Friedhofsstille. Pölke brauchte nicht zu
befürchten, daß er beobachtet wurde, als er abdüste.
    Eine etwa einstündige Fahrt lag vor
ihm. Nur selten begegnete er einem Fahrzeug. Verständlicherweise, denn diese
Samstagnacht war weiß Gott zu schade, um sich bei Nieselwetter auf Landstraßen
rumzutreiben.
    Ohne Zwischenfall erreichte er sein
Ziel.
    Oswald Reebmanns Ferienhaus thronte
über dem Scheilitzer See. Der gehörte dazu, ebenso wie der Wald ringsum und der
Berg im Hintergrund. Alles war Besitz von Oswald Reebmann. Hier verbrachte er
seine Wochenenden — fast immer allein.
    Pölke parkte in der Nähe des Hauses,
schaltete die Scheinwerfer und den Motor aus. Eine Weile blieb er in der
Dunkelheit sitzen. Er kurbelte die Scheibe auf und horchte. War jemand in der
Nähe? Ein nächtlicher Wanderer?
    Er hörte nichts. Tropfen fielen aus den
Bäumen. Irgendwo schrie ein Nachtvogel, und der Wind bewegte die Oberfläche des
Sees.
    Pölke stieg aus, lief zum Haus und
brach die Hintertür auf.
    Er trug Handschuhe. Um jedes Risiko zu
vermeiden, hatte er sich maskiert. Denn dem alten Brunner aus dem Ort unten war
zuzutrauen, daß er auch nachts hier herumspukte, um nach dem rechten zu sehen.
Dafür wurde er von Reebmann bezahlt.
    In- und auswendig kannte Pölke

Weitere Kostenlose Bücher