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Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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der Abend war fortgeschritten —
und schließlich ist ein 70jähriger kein Jüngling, trotz ausreichender
Vitamin-Versorgung.
    „Dein Onkel ist ein Schatz“, lachte
sie, nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte. „Ein Kavalier alter
Schule. Wenn ich dich nicht hätte“, scherzte sie, „könnte er mir gefährlich
werden.“
    Pölke nickte. „Onkel Oswald ist in
Ordnung.“ Aber hinter seiner Tangotänzerstirn dachte er: Zur Hölle mit dieser
Vitamin-Mumie! Zur Hölle und noch weiter weg! Aber er stirbt nicht, der Alte — jedenfalls
nicht freiwillig.
    Katja ging in den kleinen Wohnraum, um
das restliche Geschirr abzuräumen. Ihr Nachtisch, Schokoladenmus, war auf der
Zunge geschmolzen.
    „Ganz goldig an ihm ist“, rief sie, „daß
man ihm seine Millionen nicht anmerkt. Er wirkt bescheiden.“
    „Er war immer erfolgreich.“ Pölke griff
nach seinem Bierglas, in dem noch ein Rest war, den er nicht verkommen ließ. „Oswald
Reebmann war immer der Größte. An ihm gemessen bin ich nicht mal eine Wanze.“
    „Aber Gunter!“ Erschrocken blickte sie
auf vom benutzten Geschirr. Machte er jetzt in Selbstmitleid? Bisweilen überkam
ihn das, besonders an verregneten Abenden.
    „Doch, doch, Katja. Ist schon wahr.
Aber damit muß ich leben. War es nicht nett, als er sagte, für einen
abgebaggerten Familienableger wie mich sei eine Freundin wie du die einzige
Rettung.“
    „Er wollte witzig sein. Du hast das
mißverstanden.“
    „Es war ein Witz auf meine Kosten.“
    „Ich glaube, Gunter, er meint es nicht
so. Und irgendwie hat er aus seiner Sicht recht. Du bist kein Geschäftsmann,
kein Industrieller. Du bist mehr der... äh... Lebenskünstler.“
    Das war ein freundliches Wort für
Faulenzer.
    Pölke hatte zwar als Jüngling eine
Fotografenlehre angefangen, aber dann abgebrochen, weil er glaubte, Kunstmaler
sei schicker. Daß er weder malen noch zeichnen konnte, hätte er eigentlich
wissen müssen. Also gründete er mit geborgtem Geld eine Rock-Band. Der Reinfall
war programmiert ( festgelegt ), weil er von Musik noch weniger verstand
als von Malerei. Er konnte keine Noten lesen, und sein Gehör war kein Ersatz.
    Während dieser tollen Karriere hoffte
er auf geldliche Zuwendungen vom Onkel. Aber der dachte gar nicht daran, die Brieftasche
aufzuklappen; er war eher der Meinung, daß ein junger Mann für sich selbst
verantwortlich ist. Seitdem hatte Gunter gearbeitet als Geschäftsführer in
einer Nachtbar und als Animateur (Unterhalter für Gäste bei einem
Reiseunternehmen). Zur Zeit war er beim Völkerkunde-Museum als Wärter
angestellt. Dort hatte er Katja kennengelernt. Sie jobbte als Helferin in einer
Apotheke, war arglos und ahnte nicht, um was für einen Strolch es sich bei
ihrem Beziehungselch handelte. Als sie dann erfuhr, er sei der Neffe — und
einzige Verwandte — des großen Oswald Reebmann hatte sie vor Aufregung zwei
Nächte nicht geschlafen.
    „Ich glaube“, sagte sie jetzt, „dein
Onkel ist sehr traurig darüber, daß du dich zum Juniorchef überhaupt nicht
eignest. Er sähe dich gleich als seinen Nachfolger.“
    „Der Zug ist abgefahren“, gab Pölke
widerwillig zu.
    „Warum eigentlich?“
    Er schenkte sich ein frisches Bier ein,
bevor er die Antwort zusammensuchte.
    „Nun, vor Jahren — ich kam von der
Schule — hat er mich in seine Zentrale geholt — zum Anlernen. Wahrscheinlich
ließ ich Eifer vermissen. Jedenfalls setzte er mir den Stuhl vor die Tür.“
    „Er sagte vorhin, du seist sein Erbe.“
    „Wenn er mal den Löffel wegschmeißt,
kriege ich alles.“
    „Das ist mir peinlich.“
    „Was?“
    „Weil du dann unermeßlich reich bist.“
    „Na und?“
    „Er könnte denken, daß ich deswegen
hinter dir her bin.“
    „Denkt er nicht. Hast ja geschnallt,
wie er dich anhimmelt.“
    „Du weißt doch, daß ich mir aus Geld
nichts mache.“
    „Ich auch nicht.“
    Diese Lüge riß ihm fast die Zunge ab.
    „Aber wenn wir später mal unermeßlich
reich sind, Gunter, können wir mit dem Geld viel Gutes tun. Es gibt überall
Elend auf der Welt. Man kann helfen.“
    „Hm, ja“, knurrte er. „Geld werde ich
jedenfalls in Manos Unternehmen stecken, damit die Studio-Kette ausgebaut wird.
Das heißt, vielleicht! So was will reiflich überlegt sein.“
    Er sagte das nur, um den Anschein zu
erwecken, er hätte Pläne für die Zukunft. Aber er hatte keine.
    Bin ich denn blöd, dachte er. Wenn ich
erstmal im Geld schwimme, genieße ich das. Keinen Finger werde ich krümmen,

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