Die Mafia kommt zur Geisterstunde
wißt ihr überhaupt, wie sich ein echter Bodybuilder ernährt, der seinen
Körper baut wie ein Bildhauer sein Kunstwerk aus Stein? Wißt ihr nicht.
Interessant ist es trotzdem, denn um jeden Muskel erstens gewaltig aufzublähen
und zweitens fein säuberlich rauszuarbeiten, bedarf es tatsächlich einer
ungewöhnlichen Kost. Die Muskeln soll es fördern, aber gleichzeitig das
Körperfett abbauen auf etwa drei Prozent. Das grenzt fast an Wahnsinn, weil
dabei der Stoffwechsel zusammenbrechen kann. Dann würde der Muskelmann
umfallen. Hochleistungssportler, die gertenschlank sind, haben immer noch 16
Prozent Fett im Körper. Aber da tritt nicht jeder Muskel wie gemeißelt hervor.“
„Endlich mal wieder ein Vortrag“,
lachte Gaby. „Wir haben schon lange nichts Kluges gehört von dir, Karl.“
„Wieso?“ Karl runzelte die Stirn. „Ich
habe doch erst vorgestern einen wissenschaftlichen Vortrag gehalten. Um aber
aufs Muskel-Menü zurückzukommen: In der Aufbauphase ißt der Bodybuilder fettärmer
als andere. Nur ein Viertel der Kalorien, die er zu sich nimmt, sind Fette. Der
Durchschnittsbürger bringt es auf 40 Prozent — Willi auf 99, hahah. War nur
Spaß, Willi, Kohlenhydrate wie Zucker, Brot und Kartoffeln stehen beim
Bodybuilder nur selten auf der Speisekarte. Aber was er an Eiweiß in sich
reinhaut, würde für drei reichen. Ein zwei-Zentner-schwerer Builder bringt es
da glatt auf drei Pfund Hühnerbrust — täglich — oder ein Kilo Parmesan-Käse. Es
dürfen auch drei Pfund Erdnüsse sein - bis ihm übel wird. Tierische Nährstoffe
in diesen Mengen belasten den Verdauungsapparat enorm. Aber die Muskeln werden
immer schöner, das heißt: größer und deutlicher. Die Deutlichkeit nennt der
Bodybuilder Definition. Ist sein Lieblingswort. Unsereins definiert ( erklärt )
Begriffe. Er definiert Muskeln — fürs Auge. Ernährt er sich muskelgemäß, hat
das unter Umständen gesundheitsschädliche Folgen wie Schlafstörungen, erhöhte
Erregbarkeit — weil die Nerven kein Futter kriegen — und abnehmende
Konzentrationsfähigkeit.“
„Also“, erklärte Klößchen, „so beknackt
werde ich mich nie ernähren. Ich bevorzuge eine gesunde Mischkost — von allem
etwas. Und Schokolade darf ‘s viel sein. Sie hilft bei Durchfall, Kakaomangel
in der Milz und O-Beinen.“
„Was du nicht sagst.“ Gaby lachte.
Tarzan faßte zusammen, was man sich aus
Karls Vortrag aneignen konnte. „Bodybuilding im Sinne der Bodybuilder betreiben
wir also nicht. Wäre echter Wahnsinn, sich mit Eiweißmast zum Definitions-Freak
zu futtern — nur wegen des Muskelreliefs (Relief = aus der Oberfläche
herausgearbeitete Form). Was wir machen, ist Gewichttraining, um stärker zu
werden. Alles andere ist eitler Schnickschnack, geradezu unsportlich und kann
uns gestohlen bleiben. Richtig?“
Alle nickten.
Gaby sagte: „Ich fasse sowieso keine Hantel
an, die schwerer als drei Pfund ist. Mädchen mit Muskeln — das ist fast so wie
Kakaomangel in der Milz, wie? Oder Sauerstoffmangel im Gehirn.“
„Starke Feststellung“, grinste Tarzan.
Gabys Blick driftete ab — durchs
Fenster zur Straße.
Soeben verließ ein stabiler Hase das
Kraft-Center, eine etwa 16jährige mit Löckchenkopf und Sommersprossen. Ihre
Figur machte den Eindruck, als hätte sie bei Mano Hanteln verbogen und
Kraftmaschinen aus den Angeln gerissen.
„Das ist Jutta Washlawik“, rief Gaby. „Unsere
beste Brustschwimmerin. Die löchere ich mal, wie ‘s da drin aussieht.“
Ohne Rücksicht darauf, daß ihr
restlicher Kakao kalt wurde, fetzte Gaby hinaus.
Die Jungs beobachteten, wie die beiden
miteinander redeten, bevor Jutta dann lachend auf ihr Herrenrad stieg und citywärts
strampelte. Die Jungs kannten das stabile Mädchen nicht, und es regte sich auch
kein übermäßig starkes Nachholbedürfnis.
Gaby kam zurück.
„Jutta ist echt ein Schatz“, strahlte
sie.
„Fast eine Schatztruhe“, griente
Klößchen.
„Du hast es nötig“, pfiff sie ihn an. „Daß
sie breit gebaut ist, dafür kann sie nichts. Aber ihr Gemüt ist goldig.“
„Also doch ein Schatz“, nickte Tarzan. „Sie
bändigt sicherlich auch die schwereren Hanteln. Was war denn nun?“
Gaby nippte erst an ihrem Kakao. „Im
Kraft-Center herrscht gewaltiger Andrang. Manowsky und Pölke sind beschäftigt
wie Schwerarbeiter. Sie können keine Pause machen, weil sie dauernd gebraucht
werden. Aber um 16.30 Uhr schließt der Laden.“
Tarzan zog seinen Geldbeutel aus der
Tasche, was das
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